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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kommen!«
    Zwischen dem Parieren der Schläge bekam Orlando aus dem Augenwinkel mit, daß viele der Trojaner, die dem Duell zugeschaut hatten, ihren von den griechischen Truppen zurückgetriebenen Landsleuten zu Hilfe eilten, aber er wußte, daß dies für sein eigenes Schicksal bedeutungslos war: Selbst wenn die Griechen letztendlich gewinnen sollten, hätte Hektor ihn schon lange vorher zu blutigem Brei verhackstückt.
    Die Sonne sank in die Umarmung des Meeres, und einen Augenblick lang ergoß sich Feuer über die Wellen. Der Himmel entfärbte sich langsam, aber immer noch sah Orlando, wie Hektors glänzende Augen sich in seine bohrten. Ihm fielen fast die Arme ab, und das eigenartige distanzierte Gefühl war zurückgekehrt, als ob sein Bewußtsein kurz davor stand, seinen zum Tode verurteilen Körper zu verlassen. Orlando konnte gerade noch das Schwert hochreißen, um einen gewaltigen Rückhandschlag abzulenken, aber seine eigene Erwiderung mit dem Dolch kam zu spät, denn Hektor hatte den Schild sofort nachgezogen. Die Klinge prallte hart gegen den Schildbuckel, und der Schock schoß wie ein Stromstoß durch Orlandos Arm; der Dolch entfiel seinen tauben Fingern.
    Bevor Orlando sein Schwert ganz hochnehmen konnte, schwang Hektor seinen Schild herum und traf Orlando damit so fest seitlich am Helm, daß dieser vom Kopf flog und Orlando von den Füßen gerissen wurde. Er ließ sich fallen und rollte ab, weil er richtig vermutete, daß Hektor mit dem Schwert nachschlagen würde, doch obwohl der Angriff nicht die Lücke im Panzer traf, spürte er, daß die Klinge den ungeschützten Unterschenkel streifte und ihm beinahe die so passend benannte Achillessehne durchgeschnitten hätte. Er versuchte sich aufzurappeln, doch seine Beine versagten ihm den Dienst.
    Orlando drehte sich auf den Knien um und suchte mit dem Schwert den Kopf zu schützen. Der Griff war schlüpfrig von Blut und schwer zu halten. Hektor stand vor ihm und blickte auf ihn nieder, dann streckte er die Klinge aus, bis die Spitze dicht vor Orlandos Gesicht schwebte, so dicht, daß sie ihm fast die Sicht nahm.
    »Ich werde für deine Leiche keine Lösung nehmen«, sagte Hektor. »Nach allem Leid, das du dem Volk meines Vaters angetan hast, wird man dich den Hunden zum Fraß vorwerfen. Du wirst es in den modrigen Häusern des Hades heulend mit ansehen müssen.«
    Orlando versuchte noch einmal, seine Beine zu einem letzten Sprung zu zwingen, aber sie wollten ihm nicht gehorchen. Er duckte sich zitternd.
    Die Leute ringsherum johlten und jubelten, wollten das Ende sehen. Orlando holte rasselnd Luft und spürte, wie ihm der Atem in der Kehle und in den Lungen brannte. Kein Mensch denkt je groß übers Atemholen nach, sagte er sich. Solange es einfach so geht …
    Auf einmal wurden die Schreie der Männer von einem ohrenbetäubenden Quietschen und Knirschen übertönt, das sich anhörte, als würden die Fingernägel Gottes über eine quadratmeilengroße Tafel kratzen. Verdutzt schaute Hektor über die Schulter.
    »Das Tor …?« sagte er wie vom Donner gerührt. »Aber welcher Narr …?«
    Orlando wußte, daß seine Kraft nicht ausreichte, um an Hektors Kehle zu kommen, deshalb packte er das Schwert mit beiden Händen und stieß es dem Mann mit einem letzten Aufbäumen zwischen die Beine. Als Hektor mit einem Entsetzenslaut auf die Knie sackte und das Blut aus seinem Unterleib sprudelte, riß Orlando die Klinge wieder heraus und rammte sie seinem Feind in den Sehschlitz.
    Orlando merkte erst, daß er ebenfalls gestürzt war, als er den Himmel über sich sah, aus dessen dämmerigem Abendschleier die ersten Sterne hervorlugten wie scheue Kinder.
    Ich hab verloren. Er hat mich geschlagen. Orlando bemühte sich, den Anblick des Himmels festzuhalten, aber vor seinen Augen wurde es schwarz. Irgendwo rief Fredericks seinen Namen, doch die Stimme verhallte in einem mächtigen Getöse brüllender Männer und donnernder Hufe. Er ist tot – doch er hat mich geschlagen.
     
     
    > »Code Delphi. Hier anfangen.
    Ich weiß nicht, wieviel Zeit mir bleibt, diese Gedanken aufzuzeichnen, sowenig wie ich weiß, ob sie jemals wieder auffindbar sein werden. Ich weiß nur, daß dies meine letzte Chance sein könnte. Überall schreien Menschen und tobt das Feuer. Eben hatte ein Funke Emilys Haare in Brand gesetzt, und wenn Florimel nicht direkt neben ihr gewesen wäre, hätte sie vermutlich schwere Verbrennungen davongetragen.
    Wir haben uns in einem der verlassenen Häuser in der

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