Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
Glasscherben … zersplittert …
    … Und Orlando kämpfte auf Leben und Tod gegen einen der Gralsherren, der erschreckend angewachsen war, obwohl er immer noch bloß ameisengroß war im Vergleich zu dem lang hingestreckten riesigen Andern, dessen Spasmen in Wellen über sie hinweggingen und alles verzerrten. Leute heulten, Renie und !Xabbu jagten hinter dem Burschen namens T4b her, der seinerseits auf Orlando und das falkenköpfige Scheusal zurannte, und … und …
    Paul tat einen Schritt, um ihnen zu folgen, doch tausend Pauls bewegten sich gleichzeitig in alle Richtungen, und er blieb benommen und verwirrt stehen.
    »Jonas, hilf mir!« Die Frau, die Florimel hieß, streckte tausend Geisterhände nach ihm aus, und ihr Grauen starrte ihm aus genausovielen verletzten, einäugigen Gesichtern entgegen. »Martine – ich glaube, sie stirbt!« Mit hinter die Lider gerutschten Augen lag die blinde Frau steif zu ihren Füßen.
    Paul wollte zu ihnen gehen, aber ihm war zumute wie in einem Spiegelsaal. Als Florimel wieder schrie, schloß er die Augen und stolperte in die Richtung ihrer Stimme, bis er buchstäblich auf sie stieß.
    »Sie braucht Luft«, erklärte Florimel, ließ sich auf die Knie fallen und bearbeitete die Brust der Blinden mit rhythmischen Stößen. Paul hatte keine Ahnung, was sie meinte, und starrte nur begriffsstutzig vor sich hin, bis Florimel nach einigen Sekunden aufblickte. »Luft, du Idiot!« schrie sie. »Mund-zu-Mund-Beatmung!«
    Paul schloß wieder die Augen, um den schwindelerregenden Kaleidoskopeffekt auszuschalten. Er ertastete sich Martines Gesicht, preßte seinen Mund auf ihren und blies. Er wußte nicht, was es nützen sollte, einen irrealen Körper künstlich zu beatmen, aber es war sinnlos, darüber nachzudenken – solche hausbackenen Mittel inmitten eines derartigen Tohuwabohus waren so, als wollte man in einem Sandsturm mit der Kleiderbürste saubermachen.
    Florimel stieß einen Schreckenslaut aus. Als Paul die Augen aufschlug, blickte sie nicht ihre Patientin an, sondern irgend etwas über ihnen. Die Riesengestalt des Andern hatte einen Arm zum Himmel emporgereckt, und gewaltig wie ein Planet hing er über ihren Köpfen und über dem Tal. Als der Gigant aufstöhnte, immer noch wie von Albträumen gepeinigt, wackelte der Boden und verwehten die visuellen Verzerrungen wie Flammen im Wind.
    Da er wie gebannt auf die Bewegung des Andern gaffte, hörte Paul nur halb, wie Martine nach Luft schnappte. Ihre Hand kam hoch, als wollte sie es dem Riesen über ihnen nachmachen, und krallte nach ihm.
    »Martine, halt dich ruhig!« Florimel nahm ihr Handgelenk, um den Puls zu fühlen. »Du hattest einen schlimmen …«
    Die blinde Frau wehrte sich gegen die sanfte Gewalt ihrer Freundin und versuchte sich aufzusetzen. »Nein!« würgte Martine hervor. »Die Kinder … sie haben solche Angst! Sie sind ganz allein! Wir müssen zu ihnen!«
    »Was redest du da?« sagte Florimel unwillig. »Du gehst nirgendwo hin. Die ganze Welt spielt verrückt, und du wärst beinahe gestorben.«
    Martine fing an zu weinen. »Aber verstehst du denn nicht? Ich kann sie hören! Ich kann sie fühlen! Die Vögel fürchten sich so. Etwas ist bei ihnen eingedrungen, eine hungrige Bestie, und sie können nicht fliehen!« Sie griff sich in die Haare, als wollte sie sie ausreißen. »Tu doch was dagegen! Ich halte ihr Schreien nicht mehr aus!«
    Paul konnte nur hilflos daneben hocken, während Florimel die Arme um Martine schlang. »Wir sind ja bei dir«, suchte sie die Blinde zu beschwichtigen. »Wir sind ja bei dir.« Auch ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.
    »Aber sie f-f-fürchten sich s-so«, schluchzte Martine.
    Eine noch stärkere Flimmerwelle lief über Pauls Gesichtsfeld, und die beiden Frauen schienen sich einen langen Korridor hinunter von ihm zu entfernen. Er erhob sich taumelnd, bemüht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der Arm des Riesen schwebte immer noch über ihren Köpfen, aber niemand sonst schien das zu bemerken. Das falkenköpfige Gralsmonster hatte den jungen Orlando in die Höhe gerissen, wo er regungslos hing, tot oder so gut wie tot. Paul meinte Fredericks an den Füßen der Bestie erkennen zu können und eine andere Gestalt, die auf die beiden zulief, aber sobald er irgend etwas genauer ins Auge fassen wollte, wurde ihm schwindlig und übel. Zwei weitere Gestalten, vielleicht Renie und !Xabbu , rannten stolpernd über das sich ständig verändernde Terrain auf den Falkengott und sein

Weitere Kostenlose Bücher