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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Kamel«, erläuterte Florimel. Wenn sie die Zähne nicht so fest zusammengebissen hätte, damit sie nicht klapperten, hätte sie vermutlich laut gelacht. »Es ist ein erfrorenes Kamel. Gab es auf deinem Mars Kamele?«
    »Nein.« Jetzt, wo sie näher dran waren, sah er, daß der Junge abermals recht hatte. Das tote Kamel lag am Rand des Flusses auf den Knien, die Zähne zu einem schaurigen Grinsen gebleckt, die Haut an Hals und Kopf so straff, daß es regelrecht mumifiziert aussah, aber es war definitiv ein Kamel. »Wir müssen in Orlandos Ägypten sein. Oder so wo.«
    Martine fuhr auf. »Dieser Mann n-namens Nandi. Wenn wir in Ägypten sind, k-k-können wir ihn vielleicht finden. Orlando und Fredericks meinten, er wäre der Experte des Kreises für Gateways. Er könnte uns unter Umständen helfen, zu Renie und den anderen zu gelangen.«
    »Muß’n Eis am Stiel sein, wenn er hier ist«, bemerkte T4b.
    »Altägypten mit Minaretten?« sagte Florimel zweifelnd. »Na, auf jeden Fall habe ich meine Meinung geändert, was das Aushalten der Kälte angeht. Los, steuern wir diesen Turm an, oder unsere ganzen Spekulationen werden für die Katz sein, weil wir auch bald … Eis am Stiel sind.«
    »Wir müssen mit den Händen paddeln«, sagte Paul. »Da sollten wir uns beeilen, wenn wir uns nicht alle Erfrierungen zuziehen wollen.«
    »Wir wechseln uns ab«, schlug Martine vor. »Zwei paddeln, die anderen beiden wärmen sich die Hände auf. Los!«
    Als er die Finger in den dunklen Fluß tauchte, hatte Paul im ersten Moment nur ein eisig klares Gefühl wie beim Betupfen mit Alkohol vor einer Injektion. Dann begann seine Haut wie Feuer zu brennen.
     
    Zum Glück mußten sie sich ihren Weg nur durch Schnee und nicht durch Eis bahnen, um zu dem offenen Eingangsbogen des Gebäudes mit dem weiß überkrusteten hohen Turm zu gelangen, wofür Paul ungemein dankbar war. Gleich darauf standen sie in einem prächtigen Vorraum, der vom Boden bis zur Decke mit wunderschönen verschlungenen und sich rhythmisch wiederholenden Rankenformen in Rot, Schwarz und Gold bemalt war. Sie blieben jedoch nicht bewundernd stehen, sondern eilten schleunigst weiter, die taub gefrorenen Hände fest an den Leib gepreßt.
    Nach drei weiteren Türen und drei weiteren Prunkräumen kamen sie in ein kleineres Zimmer mit durchgehenden Bücherwänden voll erlesener Lederbände, wo sie die herrliche Entdeckung einer gekachelten Feuerstelle und eines ordentlichen Holzstapels machten.
    »Es ist feucht«, bemerkte Paul, während er mit plumpen, kribbelnden Fingern Holzscheite im Kamin aufschichtete. »Wir brauchen Anzündmaterial. Von Streichhölzern ganz zu schweigen.«
    »Anzündmaterial?« Florimel zog ein Buch aus einem Regal und fing an, Seiten herauszureißen. Erst kam es Paul wie ein Sakrileg vor, doch nach kurzem Überlegen hatte er den Eindruck, mit dem Gefühl leben zu können. Er betrachtete eine Seite und sah, daß der Text in Englisch war, auch wenn die krakeligen Lettern der Schrift arabisch wirkten. Während er Seiten zerknüllte und um das Holz verteilte, erspähte er in einer Nische in der Kachelung außen am Kamin ein hübsches Lackkästchen. Er klappte es auf und hielt es hoch. »Feuerstein und Stahl, denke ich mal, Gott sei Dank. Ich wünschte, !Xabbu wäre hier. Oder kennt sich sonst noch jemand damit aus?«
    »Bis zu meinem zehnten Lebensjahr hatten wir in der Harmoniegemeinde keinen Strom«, sagte Florimel. »Gib her.«
     
    Eine gute Viertelstunde verging, bis das Geräusch das Zähneklapperns verstummte und Paul die Hände von der wunderbaren Wärme des Feuers zurückzog. Auf einem Erkundungsgang stieß er auf einen Lagerraum voll weicher Teppiche und Decken, die er und die anderen sich umhängten wie Mäntel. Aufgewärmt, so daß er sich fast wieder wie ein Mensch fühlte, griff er sich eines der verschont gebliebenen Bücher und schlug es auf.
    »Es soll mit Sicherheit Arabisch nachahmen – dieses Buch ist Seiner Majestät dem Kalifen Harun al-Raschid gewidmet. Hmmm. Scheint eine Geschichte von Sindbad dem Seefahrer zu sein.« Paul blickte zu den Regalen auf. »Ich glaube, das ist eine Bibliothek von Tausendundeine Nacht.«
    »In dem Eisloch bleib ich keine tausend Nächte«, protestierte T4b. »Kannste blocken. Doppelblock.«
    »Das ist bloß der Name eines Buches«, klärte Paul ihn auf. »Eine berühmte alte Märchensammlung.« Er wandte sich an Florimel und Martine. »Dabei fällt mir ein …«
    »Ich sage doch, ich kann mich nicht mehr

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