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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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konnte dem Sohn des Priamos Einhalt gebieten. In den wenigen kurzen Momenten, die Renie beobachten konnte, schmetterte Hektor einem Mann seine brennende Fackel ins Gesicht und durchbohrte einen anderen mit der Lanze, woraufhin er beide Körper mit Tritten zur Seite stieß, als ob sie nicht schwerer als Fußschemel wären. Seine Schlachtreihe rückte unaufhaltsam zum Meer vor, eine Wand schreiender, kriegstoller Trojaner, die damit auch Renies Schar von ihrem Ziel abschnitt.
    !Xabbu blieb ein paar Schritte vor den anderen stehen und wußte nicht mehr weiter.
    »Das schaffen wir nie«, japste Renie.
    Jonas war kreidebleich. »Vielleicht mit einem Trick … oder sonstwas? Wir können sie nicht einfach …«
    »Sie denken, daß T4b ein Trojaner ist – uns alle außer dir halten sie für Trojaner. Vielleicht hilft das ja was.« Sie konnte sich nicht damit abfinden, daß sie untätig zusehen sollten, wie Orlando gefangengenommen oder abgeschlachtet wurde.
    »Meinste, sie sagen deswegen: ›Nur zu, schon gebongt!‹ oder so?« warf T4b ein, während er heftig nach Luft schnappte. »Das ist ein verblockter Bandenkrieg hier, äi! Da kannste nicht mitten reinrennen und ’tschuldigung sagen!«
    Er hatte natürlich recht. Von ohnmächtigem Grauen erfüllt ließ Renie sich auf ein Knie sinken, als sie sah, wie Hektor in seinem gleißenden Panzer die Schiffe erreichte und damit die letzte Lücke im Sperriegel bewaffneter Männer vor ihnen schloß. Der trojanische Held schleuderte seine Brandfackel hoch in die Luft; einen Moment lang wandten sich die Gesichter schauend empor, und überall auf dem Schlachtfeld schien es still zu werden. Die wirbelnde Fackel zog einen Flammenschweif wie ein Komet und schlug in die Takelage des am nächsten liegenden Schiffes ein. Im Nu fingen die Taue Feuer.
    »Endlich schenkt Zeus uns den Tag, der uns für alles entschädigt!« schrie Hektor. Das Beifallsgebrüll der Trojaner schwoll ringsherum an.
    Renie dachte so krampfhaft über eine Möglichkeit nach, die anscheinend ausweglose Situation doch noch zu wenden, daß sie, als der Lärm immer lauter wurde, zuerst gar nicht die eingetretene Veränderung bemerkte. Männer schrien aufgeregt, und wo der Kampf es kurz zuließ, stießen sie freudig grüßend ihre Lanzen in die Luft. Aber zum erstenmal an diesem Morgen waren es die Griechen, die jubelten.
    »Die Myrmidonen kommen!« jauchzte einer. »Seht, sie greifen die Trojaner von der Seite an!«
    »Myrmidonen?« Renie sah genauer hin. Auf der anderen Seite von Hektors Stoßtrupp herrschte in der Tat ein großer Aufruhr; sie sah Streitwagen in voller Fahrt auf den dicksten Tumult zusausen, daß die Erde unter den Hufen der Pferde nur so spritzte.
    Jonas blickte fassungslos. »Die Myrmidonen … das sind Achilles’ Männer.«
    »Du meinst …?« Noch während sie überlegte, was das heißen konnte, ließ ein näher am Geschehen stehender Mann einen Schrei los, von dem nicht zu sagen war, ob er Freude oder Entsetzen ausdrückte.
    »Achilles! Achilles! Der Sohn des Peleus zieht in die Schlacht!«
    Eine Gestalt in funkelnder Rüstung stand auf dem allen anderen voranjagenden Wagen, wo sie sich mit nicht ganz so stattlicher Haltung aufrecht hielt, wie man es von einem Helden erwarten würde, aber eine Lanze hoch über den Kopf reckte. Allein die Macht ihres Erscheinens hatte schon einige der vordersten Trojaner zerstreut; etliche konnten nicht schnell genug fliehen und wurden von den schäumenden Pferden überrannt. Als der Wagenlenker auf eine größere Gruppe zuhielt, lehnte sich die strahlende Gestalt hinaus und stieß mit der Lanze zu. Weitere Wagen und eine wilde Meute bewaffneter Männer kamen dahinter angestürmt, und alle zusammen schnitten sie die Schlachtreihen auf wie ein übermenschlicher Dolch.
    »Mein Gott, was macht er?« schrie Renie. »Orlando! Laß den Quatsch!« Aber es war aussichtslos – selbst wenn er nur zehn Meter entfernt gewesen wäre, hätte er sie über das Brüllen der Männer und das ängstliche Wiehern der verwundeten Pferde hinweg schwerlich gehört, aber dort an der Spitze seiner Myrmidonen war er zehnmal weiter entfernt und mehr.
    Die Rückkehr des Achilles verbreitete so schlagartig Zuversicht unter den Griechen, als ob die Götter selbst ihnen wieder Mut in die Herzen gegossen hätten.
    »Er ist zu krank dafür«, sagte Renie verzweifelt. »Wo ist Fredericks? Warum läßt er seinen Freund sowas machen? Wegen einer imaginären Schlacht!«
    »Es wäre keineswegs

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