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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Transparente vor den Geschäften flatterten, die Schaufenster voll von manieriert-animierten Auslagen waren und auf den Bürgersteigen jede Menge interessant aussehender Leute flanierten, erinnerte sich Dulcy Anwin wieder daran, wie sie sich gefühlt hatte, als sie seinerzeit nach New York gezogen war.
    Für ihre Mutter, die keine Ahnung hatte, daß ihre Tochter die kriminelle Unschuld bereits als studentische Häckse im Stevens Institute verloren hatte (ein fließender Übergang vom Stehlen der Prüfungsunterlagen zu einem Kreditkartendreh, mit dem sie sich für ihre Kommilitoninnen völlig unerschwingliche Klamotten leisten konnte), war es absolut unverständlich, warum Dulcy die relative Sicherheit von Edison, New Jersey, für eine gefährliche, schmutzige Stadt wie Manhattan aufgeben wollte. Ruby Anwin hatte sich liebevoll eine Existenz in der Vorstadt zurechtgebastelt, die sie für aufregend hielt – Freunde, die Musiker und Künstler und Philosophieprofessoren waren, Liebhaber, die Ehemänner wurden oder mitunter schlicht Liebhaber blieben, darunter auch, pour épater le bourgeois, ein oder zwei Liebhaber innen –, und konnte sich nicht vorstellen, was ihr einziges Kind denn noch mehr haben wollte. Der Gedanke, daß eine freizügige Erziehung zur Rebellion führen konnte, war Ruby natürlich auch gekommen, und sie hatte Angst gehabt, eine Tochter großzuziehen, die einmal eine religiöse Fanatikerin werden würde oder eine geldgeile Republikanerin, die nur hinter materiellen Dingen her war. Tatsächlich war sie im stillen überzeugt, daß Dulcy sich in diese zweite Richtung verirrt hatte, da sie von der derzeitigen beruflichen Tätigkeit ihrer Tochter nicht mehr wußte, als daß sie mit Informatik zu tun hatte und viel reiste. Aber daß ein Kind aus einem Hause, in dem die eigenen High-School-Lehrer auf Mamas Partys in der Toilette Drogen schmissen, womöglich noch weiter gehen mußte, um eine Individualität zu entwickeln, war ihr nie in den Sinn gekommen.
    In einer früheren Generation wäre Dulcy vielleicht eine politische Extremistin geworden, eine Bombenlegerin mit der Bereitschaft, ihr eigenes Leben – und das unbeteiligter Passanten – in einem Anschlag gegen »Das System« zu opfern. Doch als Dulcy langsam herausfand, wer die heimlichen Herren der Welt wirklich waren, hatte sie nicht gegen sie rebelliert, sondern sich in ihre Dienste gestellt.
    Wenn darum ihre Mutter mit der aggressiven Fröhlichkeit, die ihr Markenzeichen war, zu ihr sagte: »Dulcy, Liebes, ich weiß, du hast viel zu tun, aber magst du mich nicht trotzdem eine Woche besuchen kommen? Du kannst bei mir genausogut arbeiten. Ich hab auch ein System, stell dir vor, ich lebe nicht in der Steinzeit«, dann konnte Dulcy ihr nicht die Wahrheit sagen. Sie versuchte es mit allem möglichen zu begründen: mit der ungenügenden Bandbreite, mit geschäftlichen Anrufen aus anderen Weltgegenden zu unmöglichen Zeiten, mit den ganzen Programmen, die sie zur Hand haben müsse, sogar mit dem dringend gebotenen Schutz – ihr System sei beinahe etwas Lebendiges, wimmele nur so von sich weiterentwickelnden Virenkillern, winzigem KL-Gear, das sich anpaßte und lernte und sich veränderte. Doch wenn sie gewollt hätte, hätte sie in Wirklichkeit ohne weiteres eine hinreichend schnelle Verbindung herstellen können, um vom Haus ihrer Mutter aus ihr eigenes System anzuzapfen. Daß sie auch nach acht Jahren nie länger als wenige Stunden am Stück nach Hause kam, obwohl sie nur eine relativ kurze Strecke fahren mußte, hatte schlicht den Grund, daß sie nicht wollte. Bei ihrer Mutter fühlte sie sich wie ein kleines Mädchen, und Dulcy hatte sich schon viel zu lange an das Ansehen gewöhnt, das sie bei internationalen Verbrechern genoß, um dieses Gefühl besonders zu mögen.
     
    Das Stück im Galerieschaufenster war ihr ins Auge gefallen, und sie stand gerade blinzelnd in der prallen Sonne und fragte sich, ob sie Sonnenblocker auftragen sollte, als ihr Pad piepste.
    Der Künstler hatte mehrere kleine Bauarbeiterfiguren genommen, wie man sie in jedem Andenkenladen und an den meisten Straßenecken kaufen konnte, und sie in eine komplizierte Konstruktion aus Glasröhren gesetzt. Aber der besondere Kick daran war, daß er ihnen Baumaterialien gegeben hatte, die sich ihrer Sperrigkeit wegen in dem engen Gehäuse nicht handhaben ließen, womit er die Bemühungen der monomanischen Automaten gründlich vereitelte.
    Soll das ein Kommentar über das moderne

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