Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
erkundigte sich die junge Frau in halb verächtlichem, aber auch ein ganz klein wenig kokettem Ton, nachdem sie T4b seit seiner Rückkehr wie einen Aussätzigen behandelt hatte, »was willst du eigentlich darstellen? Einen Raumfahrer oder sowas?«
Florimel hatte alle Mühe, nicht laut loszuprusten.
»Raumfahrer?« fragte T4b aufs höchste empört. Es war ein Wort aus der Mottenkiste, und er wiederholte es, als ob sie ihn gefragt hätte, ob er Bauer oder Straßenkehrer sei. »Bin kein seyi-lo Raumfahrer. Das issen Kampfanzug Manstroid D-9 Screamer, wie in Boyz Go 2 Hell!« Er blickte sich um, aber keiner wußte damit etwas anzufangen. »Boyz Go 2 Hell?« versuchte er es noch einmal. »Mit den Schrecklichen Schreddern und den Ätzfetzern … irgendwie …«
»Falls das ein interaktives Spiel ist«, sagte Renie, »hast du mit uns die Falschen erwischt. Wenn Orlando und Fredericks hier wären, wüßten sie sicher Bescheid.«
»Kennen nicht mal Manstroid Screamer …«, murmelte er und schüttelte seinen großen behelmten Kopf.
»Ich habe auch eine Frage«, schaltete sich !Xabbu ein. »Ist diese Maske das einzige Gesicht, das du hier hast, oder hast du noch eines darunter?«
T4b starrte ihn an wie vom Donner gerührt. »Drunter …?«
»Unter der Maske«, sagte Florimel. »Hast du überhaupt schon mal versucht, sie abzunehmen?«
Er hatte sich zu ihr umgedreht, aber reagierte nicht auf ihre Worte, sondern blickte nur wie im Traum durch sie hindurch. Schließlich faßten seine dornenbewehrten Hände langsam nach den ausgestellten Seiten der Kampfmaske und fuhren suchend an den blanken Rändern entlang, bis ein Finger in einen Schlitz unter einem der flossenartigen Gebilde glitt. Er fand den entsprechenden Schlitz auf der anderen Seite und drückte in beide. Es machte laut klick, dann klappte das Vorderteil der Maske auf wie das Visier eines mittelalterlichen Ritters.
Das Gesicht, das dahinter hervorguckte, war das eines braunhäutigen Jugendlichen mit langen schwarzen Haaren und weit aufgerissenen Augen. Selbst die runenartigen Muster unter der Haut, die schwach leuchtend auf Backen, Hals und Stirn prangten, konnten nicht verhehlen, daß es ein ganz normales, denkbar unspektakuläres Gesicht war. Renie zweifelte nicht daran, daß sie eine sehr überzeugende Simulation des echten Javier Rogers vor sich sah.
Nach wenigen Sekunden hielt T4b dem Druck ihrer versammelten Blicke nicht mehr stand und klappte die Maske wieder zu.
> Das Feuer war heruntergebrannt. Sie hatten geredet und geredet, bis sie in einen Zustand surrealer Zeitlosigkeit verfallen waren, wie er selbst in dieser Umgebung ungewöhnlich war.
»… Damit stehen wir also vor folgender Alternative«, sagte Renie gerade abschließend: »Sollen wir diesen Ort erforschen und schauen, ob wir einen Ausgang finden? Oder suchen wir nach dem Feuerzeug, das … ich wollte schon sagen Quan Li, aber natürlich war es nicht Quan Li. Suchen wir also statt dessen nach dem Feuerzeug, mit dem wir eine Chance hätten, auf unsere Umwelt einzuwirken?«
»Suchen, wie soll’n das gehen?« fragte T4b. Wie bei Florimel schien sich sein rauher Ton nach dem Bekenntnis etwas gemildert zu haben. Sogar sein demonstrativ unverständlicher Goggleboyjargon hatte sich der normalen Ausdrucksweise ein wenig angenähert. »Wir bräuchten eins, um eins zu finden.«
»Vielleicht auch nicht.« Renie wandte sich !Xabbu zu. »Deshalb hab ich dich das Gateway für dieses Monster öffnen lassen. Ich hatte die Hoffnung, wenn es klappt, würdest du es dir vielleicht merken können. Meinst du, es besteht Aussicht, daß du dieses Gateway wiederfindest? Indem du … tanzt oder sonst irgendwas machst?«
!Xabbu blickte bekümmert drein, ein eigenartig natürlicher Gesichtsausdruck für eine runzlige Pavianstirn. »Ich fand es schon mit dem Feuerzeug in der Hand schwer genug, Renie. Und ich sagte dir bereits, das Tanzen, das Suchen nach Antworten ist nicht so, wie wenn du etwas mit der Post bestellst. Es gibt keine Liefergarantie.«
»Es gibt heutzutage auf gar nichts mehr eine Garantie.« Sie konnte dabei nicht einmal lächeln.
»Ich wüßte vielleicht etwas.« Martine sprach langsam. »Ich habe manches gelernt, seitdem ich an diesem Ort bin und seit !Xabbu und ich durch das Zugangsgerät … eine Verbindung aufbauen konnten, kann man vermutlich sagen. Möglicherweise können wir gemeinsam das Gateway wiederfinden und es öffnen.« Sie richtete ihre blinden Augen auf Renie. »Ich denke,
Weitere Kostenlose Bücher