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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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indem sie von den Schätzen des Hauses und seiner Nutzflächen mit derselben unschuldigen Schmarotzermentalität zehren, mit der die europäischen Kolonisten die unerschöpflich scheinenden natürlichen Ressourcen ihres neuen Kontinents ausbeuteten.
    In den wenigen Stunden unserer Unterhaltung hat Zekiel – der sich besser auskennt, weil er ein weniger abgeschirmtes Dasein geführt hat – beiläufig mindestens ein Dutzend verschiedene Gruppen erwähnt, die das Haus bevölkern. Manche nennt er ›Stämme‹, wohl wenn sie sich eher durch ihren Wohnort als durch ihre Tätigkeit auszeichnen. Seine Messerschmiedegemeinschaft bezeichnet Zekiel als ›Zunft‹, aber andere belegt er mit Namen wie ›Abendfensterstamm‹ oder ›Flußbeckenstamm‹. Der Fluß scheint in der Tat durch diese gesamte Simulation zu laufen oder wenigstens durch dieses gewaltige Gebäude, das offensichtlich das einzige ist, was Zekiel von der Welt kennt. Er stellt so etwas wie ein einigendes Band der diversen Kulturen dar, obwohl er offenbar von ganz oben im Haus nach ganz unten fließt und sich daher nur für Fahrten flußabwärts eignet. Die meisten langen Flußfahrten enden wohl in einem noch längeren Fußmarsch zurück.
    Im Fluß leben Fische, und es gibt Fischer, deren Beruf es ist, sie zu fangen. Sonstige Fleischlieferanten sind Kühe, Schweine und Schafe, die, wenn ich recht verstanden habe, in Dachgärten gehalten werden, was darauf hindeutet, daß Zekiel und Sidri nicht die einzigen Leute in diesem Haus sind, die noch nie vor die Tür gekommen sind. Hat es hier irgendwann einmal eine Seuche gegeben? frage ich mich. Sind diese Leute die Nachfahren von Überlebenden, die sich einst in diesem großen Haus verbarrikadierten wie in Poes ›Maske des roten Todes‹ und es dann nie mehr verließen? Es ist ein seltsamer, gruseliger Ort, soviel steht fest. Der Gedanke, die Person, die sich als Quan Li ausgab, durch so ein Labyrinth zu verfolgen, ist mir nicht geheuer. Ich kann nicht einmal vermuten, wie es im Innern meiner Begleiter aussieht, die mit der Dunkelheit nicht so vertraut sind wie ich, wenn sie Meile um Meile durch düstere Flure wandern müssen.
    Das Diskussionsgrüppchen zerstreut sich. Ich glaube, alle wollen sich schlafen legen, obwohl wir nur ungefähr ahnen können, wie spät es wirklich ist, das heißt nach der Zeitrechnung des Netzwerks. Besonders für T4b und Emily war es ein anstrengender Tag. Wir werden unsere Erkundungen morgen fortsetzen.
    Aber mir läßt die Frage keine Ruhe, wer dieses bizarre Environment geschaffen hat und zu welchem Zweck. Ist es der reine Zeitvertreib, eine grotesk übersteigerte viktorianische Prunkvilla im virtuellen Raum, oder wollte einer aus der Bruderschaft sich einen Wohnsitz für die Ewigkeit von gebührender Großartigkeit anlegen? Wenn das zweite der Fall ist, dann muß der Schöpfer des Hauses jemand sein, mit dem ich mehr als nur ein paar Gemeinsamkeiten habe, denn sich in diesem riesenhaften verfallenen Labyrinth lebendig einzumauern und sich wie ich in einem unterirdischen Bau zu begraben – unbestreitbar eine Höhle, allem Komfort zum Trotz –, ist nur ein gradueller Unterschied, und ein finanzieller. Ansonsten würde ich vermuten, daß der Erbauer der Simulation und ich uns sehr ähnlich sind.
    Ich finde diesen Gedanken verstörend.
    Code Delphi. Hier aufhören.«
     
     
    > »Aber du meinst, du hättest von so einer Person gehört?« fragte Renie. »Die erst kürzlich hier eingetroffen ist?«
    Zekiel strich sich die blonden Haare aus den Augen. »Ich meine, etwas gehört zu haben, gnädige Frau, aber ich kann es nicht sicher sagen. Eine Fremde, eine Frau, die angab, von einem der Dachspeicherstämme zu kommen. Irgend so etwas ist mir flüchtig zu Ohren gekommen, doch wir waren gerade mit den Vorbereitungen für die Große Messerparade beschäftigt, und so habe ich nicht darauf geachtet. Es kommen häufig Leute von weit her, vor allem zum Bibliotheksmarkt.«
    »Doch, einige der Schwestern erwähnten eine Fremde«, fügte Sidri leise hinzu. Auch nachdem sie den Abend und die Nacht mit ihnen zusammen gewesen war, hatte sie noch niemandem voll ins Gesicht geschaut. »Sie meinten, sie müsse Unglück bringen, weil eine junge Obergeschoßküchenmamsell in der Nacht ihrer Ankunft weglief und seitdem nicht mehr gesehen ward.«
    Die Zeit war gekommen, Abschied zu nehmen – Zekiel und Sidri wollten ihre Flucht ins Unbekannte fortsetzen, Renie und die anderen wollten sich dorthin

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