Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
die ägyptische Götter spielten – in ihrem Gehirn ging es wirklich drunter und drüber.
    Du brauchst Urlaub, Anwin. Einen langen.
    Sie überlegte einen Moment, dann ging sie in den Hauptraum des Loft zurück. Der laute Streit draußen hatte aufgehört; ein verstohlener Blick aus dem Fenster ergab, daß die Straße leer war. Sie steckte die Pistole in die mittlere Schublade des Küchenschranks, unter die Servietten.
    Oder vielleicht muß irgendwas Aufregendes passieren. Irgendwas Großes.
     
     
    > In der einen Hand hielt Christabel das Glas. Ihre andere Hand war am Wasserhahn, aber sie traute sich nicht, ihn aufzudrehen, obwohl sie solchen Durst hatte, daß sie weinen konnte. Sie war wütend, daß sie Durst hatte und aus dem Bett aufgestanden war, um sich ein Glas Wasser zu holen, wütend auf sich selbst. Jetzt mußte sie wie eine verängstigte Maus im dunklen Badezimmer stehen und mit anhören, wie ihre Eltern sich im Nebenzimmer stritten.
    »… Es reicht wahrhaftig, Mike. Ich kann dich nicht zwingen, mit mir zurückzufahren, aber ich werde auf keinen Fall mit Christabel hierbleiben und sie weiter diesen ganzen Gefahren aussetzen. Bei meiner Mutter werden wir vollkommen sicher sein.«
    »Herrgott nochmal, Kay!« Papis Stimme war so laut und verletzt, daß Christabel beinahe das Glas auf den harten Badezimmerboden hätte fallen lassen. »Hast du denn immer noch nicht mitgekriegt, was hier los ist?«
    »Das habe ich allerdings. Und jeder Mensch mit einem Fünkchen Verstand würde einsehen, daß das kein Ort für ein kleines Mädchen ist. Mike, du hast zugelassen, daß jemand sie mit einer Waffe bedroht! Unsere Tochter!«
    Lange sagte niemand etwas. Christabel, die gerade das Glas hatte hinstellen wollen, weil ihr der Arm weh tat, blieb weiter unbewegt stehen, als wäre sie in einem schrecklichen Freeze-Tag-Spiel immobilisiert worden.
    Als ihr Papi wieder sprach, war seine Stimme leise und unheimlich. Sie hatte ihn noch nie zuvor so bitter gehört – am liebsten wäre sie davongelaufen. »Das ist so ziemlich das Schlimmste, was du je zu mir gesagt hast, weißt du das? Meinst du, ich hätte nicht immer noch jede Nacht Albträume deswegen? Ich hab sie nicht zu dem Gespräch mit Ramsey mitgenommen. Du hast sie allein zum Klo geschickt. Was hätte ich denn machen sollen?«
    »Es tut mir leid. Das war gemein.« Auch ihre Mami klang noch bitter. »Aber ich habe furchtbare Angst, Mike. Ich … es gibt gar kein Wort dafür, wie ich mich fühle. Ich möchte einfach mein kleines Mädchen nehmen und weg von hier, und das werde ich auch tun. Den Jungen nehme ich auch mit. Ob er arm ist oder nicht, er ist ein Kind und hat ein Recht darauf, beschützt zu werden.«
    »Kaylene, hörst du mir vielleicht mal zu? Wenn ich der Meinung wäre, daß es irgendwo einen sichereren Ort für euch gäbe, wäre ich der erste, der euch beide dorthin brächte – lieber Himmel, das mußt du mir glauben! Aber ich bin nur deswegen noch hier, weil Yacoubian dachte, er könnte seine Nummer mit normalen Soldaten vom Stützpunkt abziehen. Wenn jemand anders als Ron mich aufgegriffen hätte, hättest du nie wieder von mir gehört. Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
    »Ach, und das soll mich jetzt beruhigen oder was?«
    »Nein! Aber was auch immer an Sellars’ Geschichte dran ist, eines kann ich dir sagen: Diese Festnahme, die ganze Sache, die der General da laufen hatte, war oberfaul. Das alles war in keiner Weise ordnungsgemäß – es war eine Entführung. Nur die Tatsache, daß Ron und Ramsey da waren, hat mir das Leben gerettet.«
    »Und?«
    »Und was ist, wenn diese Leute es noch einmal versuchen? Diesmal ohne sich mit militärischen Formalitäten aufzuhalten – bei Nacht vielleicht, als Einbrecher getarnt. Meinst du nicht, daß das Haus meiner Schwiegermutter ein Ort wäre, wo sie suchen würden? Und wenn ich nicht da bin, meinst du nicht, daß du und Christabel gute Geiseln für ihre Zwecke abgeben würdet? Das sind keine Pfadfinder. Was will deine Mutter machen, die Katze auf sie hetzen? Die Penner von der Trailer-Park-Aufsicht alarmieren, wie sie’s immer wegen der Kids auf ihren Skimboards macht?«
    »Was soll das, Mike? Das ist nicht sehr witzig.«
    »Nein, überhaupt nicht. Du hast vorhin recht gehabt, Kay, es ist furchtbar. Aber wenn ich euch beide bei mir habe, kann ich euch wenigstens beschützen. Wir können den Aufenthaltsort wechseln, und Sellars versteht sich anscheinend recht gut darauf, unsere Spuren zu verwischen.

Weitere Kostenlose Bücher