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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Stimmen: Saiteninstrumente, die kratzige Tanzweisen spielten, und rufende oder lachende Menschen.
    Als sie gut tausend Meter hinter der ersten Laterne durch einen Wohnbereich kamen, der in jeder Hinsicht wie ein Hafenstädtchen aussah, wenn auch in einer größeren Form eingeschlossen wie ein Schiff in einer Flasche, erblickte Renie etwas, das sie seit Tagen nicht mehr gesehen hatte.
    »Tageslicht!« Sie deutete auf Fenster hoch über ihnen. Der schräg einfallende Sonnenschein ergoß sich über die ärmlichen Behausungen, die weiter oben im nachhinein an die Flure angebaut worden waren und die an beiden Seiten so weit über den Fluß hinausragten, daß es beinahe den Anschein hatte, die Bewohner müßten nur die Arme ausstrecken, um sich eine Tasse Zucker hinüberzureichen. Die wucherpilzartigen Dächer der Hütten hatten die großen Fenster und die Wände, in die diese eingelassen waren, fast völlig verdeckt. »Ich geh mal gucken.«
    Nur !Xabbu beschloß, sie zu begleiten, die anderen wollten lieber ausruhen und machten es sich an einem menschenleeren Kai auf Fässern bequem. Renie und der Buschmann stiegen eine lange abenteuerliche Treppe hinauf, die im Zickzack von einem Absatz zum anderen gut zwanzig Meter emporführte und etwa zwei Dutzend Hütten miteinander verband. Hier und da war offensichtlich jemand zuhause, und hinter einer offenen Tür, an der sie vorbeikamen, sah eine Frau mit schwarzer Haube und schwarzem Kleid sogar von ihrer Näharbeit auf und begegnete Renies Blick. Sie schien sich über Fremde auf der Treppe nicht zu wundern, obwohl einer der Fremden ein Affe war.
    Auch auf dem letzten Treppenabsatz waren sie immer noch weit unter dem tiefsten Fenster, und Renie wollte sich schon mit den kleinen Ausschnitten tagheller Außenwelt begnügen – sie konnte Wolken vorbeiziehen sehen, und der Himmel war von einem beruhigend normalen Blau –, als !Xabbu ausrief: »Da drüben!« Er hatte an der Rückseite der obersten Behausung eine angelehnte Leiter entdeckt, die aufs Dach hinaufführte – eine Möglichkeit, der dichtgedrängten Barackensiedlung zu entfliehen. Als sie hinter ihm herkam, bogen sich die Sprossen unter ihrem Gewicht beängstigend durch, aber sie war jetzt begierig, die Welt zu sehen … wenigstens die Welt, die ihnen diesmal vorgegaukelt werden sollte.
    Als !Xabbu oben war und sich zum Fenster wandte, runzelte er verdutzt die Stirn. Renie nahm die letzten paar Sprossen und stellte sich neben ihn. Sie konnte es kaum erwarten, den Rest des Hauses und das umliegende Land zu sehen, wenigstens den Teil, auf den man von dort freie Sicht hatte.
    Die erste beunruhigende Feststellung war, daß sie keineswegs über das Haus hinausschauten, sondern sich in einem relativ niedrigen Teil und auch in dem nicht ganz oben befanden. Der Himmel war real, aber lugte nur zwischen zwei anderen Gebäudeflügeln hindurch, die beide viel höher waren als ihr Aussichtspunkt, sogar höher als die Galerie, von der sie nach dem Abschied von Zekiel und Sidri hinuntergestiegen waren. Das zweite, was sie verstörte, war, daß man keinen richtigen Boden sah, nur kleine Ausschnitte sonnenbeschienener Dachgärten, auf engem Raum zwischen Kuppeln und Türme gequetscht und in einem Fall sogar in der Ruine einer alten, eingestürzten Rotunde angelegt. Das Haus setzte sich draußen vor dem Fenster so weit fort, wie sie schauen konnte, Hallen und Türme und andere Bauformen, für die sie keine Namen hatte, waren zu einem unfaßbaren labyrinthischen Ganzen zusammengewürfelt, einer sich unabsehbar in die Ferne erstreckenden Landschaft von Dächern und Schornsteinen, einem chaotischen Meer grauer und brauner Umrisse, die zuletzt in dem dunkler werdenden goldenen Licht verschwammen.
    »Liebe Güte«, murmelte Renie. Ihr wollte nichts anderes einfallen, und so sagte sie es noch einmal.
     
    Sie hatte Skrupel, ihre Entdeckung den anderen mitzuteilen, obwohl die Vernunft ihr sagte, daß es weder für ihre Verfolgung noch für ihre Chancen, aus der Simulation wieder herauszukommen, groß ins Gewicht fiel, ob das Haus ein Ende hatte oder nicht. Erst als Florimel eine Reihe immer gereizter werdender Fragen stellte, berichtete sie ihnen wahrheitsgemäß, was sie gesehen hatte.
    »… Und es sah aus, als könnten wir monatelang gehen, ohne nach draußen zu kommen«, schloß sie. »Wie eine Stadt, nur alles ein Gebäude.«
    Florimel zuckte mit den Achseln. »Es ist eigentlich egal.«
    T4b, der nach längerer Zeit auf ebener Erde seine

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