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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zur Hilfe eilender Grieche erblickte T4b, wechselte abrupt die Richtung und ging mit der Lanze auf ihn los. Der Angegriffene schnappte sich eine der am Boden liegenden Lanzen und konnte den ersten Stoß gerade noch abschlagen, aber der andere Mann hatte einen Schild und er nicht. Während Renie noch verzweifelt auf eine Lanze zusprang, traf ein trojanischer Pfeil den Griechen in seinen ungedeckten Rücken und streckte ihn zu Boden. Eine rote Blutspur blieb auf der sandigen Erde zurück, als er davonkroch.
    »Zieh die verdammte Rüstung aus!« herrschte Renie T4b an.
    »Voll cräsh oder was?« brüllte er zurück. »Wieso ausziehn …?«
    »Wir haben nicht die geringste Chance, wenn du ständig von allen erkannt wirst.« Sie zogen sich in den dürftigen Schutz von Agamemnons bemalter Hütte zurück, aber Renie bildete sich nicht ein, daß sie dort ein sicheres Versteck gefunden hatten. »Zieh sie aus!«
    »Wenn du Glück hast, halten sie dich für einen Sklaven«, bemerkte Jonas. »Das meine ich ernst – diese Verrückten sind zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig umzubringen, um sich mit Sklaven abzugeben. Das ist unter ihrer Würde.«
    So unglücklich und erbittert, daß er gleich in Tränen auszubrechen schien, entledigte sich T4b seines goldenen Panzers, bis er nur noch mit einem einfachen, zerknitterten Chiton bekleidet vor ihnen stand. Renie legte die einzelnen Teile der Rüstung hinter Agamemnons Hütte auf einen Haufen und hoffte, daß niemand darauf aufmerksam wurde, bevor sie und die anderen weit weg waren.
    »Wir müssen zu Orlando und Fredericks«, sagte sie. »Wenn er noch krank ist, sind sie hilflos.« Aufblickend sah sie, wie Hektor und einige andere führende Trojaner mit lodernden Fackeln in den Händen auf die nächsten griechischen Schiffe zustürmten. Dabei stand die Sonne noch nicht sehr hoch über den fernen Hügeln.
    »Da kommen wir nie durch«, meinte Jonas entmutigt. Die Trojaner bauten ihre Position in der Mitte des offenen Bereichs hinter dem Tor aus, doch die Griechen warfen sich den Eindringlingen aus allen Richtungen entgegen, und in dem Bestreben, ein weiteres Vorrücken zu verhindern, opferten sie ihre Leben wie Antikörper, die einen Bazillenherd vertilgen wollen. »Wir müssen runter ans Meer und schauen, ob wir über den Strand weiterkommen. Scheiße!« Er streckte die Hand aus. »Orlando und Fredericks sind ganz da hinten, am andern Ende des Lagers.«
    »Folgt mir«, sagte !Xabbu , drehte sich um und lief zwischen den Zelten voraus.
    Die anderen eilten hinter ihm her. Obwohl mehrere Griechen, die auf den Kampf am Tor zusprinteten, Odysseus wütende Bemerkungen zuschrien und hin und wieder unvorhergesehen ein Pfeil angeschwirrt kam, gelangten sie unbeschadet zum Strand hinunter, wo sie feststellen mußten, daß Gruppen von Trojanern bereits zum Wasser vorgedrungen waren, derweil ihre Kameraden in der Lagermitte die Kräfte der griechischen Verteidiger banden. Zwölf oder fünfzehn jubelnde Angreifer hatten eines der langen schwarzen Schiffe erklommen und waren dabei, es in Brand zu stecken. Flammen schossen den Mast hinauf, und pechschwarze Rauchfahnen wehten zum Morgenhimmel empor.
    Als Renie und die anderen die Stelle passierten, hatte eine Schar Griechen die Brandstifter gerade entdeckt und kletterte ebenfalls auf das Schiffsdeck, um weiteres Unheil abzuwenden. Einzelne Scharmützel brachen zwischen den Feuern aus. Renie sah, wie einem der Trojaner der Kopf mit einem Schwertstreich fast ganz vom Hals gehauen wurde, aber gleich darauf taumelte der Sieger mit einem Speer in der Brust zurück und fiel kreischend in die Flammen.
    Die Hölle, dachte sie. Krieg ist wirklich die Hölle. Das uralte Klischee ging ihr nicht mehr aus dem Kopf; während sie den Strand entlangjagte, wiederholte sie es in einem fort wie einen blödsinnigen Kinderreim.
    Vor ihnen breiteten sich schon auf weiteren griechischen Schiffen die Flammen aus und schossen kleine Feuerwellen durch die Takelage und an den pechbeschmierten Masten empor zu den eingerollten Segeln, die sogleich wild aufloderten. Hundert Meter weiter war Hektor durch die Abwehrreihen gebrochen und eilte jetzt, gut kenntlich an seinem im Frühlicht funkelnden Panzer, einer Gruppe schreiender Männer voraus zu einem der anderen Schiffe. Die in den hinteren Reihen kämpfenden Griechen lösten sich vom Hauptgewühl und unternahmen den verzweifelten Versuch, zwischen ihren größten Feind und die kostbaren Schiffe zu gelangen, aber keiner

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