Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
zerbrochenen Fenstern überließen sie der Nacht und dem Wind.
Kapitel
Träume in einem toten Land
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Bleibt mir gestohlen …
(Bild: Inserentin M.J. [weibliche Version])
M.J.: »Nein, keine Entschuldigungen, ich will sie nicht hören – ich HASSE Schwächlinge! Bleibt mir gestohlen, ich will gar nicht wissen, warum ihr nicht angerufen habt. Wenn ihr nicht Mann genug seid … oder Frau genug … dann spart euch euern Atem und kriecht ab! Oooh, bin ich wütend! Wenn ihr jetzt anruft, werde ich Sachen mit euch machen – schreckliche, grausige, qualvolle, demütigende Sachen …«
> Paul fühlte sich klein wie eine in die Ecke getriebene Maus, die gerade noch ein letztes Quieken ausstößt. Als die mächtige Hand des Zyklopen nach ihm griff, stolperte er zurück, und das Grauen saugte ihm alle Kraft aus den Beinen.
Nichts um dich herum ist wahr, hatte die goldene Harfe ihm gesagt, und dennoch kann das, was du siehst, dich verletzen oder töten …
Mich töten, dachte er benommen, während er am Höhlenboden verzweifelt nach etwas tastete, das er als Waffe verwenden konnte. Das Brüllen des Riesen war so ohrenbetäubend laut, daß es ihm jeden Gedanken aus dem Kopf blies. Er wird mich töten – aber ich will nicht sterben …!
Er bekam die Schafschere zu fassen, doch für eine brauchbare Waffe war sie viel zu kurz und zu schwer. Er hob sie hoch und schleuderte sie mit aller Kraft, aber Polyphem wischte sie einfach beiseite. Irgendwo hinter dem Zyklopen lag Azador, dem ein Schlag wahrscheinlich den Schädel zerschmettert hatte. Die große Felsplatte, die die Höhle verschloß, war nicht ganz herangeschoben, aber Paul wußte, daß der Unhold ihn packen würde, bevor er sich durch die schmale Lücke zwängen konnte.
Er grapschte nach etwas, das sich wie ein Stein anfühlte, aber es war zu leicht; erst als es wirkungslos an der breiten Brust des Zyklopen abprallte, erkannte er, daß es ein menschlicher Schädel war.
Meiner …! Der Gedanke zischte vorbei wie ein Funke. Der nächste Narr, der das versucht, wird meinen nehmen …
Die niederdonnernde Riesenhand verfehlte ihn knapp. Paul taumelte zurück. Als der Zyklop sich vorbeugte, Hals und Hand mit Blut von Azadors fehlgeschlagenem Angriff beschmiert und das grollende, zahnlückige Maul nach faulem Fleisch stinkend, löste sich der Unterschied zwischen real und virtuell vollends in nichts auf.
Paul wuchtete einen Pecheimer hoch und warf ihn nach dem Gesicht des Zyklopen, in der Hoffnung, ihn zu blenden. Der Eimer erreichte sein Ziel nicht und krachte dem Riesen statt dessen ans Brustbein, was zwar seine gewaltige Brust mit zäher schwarzer Brühe überzog, aber ihn sonst nicht weiter störte. Paul sprang zur Seite und schlüpfte hinter ihr Floß, das nahe dem Feuer an der Wand lehnte. Polyphem schleuderte es zur Seite, als ob es aus Papier wäre, und laut krachend schlug es am anderen Ende der Höhle auf. Die Bestie schürzte voll grimmiger Vorfreude die Lippen, als Paul abermals floh und rückwärts in eine Ecke zurückwich, mit nur einem Ast aus dem Brennholzstapel als Waffe. Die gewaltigen Pranken kamen von beiden Seiten auf ihn zu, und Paul drosch unsinnig auf die schmutzigen, breiten Finger ein.
Plötzlich schoß der Zyklop hoch, hieb nach etwas hinter ihm und ließ dabei einen Schrei los, von dem Paul die Trommelfelle zu platzen drohten. Azador stolperte vom Bein des Schreienden zurück, in dessen dickem Wadenmuskel jetzt die Schere zitterte, die Paul vorher geworfen hatte. Der Riese tat einen Schritt auf seinen neuen Angreifer zu, dann schaute er sich mit seinem großen, blutunterlaufenen Auge nach Paul um, der immer noch in der Ecke kauerte. Polyphem stampfte zur Höhlenwand und griff sich seinen Hirtenstab, einen gut sechs Meter langen, bronzebeschlagenen schlanken Baumstamm, fuhr dann mit überraschender Schnelligkeit herum und holte damit nach Azador aus, der sich gerade noch auf den Bauch fallen lassen konnte, so daß der Stamm ganz knapp über seinen Kopf hinwegzischte. Polyphem reckte den Stab in die Höhe, um ihn wie einen Fisch zu durchbohren.
In seiner Verzweiflung warf Paul das Stück Brennholz, das er in der Hand hielt, nach dem Zyklopen, doch es prallte harmlos von dessen Rücken ab. Er sprang vor und stemmte den hölzernen Eßnapf des Riesen in die Höhe, sah dann aber ein, daß er damit nicht mehr würde ausrichten können als mit dem Ast. Der Zyklop stieß immer wieder nach Azador, und dieser konnte zwar
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