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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Marathon gelaufen. Und dennoch schien er vor Energie fast zu bersten. »Mann, tut mir leid. Ich dachte, du wärst …« Sie rieb sich die Augen. »Ist was mit dir?«
    »Mir geht es gut, Sam. Ich habe viel nachdenken können. Es war gut, zu tanzen, wieder … ich selbst zu sein.«
    Sie ließ sich von ihm aufhelfen. Ihre Füße waren kalt und prickelten; sie stampfte eine Weile auf den Boden, um sie wieder zu durchbluten. »Bist du auf irgendwas gekommen?«
    Er lächelte. »Auch in der Hinsicht bist du wie Renie. Mein Tanz ist nicht etwas, das einfach auf Knopfdruck funktioniert … wie ein Automat. Karte hineinstecken, und schon kommt die Antwort heraus. Aber ich merkte, daß mich etwas beunruhigte, und darauf, was das sein könnte, bin ich in der Tat gekommen.« Er lachte. Er wirkte gelöster als die ganzen Tage zuvor, beinahe heiter. »Wir werden sehen, ob uns das weiterhilft, Sam. Komm jetzt.«
    »Was hast du damit gemeint?« fragte sie, als sie durch das nasse Gras zurückgingen. Sie konnte kaum glauben, daß es schon bald in ein silbernes Nichts zergehen sollte, so naturgetreu fühlte es sich an ihren Füßen an, aber die fernen Berge waren erschreckend blaß, eine in Kristall gehauene Landschaft. Ohne zu überlegen beschleunigte sie ihre Schritte. »Als du gesagt hast, es wäre gut, wieder du selbst zu sein?«
    »Ständig versuche ich, dies alles hier zu verstehen, so zu denken wie die Leute, die es geschaffen haben, so wie Renie und ihr anderen auch. Aber auf die Weise denke ich nicht gut. Und es ist mir fremd, so als hätte ich Sachen an, die mir nicht richtig passen. Ich kann nicht in einigen Wochen ein ganzes Leben über Bord werfen. Manchmal muß ich … zurückgehen. Zurück zu meiner althergebrachten Art.«
    Sam nickte langsam. »Ich glaub, ich versteh dich. Ich weiß manchmal auch nicht mehr, wer ich bin – was mein wirkliches Ich ist.« Etwas verunsichert von seinem fragenden Blick fuhr sie fort: »Ich mein damit, seit ich wieder ein Mädchen bin – na ja, seit ich diesen Körper hab –, da rede ich anders als vorher, ich denke sogar anders, irgendwie. Ich fange an, mich zu benehmen wie … wie ein Mädchen!«
    Sein Lächeln war freundlich. »Ist das schlimm?«
    »Nicht immer, nein. Aber als ich einfach Fredericks war, Orlandos Schatten, auch ein Junge… ich weiß nicht. Es war irgendwie leichter. Ich hab mehr Sachen gewagt, anders geredet.« Sie lachte. »Mehr geflucht.«
    »Ah, da legst du den Finger auf etwas, Sam. Das war eine der Sachen, die mich beunruhigten.«
    Vor lauter Überraschung stolperte sie über eine Bodenwelle und hatte Mühe, sich zu fangen. »Es beunruhigt dich, daß ich nicht fluche?«
    »Nein. Aber laß jetzt, wir sind fast da. Du wirst bald sehen, worüber ich nachdachte.«
    Jongleur und Azador saßen sich stumm und verschlafen am Feuer gegenüber. Der ältere Mann warf ihnen einen kalten Blick zu, als sie herantraten. »Nach euerm ganzen Gerede über Dringlichkeit und Gefahr findet ihr also noch Zeit für einen romantischen Nachtspaziergang? Sehr niedlich.«
    Sam fühlte, wie ihr Gesicht heiß wurde, und wollte schon eine patzige Antwort geben, doch !Xabbu berührte sie am Arm.
    »Es gibt viele Wege, Probleme zu lösen«, sagte der kleine Mann ruhig. »Aber wir brauchen einen neuen, oder wir werden immer noch hier sein, wenn diese Welt sich um uns herum auflöst.«
    Jongleur schnaubte verächtlich. »Dann war das also ein Erkundungsgang?«
    »Gewissermaßen.« !Xabbu wandte sich Azador zu, der sie mit trüben Augen beobachtete und aussah, als bedauerte er es, daß es auf dieser Wiesejenseits der Welt keinen Kaffee gab. »Ich möchte ein Wort mit dir reden, Herr Azador. Ich habe ein paar dringende Fragen.«
    Etwas flackerte in seinen Augen, doch er machte nur eine lässige Handbewegung. »Frage.«
    »Erzähle mir noch einmal, wie du hierherkamst – wie du zum schwarzen Berg gelangtest und dich dann auf einmal in dieser Umgebung hier befandest.«
    Verwirrt, aber bestrebt, es sich nicht anmerken zu lassen, sah Sam !Xabbu an, während Azador ein wenig widerstrebend seine Geschichte wiederholte – wie er ihnen in den Irrgang im Demetertempel gefolgt war und wie er irgendwann im diesigen Nichts aufgewacht und der Berg nicht mehr dagewesen war.
    »Ich habe nachgedacht«, unterbrach !Xabbu ihn plötzlich, als er sich dem Ende näherte. »Es war nämlich so, daß wir uns nach unserem Übergang aus Troja lange an der Flanke des schwarzen Berges aufhielten, weil es heftige

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