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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schwang etwas Langes und Scharfes, und Renie konnte sich gerade noch für ihre dämliche Treuherzigkeit verfluchen, bevor der im Fackelschein blinzelnde Fremde stehenblieb und ihnen drohend das große Messer entgegenstreckte.
    »Ich habe kaum etwas außer den Sachen, die ich am Leibe trage«, erklärte der junge Mann atemlos. »Wenn ihr sie euch holen wollt, werdet ihr sie nicht billig bekommen.« Der Sprecher war sehr dünn, und es war schwer zu sagen, was heller war, seine strohblonde Mähne oder seine milchweiße Haut; wenn seine Augen nicht dunkel gewesen wären, hätte Renie ihn für einen Albino gehalten. Er schwenkte das Messer abermals, ein unangenehm aussehendes Gerät, das so lang wie sein Unterarm war. »Dies ist Flechsenfetz, dessen Ruhm euch zweifellos zu Ohren gekommen ist, und ich werde nicht zögern, es zu gebrauchen!«
    »Flechsenfetz?« Renie hätte vor Verblüffung beinahe gelacht.
    »Wir wollen dir nichts Böses tun«, sagte !Xabbu .
    Die Augen des jungen Mannes weiteten sich kurz beim Anblick des sprechenden Affen, aber er senkte das Messer nicht – das bei genauerem Hinsehen, fand Renie, trotz seiner respektablen Größe eher zum Gemüseschneiden zu taugen schien. »Das stimmt«, bestätigte sie. »Du kannst dein Messer wegstecken.«
    Er musterte sie scharf und nahm dann ihre Gefährten in Augenschein. »Wo sind eure Waffen?« fragte er leicht verwundert, aber immer noch mißtrauisch.
    »Waffen? Kannste haben!« Obwohl er sich weiterhin wie ein Hochseilartist in einer steifen Brise bewegte, drohte T4b mit einer großen Stachelfaust. »Op das an, Messerbubi!«
    »Laß das!« fuhr Florimel ihn an. »Wir haben keine Waffen, und wir wollen nichts von dir«, erklärte sie dem Fremden. »Wir haben uns bloß verlaufen.«
    Der argwöhnische Blick des bleichen jungen Mannes war nicht gänzlich verflogen, aber er schien über ihre Worte nachzudenken. Das Messer sank ein wenig; es sah Renie ziemlich schwer aus. »Seid ihr aus dem Abendfensterflügel?« fragte er. »Ich kenne eure Tracht nicht.«
    »Ja, wir kommen von weit her.« Renie versuchte zustimmend zu klingen, ohne sich auf irgend etwas festzulegen. »Wir wissen nicht genau, wo wir sind, und wir … wir haben dich dort im Schrank gehört. Wir wären dir dankbar, wenn du uns helfen würdest, und würden unsererseits für dich tun, was wir können.«
    Mit einigermaßen beruhigtem Atem blickte der Jüngling sie einen Moment lang durchdringend an, dann schob er behutsam sein Messer in die Schärpe um seine Taille. Seine Tracht mit ihren Grau- und Brauntönen entsprach ungefähr Renies Vorstellung vom Sonntagsstaat eines Bauern aus dem siebzehnten Jahrhundert, ein blusenartiges Hemd mit weiten Ärmeln, Kniebundhosen und weiche Stiefel-Mokassins – hießen die nicht so? »Schwört ihr, daß ihr keine bösen Absichten hegt?« fragte er. »Schwört ihr bei den Baumeistern?«
    Sie hatte keine Ahnung, wer die Baumeister waren, aber sie wußte, daß sie und ihre Begleiter nichts gegen diesen jungen Hänfling hatten. »Wir schwören.«
    Er atmete ein letztes Mal tief aus und schien dabei noch weniger zu werden, sofern das möglich war. Er war klapperdürr; Renie fand seine Entschlossenheit, einem halben Dutzend Fremder die Stirn zu bieten, höchst imposant. Sie staunte noch mehr, als er sich zu dem Schrank mit der hängenden Tür umdrehte. Er beugte sich in das dunkle Innere und rief: »Komm heraus, Sidri«, woraufhin er Renie und die anderen noch einmal streng ins Auge faßte. »Ihr habt euer Wort gegeben.«
    Das Mädchen, das hervorkam, war so dünn und blaß wie ihr Beschützer und trug ein langes graues Kleid und darüber einen blumenbestickten Chorrock. Renie dachte sich, dies müsse die Schwester des Jünglings sein, doch dieser verkündete: »Das ist meine Verlobte Sidri, eine Novizin der Wäscheschrankschwestern. Ich bin Zekiel, ein Messerschmiedlehrling – oder vielmehr, ich war ein Lehrling.« Ein stiller Stolz schwang in seiner Stimme, und jetzt, wo seine Geliebte erschienen war, wandte er nicht die Augen von ihr, obgleich sie ihren Blick hinter schneebleichen Wimpern züchtig gesenkt hielt. »Wir sind Flüchtlinge, müßt ihr wissen, weil unsere Meister unsere Liebe verbieten wollten.«
    T4b stöhnte. »Nicht schon wieder so ’n seyi-lo Märchenzeugs! Ich will hier runter, äi.«
     
     
    > »Code Delphi. Hier anfangen.
    Wie üblich, scheint es, geraten wir in einer neuen Simulation regelmäßig in Verwicklungen mit Menschen und Situationen, die

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