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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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gründlich beaufsichtigt werden müssen, vor allem am Anfang, wenn sie neu wieder angeschaltet sind. Ich schaffe das alles nicht allein. Ich dachte an Kunohara, doch er hat unmißverständlich klargemacht, daß er keine derart aktive Rolle zu übernehmen gedenkt. Außerdem muß ich jemanden auf lange Sicht ausbilden, ihm oder ihr einige meiner Pflichten vermitteln – als Pfleger, nicht als Gott –, zumal da ich hoffe, eines Tages auf dem himmlischen Lichtfluß davonzufliegen, wie unsere dahingegangenen Freunde ihn nannten. Ich brauche also einen … Lehrling, sollte ich wohl sagen. Orlando?«
    »Ich denke, ich möchte mich einen … Weltläufer nennen.« Renie meinte ihn unter der braungebrannten Haut erröten zu sehen. »Ich werde viel herumziehen, von daher paßt der Name. Und ich werde irgendwie für die Welten zuständig sein – so wie ein Waldläufer für den Wald. Das … das ist noch eine zusätzliche Bedeutung. Die Waldläufer kommen in einem meiner Lieblingsbücher vor.«
    Sellars nickte. »Eine ausgezeichnete Wahl.« Er wandte sich an die versammelte Runde. »Stimmen wir ab. Wer für Orlando Gardiner als erster Weltläufer des Otherlandnetzwerks ist …«
    Alle Hände gingen in die Höhe.
    »Wow, Gardino«, flüsterte Sam Fredericks gut vernehmbar. »Jetzt bist du hier der Assistenzgott!«
    »Yeah, und dabei hab ich nicht mal ’nen High-School-Abschluß.«
    »Genug gescherzt, ihr beiden«, sagte Sellars freundlich. »Müßt ihr euch nicht langsam zu euerm zweiten Termin begeben?«
    »Ach ja.« Orlandos gute Laune verflog schlagartig, und er war nur noch ein nervöser Halbwüchsiger. »Ja, müssen wir.« Er und Sam erhoben sich. »Herr Ramsey, kommst du?«
    »Ich bin bereit«, entgegnete der Anwalt.
    »Aber wir sind noch zu keiner Entscheidung über das Netzwerk selbst gekommen«, wandte Martine ein. »Eine so wichtige Frage können wir doch nicht einfach links liegenlassen.«
    »Das ist richtig«, pflichtete Sellars ihr bei. »Aber wir haben noch Tage, vielleicht sogar Wochen, um unsere Entscheidungen zu treffen. Schaut, ob ihr nicht Nandi Paradivasch dazu bewegen könnt, zu unserem nächsten Treffen zu kommen. Sagen wir in zwei Tagen, ja?«
    Renie wollte sich schon beklagen, zwei Tage sei zu bald, einige müßten sich vielleicht auf Arbeitssuche begeben, doch dann erinnerte sie sich wieder. »Wegen dem Geld …«, fing sie an.
    Sellars schüttelte den Kopf. »Es gibt niemand, dem du es zurückgeben könntest – ich bin tot, schon vergessen? Wenn du es nicht willst, findest du bestimmt eine gute Sache, die du mit einer großzügigen Spende unterstützen möchtest.« Er schien ihre Hilflosigkeit zu genießen. »Und erinnere mich vorher nochmal daran, daß ich euch einen besseren Online-Anschluß besorge. Ihr könntet euch auch überlegen, ob ihr euch nicht Neurokanülen einsetzen lassen wollt, falls ihr keine religiösen Bedenken dagegen habt.«
    Als Sellars schließlich ging, weil Hideki Kunohara ihn noch zu einer privaten Unterredung in einen Nebenraum bat, waren Orlando, Sam und Catur Ramsey bereits fort und alle anderen in Gespräche vertieft – alle außer Martine, die weiterhin abseits saß, als würde sie nicht dazugehören. Renie drückte !Xabbu kurz die Hand und ging um den Tisch zu ihr. Martine blickte auf, aber ihrem ausdruckslosen Sim war nicht zu entnehmen, wie es in ihr aussah.
    »Macht dir das Geld auch Bauchschmerzen?« fragte Renie. »Ich bin schon irgendwie dankbar, aber es kommt mir auch ein bißchen selbstherrlich vor …«
    Martine wirkte erstaunt. »Das Geld? Nein, Renie, daran habe ich noch kaum gedacht. Ich hatte schon vorher Vermögen, von meiner Abfindung, und … und ich brauche wenig. Ich habe schon eine Verfügung getroffen, daß mein Anteil an verschiedene Kinderhilfswerke geht. Ich glaube, das ist das richtige.«
    »Du kannst jetzt sehen, stimmt’s? Ist das eine große Umstellung?«
    »Es geht.« Sie blieb bewegungslos sitzen. »Ich werde mich daran gewöhnen. Mit der Zeit.«
    Renie suchte nach einem Thema, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen. »Eine Sache, die mir keine Ruhe läßt, ist das mit Emily. Und Azador.«
    Martine nickte langsam. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht.«
    »Weißt du, wenn sie wirklich eine Version von Ava war – und Azador eine von Jongleur …!«
    Der Sim der Französin ließ kein Mienenspiel zu, aber in ihrer Stimme lag ein herber Ton. »Das ist noch perverser als Inzest, wenn man bedenkt, daß Ava ein Klon war – aber

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