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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Windeseile, sackten durch einen endlosen Tunnel ins Bodenlose ab.
    »Wer?« keuchte sie. »Wer kommt?«
    Die Stimme in ihrem Kopf wurde schwach und immer schwächer, bis sie nur noch ein Hauch war.
    »Der Teufel.«
    Da fielen die Sterne von oben herab, und Renie wurde von einem verzerrten Nachthimmel verschlungen, der sich über sie ergoß wie ein ausgekippter Ozean. Sie flutschte wie eine Luftblase durch das eisige schwarze Nichts und das weiße Strahlen der brennenden Sterne. Gewaltige Massen donnerten auf sie ein, wirbelten sie herum und zermalmten sie.
    Ich ertrinke, war ihr letzter Gedanke, ein verlorenes Bewußtseinsfünkchen im lautlosen Toben der großen Lichter. Ich ertrinke im Universum.

Kapitel
Der verlöschende Engel
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Witwe verklagt Nanotechfirma wegen tödlichem Sexunfall
    (Bild: Sabine Wendel bei der Beisetzung ihres Mannes)
    Off-Stimme: Während Komiker auf der ganzen Welt Sabine Wendels persönliche Tragödie für ihre Sketche ausschlachten, hat die Betroffene, wohnhaft in Bonn in Deutschland, rechtliche Schritte gegen die Vertreiber von Masterman eingeleitet, einem Nanotechprodukt, das mit dem Versprechen wirbt, Erektionsstörungen zu beheben. Obwohl die Herstellerfirma Borchardt & Schleicher betont, daß ihr Produkt nur unter ärztlicher Aufsicht benutzt werden darf, verkaufen viele Händler das Mittel ohne Rezept, und auf diesem Wege ist offenbar auch Jörg Wendel an die mikroskopisch kleinen Masterman-Triggerteilchen gekommen – mit den tödlichen Konsequenzen der »Sexplosion«, wie der Unfall von vielen Sensationsnetzen bezeichnet wird …
     
     
    > Während sie aus den Hügeln auf die karge Ebene stolperten, zuckten hinter ihnen Blitze über den Himmel. Sie liefen auf etwas zu, das wie ein Meer voller Sterne aussah. An den Ufern drängte sich eine wartende Menge seltsamer Gestalten. Es wurde Nacht, und die Gestirne über ihnen waren trüber als die in dem Meer schwimmenden Lichter.
    Es ist wie das Ende von H.G. Wells’ Zeitmaschine, dachte Paul. Der schauderhafte letzte Anblick der Erde, der sich dem Zeitreisenden bietet – grauer Himmel, graues Land, ein verendendes Krabbenmonster an einem leeren Strand.
    Bonita Mae Simpkins rutschte aus und stürzte schwer zu Boden, da sie sich mit ihren verkrüppelten Händen nicht abfangen konnte. Paul lief zurück, um ihr aufzuhelfen. Das Brüllen der Bestie, die ihnen aus Ägypten gefolgt war, wurde jetzt von den dazwischenliegenden Hügeln gedämpft, und das Wetterleuchten hing immer noch über derselben Stelle, an der die Erscheinung aufgetaucht war, aber Paul zweifelte nicht daran, daß Martine recht hatte – auch wenn das Betriebssystem noch so heftig Widerstand leistete, würde Dread ihnen bald auf den Fersen sein. Er machte auf sie Jagd.
    Bonnie Mae flüsterte vor sich hin, als er sie auf die Füße zog. »… Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser …«
    Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fuhr Paul im Geiste fort, fürchte ich kein Unglück. Doch er fürchtete es, weiß Gott. Sie waren von Unglück förmlich überschwemmt.
    Die anderen waren inzwischen schon weit voraus, nur Nandi Paradivasch war stehengeblieben und wartete. Paul legte seinen Arm um Bonnie Mae, damit sie schneller vorankamen.
    »Danke«, wisperte sie. »Gott segne dich.«
    Nandi packte sich kommentarlos den anderen Arm der Frau über die Schulter, und zusammen hielten er und Paul sie aufrecht. Die aufgewühlte, leuchtende Meeresfläche war jetzt ganz nahe. Einige aus der am Rand versammelten Menge schwärmten auf ihre vorausgeeilten Gefährten zu. Als sie zwischen den andrängenden Leibern verschwanden, erschrak Paul heftig, doch dann sah er, daß Martine, Florimel und die übrigen – der Große mußte T4b sein – zwar umringt, aber nicht direkt bedroht wurden. Genauer besehen verhielten sich die wimmelnden Scharen eher wie die Bettlerkinder, die er früher in Rom und Madrid gesehen hatte, als wie feindlich gesonnene Angreifer.
    »Diese Leute sind … sie sind …« Auch Nandi betrachtete das Schauspiel. »Ich habe keine Ahnung, was sie sind.«
    Paul genausowenig. Am Rand des Gedränges angekommen, staunte er über das kunterbunte Erscheinungsbild der Figuren: aufrecht gehende Tiere mit menschlichen Gesichtern und Wesen aus allen möglichen Stoffen, aus denen in Wahrheit kein lebendiges Geschöpf, gleich welcher Art, bestehen konnte. Die Vielfalt war überwältigend, aber das verwirrendste daran war der

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