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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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tue ich nicht.«
    »N-nicht?« Wenn er erklärt hätte, er und nicht Quan Li sei der mörderische Fremde, wäre sie fast genauso überrascht gewesen.
    »Wenn ich mir unsere Freunde anschaue, sehe ich, daß sie sehr müde sind, und ich finde, sie sollten sich ausruhen, bevor wir uns in die nächste Gefahr stürzen. Aber mehr noch, Renie, graut mir vor dem Menschen, der sich hinter Quan Lis Gesicht verbarg.«
    »Ist doch klar«, sagte Renie. »Meinst du, mir graut nicht davor?«
    !Xabbu schüttelte den Kopf. »Das meine ich nicht. Ich … fühlte etwas, sah etwas. Mir fehlen die Worte dafür. Aber es war, als ob ich für einen Moment den Atem der Hyäne aus den alten Sagen spürte, oder noch Schlimmeres. Eine tiefe, gierige Finsternis wohnt in dem Menschen, wer es auch sein mag. Ich möchte ihm nicht in die Arme laufen. Jedenfalls noch nicht, nicht ehe ich darüber nachdenken kann, was ich gesehen habe, gefühlt habe. Ich bin dafür, daß wir warten.«
    Renie war gründlich verdattert. »Das … das heißt, es steht drei zu drei … Was machen wir also?« Sie kniff die Augen zusammen. »Ist das jetzt genauso, wie wenn ich überstimmt worden wäre? Das fände ich nicht fair.«
    »Sagen wir doch lieber, daß wir bald noch einmal abstimmen.« Martine tätschelte Renie die Hand. »Vielleicht sieht die Welt ganz anders aus, wenn wir mal eine Nacht durchgeschlafen haben.«
    »Nacht?« Florimel lachte trocken. »Da verlangst du zuviel, Martine. Aber einfach schlafen wird’s auch tun.«
    Martines Lächeln war traurig. »Sicher, Florimel. Ich vergesse manchmal, daß es für andere nicht immer Nacht ist.«

Kapitel
Ein antiquierter Ton
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Gruchow bestreitet Manipulation des russischen Präsidenten
    (Bild: Gruchow beim Verlassen eines Fast-Food-Restaurants)
    Off-Stimme: Obwohl er die Medien gegenwärtig meidet, hat der namhafte Behaviorist Doktor Konstantin Gruchow kategorisch bestritten, dem russischen Präsidenten Nikolai Poljanin auf Anweisung hochrangiger Personen in Poljanins faktisch lahmgelegter Regierung einen Kontrollchip eingesetzt zu haben. Auch sein plötzlicher Besuch im Kreml während der kürzlichen Erkrankung des Präsidenten sei reiner Zufall gewesen …
    (Bild: Gruchow im Universitätsgarten, aufgezeichnete Stellungnahme)
    Gruchow: »… Das ist doch absurd. Es ist schwer genug, jemanden vom Ladendiebstahl abzuhalten – wie soll man da einen Politiker kontrollieren können …?«
     
     
    > Auf den Tod zu warten, stellte Joseph Sulaweyo zu seiner Überraschung fest, war im Grunde ganz ähnlich wie jedes andere Warten: Nach einer gewissen Zeit driftete man innerlich ab.
    Long Joseph lag für sein Gefühl schon mindestens eine Stunde mit einer Art Sack über dem Kopf auf dem Boden eines Autos, während seine Entführer langsam durch die Straßen von Durban fuhren. Das harte Schienbein des Mannes, der ihn vor dem Krankenhaus abgefangen hatte, preßte Joseph den Arm an die Seite, und die noch härtere Mündung des Revolvers lag auf seinem Kopf wie der Schnabel eines mörderischen Vogels. Der Sack selbst war muffig und eng und hatte den Ammoniakgestank alter, verschwitzter Sachen.
    Es war nicht das erste Mal in seinem Leben, daß Joseph von bewaffneten Männern entführt wurde. Zwanzig Jahre vorher hatte einer der Schlägertypen aus der Nachbarschaft seine Cousins zusammengetrommelt, weil es Gerüchte gab, seine Frau habe ihn betrogen, und gemeinsam hatten sie Joseph aus dem Haus geschleift, auf einen Laster verfrachtet und waren dann mit ihm zu einer Kaschemme am anderen Ende von Pinetown gefahren, die einem der Männer gehörte. Sie hatten mit Revolvern herumgefuchtelt und Joseph ein paar Schläge verabreicht, aber mindestens ein Dutzend Zeugen hatten gesehen, wie er auf die Straße gezerrt worden war, und wußten, wer es getan hatte. Die ganze Sache war eine Schau, mit der der Ehemann der Frau, über die gemunkelt wurde, sein Gesicht wahren wollte. Joseph hatte viel mehr Angst vor einer brutalen Tracht Prügel gehabt als davor, getötet zu werden.
    Diesmal nich, dachte er bei sich und fühlte, wie er am ganzen Leib eiskalt wurde. Nich bei den Typen. Die Leute, an die Renie da geraten is, die geben sich nich mit Rumbuffen und Anbrüllen ab. Die fahren mit dir aus dem Township raus und pusten dich einfach mit Kugeln voll.
    Außer ein paar knappen, zum Teil geflüsterten Sätzen am Anfang, als sie ihn in den Wagen bugsierten, hatten seine beiden Entführer kein Wort mehr gewechselt. Der Fahrer

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