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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht. Wir wurden durch ein Versagen des Systems getrennt«, erklärte er so ruhig, als ob Azador ihn nicht drohend anfunkelte und Sam nicht das abgebrochene Schwert auf den Bauch des Mannes gerichtet hielt. »Woran erinnerst du dich wirklich? Ich denke, du warst schon früher hier, in dem sogenannten Weißen Ozean. Kannst du nicht versuchen, daran zurückzudenken? Wir sind alle in großer Gefahr.«
    Azador taumelte zurück, als hätte er einen Schlag bekommen. Mit wildem Blick schwenkte er die Arme und deutete dann auf !Xabbu . »Du, nicht ich – du bist verrückt! Azador ist nicht verrückt.« Feindselig starrte er auf Sam und ihre Waffe, dann auf Jongleur. »Ihr seid alle verrückt!« Ein Schluchzen erstickte seine Worte. »Nicht Azador!« Er wirbelte herum und lief humpelnd und stolpernd über die Wiese und einen flachen Hang hinauf, wo er im Gras zusammenbrach und liegenblieb wie erschossen.
    »Was hast du getan?« fragte Jongleur, aber nicht in seinem üblichen herrischen Befehlston.
    »Uns vielleicht gerettet. Geh zu ihm. Ich denke, er wird jetzt weder Sam noch mich bei sich haben wollen, aber wir brauchen ihn.«
    Jongleur gaffte ihn an, als ob auch !Xabbu sich plötzlich wie ein Wilder aufführte. »Zu ihm gehen …?«
    »Verdammt nochmal, geh einfach!« schrie Sam und fuchtelte mit dem Schwertstumpf herum. »Vor zwei Tagen hätten wir dich beinahe sitzenlassen. Mach zur Abwechslung auch mal was Nützliches!«
    Jongleur schien mehrere Erwiderungen abzuwägen, dann aber kehrte er ihnen nur den Rücken zu und schritt zu dem am Boden liegenden Azador hinüber.
    »Das hat gutgetan!« sagte Sam. Ihr Herz raste immer noch.
    »Aber Jongleur ist ein Feind, bei dem Vorsicht angebracht ist«, meinte !Xabbu . »Es ist, als hielte man eine hochgiftige Schlange in der Hand – wir sollten unser Glück nicht herausfordern.«
    »Woher hast du das gewußt? Das mit Azador? Und wer ist er? Was ist er?«
    Jetzt, wo die Konfrontation vorbei war, schien !Xabbu ein wenig in sich zusammenzusinken. »Was Azador ist, kann ich nicht sicher sagen – nicht an einem Ort, der so verwirrend ist wie dieses Netzwerk. Aber vielleicht gleicht er dieser Ava, die wir alle gesehen haben, oder dem kleinen Jungen, mit dem Jonas zusammen war – jemandem, der in diesem Netzwerk von einer Welt in die andere gerät und nicht weiß, wer er ist. Auf jeden Fall verhält er sich nicht wie der Azador, den ich seinerzeit kennenlernte. Der war zwar auch sehr von sich eingenommen, aber tat die meiste Zeit kalt und überheblich. Und Jonas beschrieb Azador als einen, der kaum etwas sagte.«
    »Du meinst, es sind alles verschiedene Personen?«
    »Ich glaube nicht. Aber wie gesagt, wer kann das an diesem Ort schon mit Bestimmtheit sagen.« !Xabbu ließ sich neben dem Feuer nieder. »Aber nicht, wer er ist, interessiert uns im Augenblick, sondern wo er gewesen ist.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    !Xabbu zog ein müdes Grinsen. »Warte ab. Vielleicht habe ich mit meinen Vermutungen abermals recht, und dann wirst du mich für einen sehr klugen Mann halten. Aber wenn ich mich irre, muß ich mich weniger schämen, wenn ich nicht vorher mit meinen Plänen prahlte. Was als nächstes kommt, wird schwierig werden.«
    »Du kommst mir auch verändert vor«, sagte Sam plötzlich. »Nicht wie ein anderer Mensch oder so, aber … aber zuversichtlicher.«
    »Ich hatte Zeit, dem Klingen der Sonne zu lauschen«, antwortete er. »Obwohl es hier gar keine Sonne gibt. Zu den Sternen zu sprechen, unseren Großeltern.«
    Sam zuckte mit den Achseln. »Ich hab keinen Dunst, was das heißen soll.«
    !Xabbu tätschelte ihr freundlich den Arm. »Das macht nichts, Sam Fredericks. Laß uns jetzt sehen, ob wir bei Herrn Azador ein kleines Wunder wirken können.«
     
    »Und was wollt ihr tun, wenn ich nicht mitspiele?« fragte Azador scharf. »Mich mit diesem Schwert erstechen?« Sein empörter Ton war derart übertrieben, daß Sam sich fragte, ob er womöglich auch eines der entführten Kinder war, getarnt als erwachsener Mann.
    »Ich hätte nicht übel Lust«, sagte sie leise, doch ein strenger Blick von !Xabbu zügelte sie.
    »Wir werden dir auch in dem Fall nichts tun«, erklärte der kleine Mann. »Wir werden dann einfach weiter darauf warten, daß diese Welt um uns herum verschwindet.«
    Jongleur stand ein Stück abseits und sah zu. Er hatte seine übliche eidechsenartige Unbewegtheit zurückgewonnen. Sam wußte nicht, womit er den Mann mit dem

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