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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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fühlt sich an, wie wenn jemand auf der anderen Seite einer Wüstenpfanne steht. Wenn der Wind richtig weht, kann ich die Stimme ganz nahe hören, obwohl die Person nicht einmal in Sichtweite ist.« Er legte auf eigentümlich menschliche Weise seine Stirn in Falten, und zum erstenmal seit Stunden erschien es ihr wieder völlig absurd, daß ihr bester Freund ein Pavian war. »Renie, ich glaube, es ist Martine.«
    »Was? Du machst Witze!«
    »Ich kann sie hören – oder fühlen. Es ist schwer zu sagen. Aber sie ist direkt auf der anderen Seite von … irgend etwas, und sie sucht einen Weg nach draußen.« Sein Kopf schnellte zurück, als ob ein lautes Geräusch ihn erschreckt hätte. »Sie ist ganz nahe!«
    Renie kroch zu ihm hin, aber hielt einige Zentimeter vor ihm an. Sie wollte ihn nicht berühren, um nur ja nicht diese unfaßbare Verbindung zu unterbrechen. »Sind die andern bei ihr? Kannst du sie finden? Können sie uns finden?«
    »Ich weiß nicht. Ich werde versuchen, das Gateway zu öffnen. Hoffentlich kann ich mich darauf besinnen, was ich das vorige Mal gemacht habe.« Sein stirnrunzelndes Gesicht nahm einen Ausdruck angestrengter Konzentration an. »Es ist so schwer diesmal – ich mache etwas falsch.«
    Doch noch während er diese besorgten Worte sprach, pellte eine unsichtbare Hand wenige Meter vor ihnen unvermittelt ein Stück Luft weg und ließ ein goldenes Licht hindurchscheinen. Sekundenschnell war aus dem Ritz ein schimmernder waagerechter Streifen geworden, etwa so breit wie die ausgestreckten Arme eines Menschen. An den Enden krochen zwei feurige Linien nach unten. Gleich darauf spannte sich dazwischen eine golden leuchtende Membran auf, ein Licht, das man nur als strahlend bezeichnen konnte, das aber dennoch strikt innerhalb seiner Grenzen blieb.
    Emily glotzte mit offenem Mund. Auch Renie war völlig gebannt. Es war erst das zweite Mal, daß sie das miterlebte, und der Effekt war ebenso eindrucksvoll wie vorher im Wald. Nur !Xabbu war nicht von der überirdischen Erscheinung gefesselt: Seine Augen waren fest zusammengepreßt, und seine Lippen bewegten sich in einer lautlosen Beschwörung.
    Das Strahlen verringerte sich ein wenig. Der Flammenvorhang bekam einen leichten Stich ins Bernsteinfarbene, und Renie fühlte schon die schreckliche Gewißheit aufsteigen, daß das Experiment gescheitert war, daß, wenn Martine tatsächlich irgendwo am anderen Ende gewesen war, sie den Anschluß zu ihr nicht bekommen hatten.
    Da brach in der leuchtenden Fläche plötzlich ein Höllenlärm aus, ein derart gewaltiges Getöse, daß Renie ihren eigenen Überraschungsschrei nicht hörte. Mehrere Gestalten fielen wild durcheinander aus dem Gateway heraus und warfen sie und !Xabbu zu Boden. Der Lärm verklang, und zugleich sah Renie, wie das goldene Rechteck noch einmal aufflackerte und dann erlosch. Sonst konnte sie kaum etwas sehen, weil etwas Schweres und Spitzes und Scharfes auf ihr lag und ihr das Gesicht auf den unfertigen Grund drückte.
    »Martine?« rief sie, während sie versuchte, sich unter der schmerzhaft stachelnden Masse hervorzuwinden. »Bist du das?«
    T4b, der Goggleboyroboter in seinem Kampfpanzer, wälzte sich mit einem erstaunten Ausruf zur Seite. Er landete auf dem Hintern und blieb einen Moment sitzen und starrte sie an, als wäre ihr Anblick die reine Unmöglichkeit.
    Eine der anderen Gestalten löste sich aus dem Knäuel der Leiber. »Renie! Mein Gott, du bist es!« Der Sim war immer noch eine unscheinbare temilúnische Frau, aber der Akzent in der Stimme war unverkennbar.
    »Martine!« Sie rappelte sich auf, ohne weiter auf die Prellungen zu achten, die sie als Polster für T4bs Landung bekommen hatte, und schloß die andere Frau so ungestüm in die Arme, daß Martine Desroubins Füße vom Boden abhoben. »Gütiger Himmel, wie ist das möglich? Wir dachten, wir hätten euch ein für allemal verloren. Ist Orlando auch bei euch?«
    Florimels Stimme schnitt durch den Tumult wie eine Kreissäge. »William ist mit durchgekommen, Martine.« Renie faßte das als freudige Mitteilung auf. »Aber er muß sich irgendwo den Kopf angestoßen haben. Er ist bewußtlos.«
    »Gott sei Dank«, murmelte Martine und verblüffte dann Renie mit der Frage: »Haben wir etwas, womit wir ihn fesseln können?«
    »Ihn fesseln?« sagte Renie. »Du willst ihn fesseln? Redest du von demselben William…?«
    »Ja. Er ist… ich weiß nicht, was er ist«, erwiderte Martine. »Aber er ist nicht der, für den wir ihn

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