Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
infizieren.«
    »Was redest du da?« Renie setzte an, ihn am Arm zu fassen, aber !Xabbus warnendes Drücken hielt sie davon ab. »Was ist ein … ein Geschichtgenehm?«
    »Geschichten-Mem. M-EM.« Er öffnete die Augen. Sein Ausdruck war hart und ironisch geworden. »Wollt ihr nach Troja?«
    »Was?« Renie blickte sich in der kleinen Runde um. T4b hielt Emily im Arm, die immer noch nur halb bei Bewußtsein war. Factum Quintus stand auf der anderen Seite des zugigen Raumes und inspizierte den Rahmen eines der zerbrochenen Fenster, anscheinend ohne von ihrem Gespräch etwas mitzubekommen. Nur Florimel und !Xabbu hörten aufmerksam zu.
    »Du hast gehört, was ich gesagt habe – oder was die Madonna der Fenster gesagt hat. Man lädt euch ein oder befiehlt euch oder fleht euch an, dort hinzukommen. Wollt ihr? Ich kann ein Gateway für euch öffnen.«
    Renie schüttelte langsam den Kopf. »Wir können nicht – noch nicht. Unsere Freundin ist entführt worden. Wirst du uns helfen, sie zu befreien?«
    »Nein.« Kunohara wirkte jetzt distanziert, eisig, aber das halbe Lächeln blieb. »Ich bin auch so schon zu lange hier, habe mich eingemischt, gegen meine erklärten Vorsätze. Ihr habt euren Part in dieser Geschichte, aber ich nicht. Nichts davon betrifft mich.«
    »Aber wieso kannst du uns nicht einfach helfen?« sagte Renie. »Du tust nichts weiter, als uns diese verwirrenden Rätsel vorzusetzen, als wäre das alles bloß … eine Geschichte.«
    »Hör zu«, entgegnete Kunohara, ohne ihre nahezu flehende Miene zu beachten. »Ich habe schon mehr getan, als ich sollte. Willst du eine ehrliche Auskunft von mir? Nun gut, ich werde ehrlich sein. Ihr habt euch gegen die mächtigsten Menschen der Welt gestellt. Schlimmer noch, ihr seid in ihr Netzwerk eingedrungen, wo sie mehr als Menschen sind – sie sind Götter!«
    »Aber du bist auch ein Gott. Das hast du selbst gesagt.«
    Kunohara gab einen verächtlichen Laut von sich. »Ein sehr kleiner Gott, und mit sehr geringer Macht außerhalb meines Bezirks. Jetzt sei still, und ich werde dir die volle Wahrheit sagen. Ihr habt euch eine unmögliche Aufgabe gestellt. Das ist eure Sache. Irgendwie seid ihr bis jetzt am Leben geblieben, und das ist interessant, aber es hat nichts mit mir zu tun. Jetzt wollt ihr von mir, daß ich eingreife, mich auf eure Seite schlage, als ob ich irgendein guter Geist aus einem Kindermärchen wäre, der nur auf euch gewartet hat. Aber ihr werdet es nicht schaffen. Kann sein, daß die Bruderschaft sich eines Tages vor lauter Klugheit selbst zerstört, aber das wird dann nicht euer Verdienst sein. Vorher werden sie euch fangen, entweder hier oder in der wirklichen Welt, und wenn sie das tun, werden sie euch foltern, bevor sie euch töten.«
    Er drehte sich einem Mitglied der Schar nach dem anderen zu, zwar ein wenig schwankend, aber er hatte mit jedem Blickkontakt, mit einigen zum erstenmal. »Wenn das geschieht, werdet ihr ihnen alles sagen, was sie wissen wollen. Soll ich euch mein Herz ausschütten, nur damit ihr alle Informationen an sie weitergeben könnt? Soll ich dafür sorgen, daß ihr ihnen zwischen euren Schreien eine Geschichte darüber erzählen könnt, wie ich euch im Kampf gegen sie unterstützt habe?« Er starrte kopfschüttelnd seine Hände an; es war schwer zu sagen, wer der Gegenstand seines Unwillens war, Renie und ihre Gefährten oder er selbst. »Ich habe es euch schon einmal gesagt: Ich bin nur ein kleiner Mann. Ich will mit euerm eingebildeten Heldentum nichts zu tun haben. Die Bruderschaft ist viel, viel zu stark für mich, und ich kann nur deswegen hiersein und meine Freiheit im Netzwerk genießen, weil ich kein Störfaktor bin. Ihr denkt, ich spreche in Rätseln, bloß um euch zu quälen? Auf meine Art habe ich versucht, euch zu helfen. Aber soll ich für euch alles wegwerfen, was ich habe, mein kleines Leben inbegriffen? Ich glaube kaum.«
    »Aber wir verstehen diese Dinge nicht mal, die du uns erzählt hast …«, begann Renie. Im nächsten Moment sprach sie nur noch zur kalten Luft. Kunohara war verschwunden.
     
    »Du bist in Sicherheit«, erklärte Renie Emily. Sie fühlte dem Mädchen die Stirn und den Puls, auch wenn ihr dabei klar war, daß das an einem Körper, der im besten Fall virtuell war und möglicherweise nicht einmal einem richtigen Menschen gehörte, eine fruchtlose Übung darstellte. Wie sollte man feststellen, ob Code ernsthaft krank war? Und was tun, wenn der Code angab, schwanger zu sein? Die ganze Sache

Weitere Kostenlose Bücher