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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schnurrbart bewegt hatte zurückzukommen, aber sie mußte ihm wohl oder übel dafür dankbar sein.
    »Ich bin in der Hand von Verrückten«, sagte Azador.
    »Mag sein«, entgegnete !Xabbu . »Aber ich verspreche dir, daß dir nichts geschehen wird.« Er streckte die Hand aus. »Gib mir dein Hemd.«
    Azador murrte, aber zog das Hemd aus. !Xabbu nahm es, rollte es zusammen, stellte sich hinter ihn und verband ihm damit die Augen. »Siehst du etwas?«
    »Nein, verdammt, natürlich nicht!«
    »Es ist wichtig. Lüge mich nicht an.«
    Azador drehte den Kopf hin und her. »Ich sehe nichts. Wenn ich mir das Bein breche, sorge ich dafür, daß dir dasselbe passiert, egal ob ihr mir den Bauch aufschlitzt.«
    !Xabbu machte ein ungehaltenes Geräusch. »Dir wird nichts geschehen. Schau, ich werde neben dir gehen, Sam auf der anderen Seite. Komm schon, Herr Azador, du hast uns oft erzählt, wie tapfer und geschickt du bist. Warum hast du jetzt Angst, mit verbundenen Augen zu gehen?«
    »Ich habe keine Angst. Aber die ganze Sache ist idiotisch.«
    »Vielleicht. Wir anderen werden jetzt still sein. Wir werden am Fluß entlanggehen. Du gehst bitte so lange weiter, bis du das Gefühl hast, daß es eine gute Stelle zum Hinüberkommen ist.«
    Sam war verblüfft, aber hielt sich still. Selbst Jongleur schien ein gewisses widerwilliges Interesse an dem Experiment gefaßt zu haben. Sie führten Azador an den äußersten Rand des festen Ufers und lenkten ihn dann stromaufwärts.
    Sie marschierten lange, ohne ein Wort zu sagen. Nur Azadors grimmige Flüche, wenn er über ein Hindernis stolperte, brachen das Schweigen. Stellenweise war das Röhricht so dicht, daß sie beinahe in den Fluß tappten, dann wieder erstreckten sich die Wiesen vor ihnen schier endlos ins Weite, und Sams Vertrauen auf !Xabbus Klugheit ließ spürbar nach. Nur Fluß und Gras, so weit sie schauen konnte. Was sollte ein Mann mit verbundenen Augen daran ändern?
    Nach einer Weile ebbte Azadors Gegrummel langsam ab. Wie ein Schlafwandler schritt er jetzt unbeirrt voran, machte Pause, wenn die anderen Pause machten, beschwerte sich nicht einmal mehr, wenn sie in Schlammlöcher gerieten. Sie hörte ihn murmeln, aber die Worte verstand sie nicht.
    Auch seine Aufmerksamkeit veränderte sich nach der ersten Stunde. Eine Ruhe kam über ihn, und von Zeit zu Zeit hielt er an und neigte den Kopf, als lauschte er auf etwas, das die anderen nicht hören konnten.
    Doch als am späten Nachmittag das Licht sich zu verändern begann und einen kaum merklich dunkleren Ton annahm, waren sie immer noch nicht fündig geworden.
    So ein Theater! dachte Sam. Die Füße taten ihr weh. Ihr war heiß, und die Sachen klebten ihr am Leib. Sie verspürte den starken Drang, sich hinzulegen und sich und alles andere einfach dem Schicksal zu überlassen; die letzte Stunde war sie überhaupt nur noch aus Loyalität gegen !Xabbu weitergegangen. Azador hat recht – das ist idiotisch. Vier Leute torkeln am Fluß entlang und suchen etwas, obwohl sie längst wissen, daß es nicht da ist.
    Sie kamen gerade aus dem nächsten raschelnden Schilfdickicht, als sie die Brücke erblickten.
    Sam stockte der Atem. »Aber wie …? Hier waren wir doch schon mal! Und da war keine … da war nichts zu sehen von … Dsang!«
    Sie war schmal, kaum mehr als eine Mauer aus aufgehäuften Steinen mit bogenförmigen Durchlässen für den Fluß, aber sie war immerhin so breit, daß sie zu viert nebeneinander gehen konnten. Vor allen Dingen aber führte sie zu den Wiesen am anderen Flußufer hinüber – jedenfalls hatte es den Anschein, denn das dortige Ende der Brücke war von tiefhängenden Nebelschwaden verschleiert.
    »Du kannst die Binde abnehmen«, sagte !Xabbu zu Azador.
    Als einziger von ihnen zeigte Azador sich nicht überrascht, so als ob er die Brücke bereits in irgendeiner Weise wahrgenommen hätte. Dennoch hatte er ein banges Flackern im Auge, und nach einer Weile wandte er sich ab. »Ich … ich will da nicht rüber.«
    »Wir haben keine Wahl«, erklärte !Xabbu nachdrücklich. »Komm. Führe uns hinüber.«
    Azador schüttelte den Kopf, begab sich aber dennoch widerwillig an den Kopf des Steindamms. Er zögerte noch einmal kurz, doch schließlich stieg er hinauf. !Xabbu folgte ihm, dann kamen Sam und Jongleur. Sam staunte über die Massivität des Bauwerks – sie wußte, daß sie erst einen Tag zuvor an genau dieser Stelle vorbeigekommen waren, aber zu dem Zeitpunkt war da keine Brücke gewesen.
    Azador tat ein

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