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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und wieder zu.
    »Wie dem auch sei, wir müssen etwas finden, das wir als Paddel nehmen können«, warf Paul ein. »In dem Tempo brauchen wir Tage, um hier durchzukommen.«
    »Klar ist bloß eins: Eis total«, murrte T4b. »Drüber hickhacken bringt gar nichts. Warm werden will ich, äi.«
    »Wir sollten uns eng zusammensetzen«, sagte Martine. »Die somatische Wahrheit mag sein, wie sie will, aber ich erkenne, daß unseren virtuellen Körpern sehr rasch die Wärme entweicht.«
    Sie drängten sich in der Bootsmitte zusammen. In diesem Fall hatte nicht einmal der ungesellige T4b etwas dagegen. Das Boot trieb dahin, aber die Strömung war träge, die schwarze Wasseroberfläche glatt wie Glas.
    »Wir sollten uns unterhalten«, meinte Paul nach einer Weile, »damit wir auf andere Gedanken kommen. Martine, du hast gesagt, es gäbe eine Geschichte zu dem Lied, das … das der Andere gesungen hat.«
    »Genau das ist das P-Problem.« Es schüttelte sie mittlerweile so heftig, daß sie kaum noch reden konnte. »Ich k-k-kann mich nicht mehr daran e-erinnern. Es ist so lange her. Es war bloß ein altes Märchen. Über einen J-Jungen, einen kleinen Jungen, der in ein Loch f-fiel.«
    »Sing das Lied mal.« Besorgt begann Paul, ihr die Arme und den Rücken zu rubbeln, um durch Reibung eine gewisse Wärme zu erzeugen. »Vielleicht kommen wir dadurch auf irgendwas.«
    Martine blickte zweifelnd, fing aber trotzdem mit leiser, bebender Stimme zu singen an. »Ein … ein Engel hat mich angerührt, ein Engel hat mich angerührt…« Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Ein Fluß … nein, der Fluß hat mich gewaschen und mich rein und hell gemacht.«
    Jetzt erinnerte Paul sich wieder deutlich an die unheimliche hallende Stimme auf dem schwarzen Berggipfel. »Und du meinst, es könnte irgendwie von Bedeutung sein …?«
    »Ich kenne die Geschichte«, sagte Florimel unvermittelt. »Es ist eines von Eirenes Lieblingsmärchen. Aus der Gurnemanzschen Sammlung.«
    »Du kennst es aus einem deutschen Buch?« Martine staunte. »Aber es ist ein altes französisches Märchen.«
    »Was ist das?« fragte T4b.
    »Ein M-Märchen …?« Martine blickte völlig entgeistert. »Du w-w-weißt nicht, was ein Märchen ist? Mein Gott, was haben sie mit unseren K-Kindern gemacht?«
    »Quack«, sagte T4b ärgerlich. »Was ist das?«
    Er deutete auf eine verschneite Erhebung vielleicht tausend Meter voraus, den ersten der Schneehügel, die Paul schon vorher aufgefallen waren.
    »Ein Haufen Schnee.« Paul sagte es ein wenig schroff, weil er hören wollte, was Florimel über das Märchen zu sagen hatte. Da aber sah er verblüfft und beschämt etwas glitzern, das weder Schnee noch Eis war. »Mensch, du hast recht, da ist ja ein Turm dran. Ein Turm!«
    »Hältst mich wohl für blind, was?« knurrte T4b. Dann stutzte er und wandte sich Martine zu. »War nicht als Hammer gemeint, äi.«
    »Schon gut.« Sie drehte sich in die Richtung. »Ich k-kann keinerlei Spuren von Leben erkennen. Kaum zu m-m-merken, daß außer Eis und Schnee überhaupt etwas da ist. Was seht ihr?«
    »Es ist die Spitze eines Turmes.« Paul kniff die Augen zusammen. »Er ist … sehr schlank. Wie ein Minarett. Verziert. Aber was darunter ist, kann ich nicht erkennen. Verdammt, ist diese Strömung langsam!«
    »Ein Minarett, ja«, bestätigte Florimel.
    »Vielleicht ist das hier der Mars, wo ich vorher schon mal war«, sagte Paul aufgeregt. »Diese komische spätviktorianische Abenteuerwelt. Da gab es viele maurisch aussehende Bauten.« Sein Blick überflog die endlose weiße Ödnis, die sich beiderseits des Flusses erstreckte. »Aber was hat es hier für eine Klimakatastrophe gegeben?«
    »Dread«, antwortete Martine leise. »Die Klimakatastrophe heißt Dread, jede Wette.«
    Alle hielten jetzt angestrengt Ausschau, alle bis auf Martine, deren zitterndes Kinn auf die Brust gesunken war. Als sie der großen, schneebedeckten Wölbung mit dem einzelnen hochragenden Turm näher kamen, erblickte Paul auf ihrer Höhe am Ufer eine viel kleinere Gestalt, halb zugedeckt von einer Schneewehe. »Was zum Teufel ist das?«
    T4b lehnte sich so weit aus dem Boot, daß es beinahe kenterte. »Eins von den Dingern in Tut-Tut und die Sphinx, irgendwie«, sagte er. »Die Netzshow für Mikros, gelt? Dieses Vieh mit so Buckeln, wo sie da drauf reiten.«
    Paul, dessen Kenntnis der populären Kultur seit seinem Schulabgang rapide nachgelassen hatte, konnte nur den Kopf schütteln. »Eine Sphinx?«
    »Er meint ein

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