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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Auf einmal kommt einer am Long Branch Saloon vorbeigaloppiert und brüllt, daß ein Kriegstrupp der Cheyenne angreift. Wir sofort alle Frauen, Kinder und Alten in die Kirche, wir übrigen satteln die Pferde und schnappen unsere Gewehre. Hat uns nicht viel genützt. Einmal waren die anders als alle Cheyenne, die ich je gesehen habe …« Er blieb stehen. »Wie ich höre, wird er bockig, Dave«, sagte er zu einem der Männer, der gerade aufstand.
    Der Mann, hager und mit einem imposanten Schnauzbart, der fast seine ganze untere Gesichtshälfte bedeckte, zuckte mit den Achseln. »Hals abschneiden, schlag ich vor. Er sagt uns eh nichts anderes als seinen Namen – wenigstens denk ich, daß es sein Name ist. ›Ich Dread‹, plärrt er in einem fort…«
    »Herrgott im Himmel!« rief Florimel aus und taumelte einen Schritt zurück. »Wie kann das sein?«
    »Das Schwein hat auf mich geschossen«, fauchte T4b.
    »Es ist Dread«, flüsterte Martine. Sie war leichenblaß geworden. »Er hat zwar nicht mehr Quan Lis Körper, aber ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
    Paul sah betreten seine Gefährten an, dann den schlanken, nur mit einem Lendenschurz bekleideten Mann, der vor ihnen am Boden lag, an Händen und Füßen stramm gefesselt und am ganzen Leib zerschunden und blutverkrustet. Der Gefangene blickte zu ihnen auf, aber schien sie nicht zu erkennen. Mit angestrengt verzerrtem Gesicht und gebleckten Zähnen wand er sich in seinen Fesseln wie eine Schlange. Seine dunkle Haut und seine asiatischen Augen gaben ihm ein leicht indianisches Aussehen, aber Paul hatte keine Zweifel an der Richtigkeit von Martines Wahrnehmung. Er war dem gefürchteten Dread nie persönlich begegnet, aber hatte mehr als genug von ihm gehört. Trotz der offensichtlichen Hilflosigkeit des Mannes trat auch er einen Schritt zurück.
    Der Gefangene lachte, als er Paul zurückweichen sah. »Ha! Ich euch alle töten!«
    Bat Masterson verschränkte die Arme vor der Brust. »Tja, wenn euch der hier schon so wenig gefällt, solltet ihr eure Reisepläne vielleicht überdenken. Von der Sorte gibt’s nämlich gut und gern noch tausend andere, die ihm gleichen wie ein Haar dem andern, und zur Zeit lassen sie auf der Front Street in Dodge die Sau raus, daß die Fetzen nur so fliegen.«

Kapitel
Schlangen aufheben
    NETFEED/KUNST:
    Bigger X – totes Genie oder schlicht tot?
    (Bild: Schauplatz des Unfalls auf der Coxwell Avenue in Toronto)
    Off-Stimme: Die Kunstwelt diskutiert über den Tod des Gewaltperformancekünstlers Bigger X, der bei einem Unfall mit Fahrerflucht im kanadischen Toronto ums Leben kam. Es haben sich schon mehrere Lager gebildet. Viele glauben, daß X auf diese Weise in den »Selbstmordwettbewerb« mit einem anderen Künstler namens No-1 eintreten wollte und seinen tödlichen »Unfall« selbst arrangierte, sowohl als Annahme von No-1s Herausforderung wie auch als eine weitere Hommage an den von ihm bewunderten TT Jensen. Andere sind der Ansicht, TT Jensen selbst könnte bei dem Unfall die Fäden gezogen haben, sei es aus Verärgerung darüber, daß Bigger X sich ständig auf ihn berief, sei es (eine noch aberwitzigere Alternative), um seinem Verehrer symbolisch zu danken. Wieder eine andere Gruppe meint, No-1 könnte die Sache organisiert haben, und zwar aus Wut darüber, daß Bigger X nicht öffentlich auf seine Herausforderung zum »Selbstmordwettbewerb« reagierte. Und zuletzt gibt es noch ein tapferes Grüpplein, das die Auffassung vertritt, der Tod von X sei genau das, was er zu sein scheint – ein Unfall, wie er Leuten passiert, die eine verkehrsreiche Straße überqueren, ohne nach links und rechts zu schauen …
     
     
    > Sie hatte den Wandbildschirm so lange angestarrt, daß sie in einen Traum gesunken war. Als das Geschrei anfing, zuckte sie abrupt hoch und wäre beinahe vom Sessel gefallen.
    Reflexartig warf Dulcy einen Blick auf das Komabett, aber Dread hatte sich nicht bewegt. Er war jetzt schon wieder seit fast einem Tag online. Sie kam sich langsam so vor, als hielte sie ihm die Totenwache.
    Jemand kreischte unten auf der Straße, ein Mann, auch wenn die Wut- und Schmerzensschreie hoch und schrill waren. Sie hatte zu lange in einer Haltung gesessen, deshalb prickelten ihr die Beine, als sie zu einem der Fenster ging und eine Ecke des lichtundurchlässigen Vorhangs lüftete.
    Draußen war es dunkel, was sie fast genauso erschreckte wie vorher die Geräuschkulisse – war es so schnell wieder Abend geworden? Unten auf dem Bürgersteig

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