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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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beschleunigt, und die Blase schnellte mit minimaler Oberflächenberührung dahin. Ein scharfer Ruck riß sie zur Seite, und Florimel und T4b stiegen in die Höhe und krachten dann unsanft auf Paul herunter, Ellbogen und Knie zuerst. Dennoch schafften sie es, die Hände nicht zu lösen, und im nächsten Moment richtete sich die Blase wieder auf, und sie lagen wortlos keuchend auf dem Rücken.
    Um sie herum schoß blaues Feuer in glitzernden Fontänen empor. Die Blase flog in einem wilden Wirbel auf und nieder.
    Wohin kommen wir? dachte Paul, als sie abermals kopfüber durcheinander purzelten. Lieber Gott, wohin jetzt?
    Ein Gewoge aus blauen Funken umschloß sie vollkommen. Martine ächzte vor Schmerz und kippte auf Pauls Schoß, und im selben Augenblick platzte die Blase, und von allen Seiten stürzte schwarzes Wasser auf sie ein.
     
    »Wir leben noch«, stellte Paul fest. Er sprach es auch deswegen aus, weil er sich nicht ganz sicher war, daß es stimmte. Die Blase war eben erst fort, und schon vermißte er sie sehr. An ihre Stelle war ein kleines, roh gezimmertes Boot getreten, das so aussah, als wollte es eher gestakt als gerudert werden, auch wenn keine Stangen an Bord waren, Ruder ohnehin nicht. Das stürmische Unwetter, das sie am Gateway empfangen hatte, war vergangen, aber jetzt waren sie klatschnaß, und die Luft war frostig. Pauls nasse Sachen knisterten bereits von Eis.
    Der Fluß, auf dem sie trieben, war schwarz. Das Land, soweit sie es durch den Dunst erkennen konnten, war völlig weiß. Sie fuhren durch eine Winterwelt.
    »Was macht Martine?« fragte Florimel.
    Paul zog die blinde Frau an sich. »Zittert, aber ist ansonsten okay, glaube ich. Martine, kannst du mich hören?«
    T4b ließ den Blick über die arktisch wirkende Landschaft schweifen. »Sieht mir nicht nach diesem Trojadings aus.«
    Martine stöhnte leise und schüttelte den Kopf. »Ist es auch nicht. Ich konnte in den Daten am Gateway die trojanische Simulation nicht finden.« Sie schlang fest die Arme um sich, aber hörte nicht auf zu zittern. »Es mußte alles so schnell gehen. Viele der Durchgänge waren zu – die Gateway-Übersicht war wie ein Hochhaus, bei dem die meisten Lichter aus sind.«
    »Wo sind wir dann?« fragte Florimel. »Und was machen wir, wenn wir nicht nach Troja können?«
    »Erfrieren, wenn wir nicht bald ein Feuer anzünden«, stieß Paul zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Auch er schlotterte jetzt. »Um andere Dinge können wir uns später kümmern, wenn wir die Überlebensfrage gelöst haben. Wir müssen an Land gehen.« Er wünschte, er wäre sich innerlich seiner Sache so sicher, wie er sich äußerlich gab. Diese Simwelt am Fluß erinnerte ihn sehr an seine Eiszeitwelt, so sehr er hoffte, daß der Schein trog. Er wurde den Gedanken an die riesigen Hyänen nicht los, die ihn in einen eisigen Fluß genau wie diesen hier gehetzt hatten. Er wollte nicht noch mehr Exemplaren urzeitlicher Megafauna begegnen.
    »Es gibt hier nirgends einen geeigneten Platz für ein Feuer und Brennmaterial genausowenig.« Florimel deutete auf die verschneiten Buckel, die sich von den Ufern bis zu den trüben, nebelverhangenen Bergen in der Ferne erstreckten. »Oder seht ihr irgendwelche Bäume? Holz oder sowas?«
    »Die Hügel da vorne«, sagte Paul, »dort an der Flußbiegung. Wer weiß, was dahinter liegt – oder darunter? Vielleicht ist das hier eine futuristische Simwelt, und es gibt atomgeheizte unterirdische Häuser oder etwas in der Art. Wir können nicht einfach nichts tun, sonst erfrieren wir.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Florimel. »Keinem von uns geht es wie Renie und !Xabbu , deren wirkliche Körper in einer Flüssigkeit schweben. Unsere Körper befinden sich alle irgendwo bei Zimmertemperatur. Wie sollen wir erfrieren? Unsere Nerven können ein Kältegefühl suggeriert bekommen, aber das ist etwas anderes, als tatsächlich kalt zu sein.« Ihren Worten zum Trotz bebte auch sie inzwischen am ganzen Leib. »Psychosomatisch können wir vielleicht dazu gebracht werden, mehr Wärme abzugeben, wie wenn wir Fieber hätten, aber man kann uns doch unmöglich zwingen, von innen heraus zu erfrieren, oder?«
    »Nach dieser Logik«, bemerkte Martine unter Zähneklappern, »hätten wir auch nicht von einer Riesenspinne entzweigebissen werden können, es wäre nur eine taktile Illusion gewesen. Aber keiner von uns war besonders erpicht darauf, diese Hypothese auf die Probe zu stellen, was?«
    Florimel machte den Mund auf

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