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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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antwortete Sam. »Jemand anders hatte sie schon gemacht. Er hätte auch in ein Schloß ziehen können, in irgendwas viel Tolleres, aber hier gefällt’s ihm besser.« Sie schlug die Augen nieder; ihr Lächeln war angespannt.
    »Jemand … hat das hier gemacht?« fragte Conrad. »Na ja, eigentlich wußte ich das vorher, aber …«
    »Es gibt noch mehr«, sagte Ramsey. »Viel mehr. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch eines Tages alles anschauen.«
    »Ihr solltet mal Bruchtal sehen!« schwärmte Sam. »Das ist vielleicht chizz! Sogar ohne die Eiben.«
    Conrad Gardiner schüttelte verwirrt den Kopf, aber seine Frau hörte schon nicht mehr zu. Als sie sich der Kuppe des niedrigen Hügels näherten, sahen sie dahinter den nächsten, etwas höheren auftauchen. An seinem Hang stand ein gedrungenes Stein- und Holzhaus inmitten von Bäumen, einfach gebaut, aber wunderbar in die Umgebung eingebettet. »O Gott«, sagte Vivien leise, als sie die Mulde zwischen den Hügeln durchschritten und den nächsten Anstieg begannen. »Ist es das? Ich hätte nicht gedacht, daß ich so nervös sein würde.«
    Eine Gestalt erschien in der Tür. Sie blickte auf die Ankömmlinge nieder, aber lächelte und winkte nicht.
    »Wer ist das?« fragte Conrad Gardiner. »Er sieht gar nicht aus wie …«
    »Ach, Conrad, hast du nicht zugehört?« Viviens Stimme klang zum Zerreißen gespannt. »So sieht er … hier aus. Jetzt.« Sie wandte sich mit großen Augen Ramsey zu. »Das ist doch richtig? Oder?«
    Catur Ramsey konnte nur nicken, zu sprechen traute er sich nicht mehr. Als er sich wieder umdrehte, hatte sich die Gestalt bereits in Bewegung gesetzt.
    »Er ist so groß!« sagte Vivien. »So breit!«
    »Du hättest ihn mal sehen sollen, bevor er jünger wurde.« Sam Fredericks lachte – ein wenig überdreht, fand Ramsey. Er blieb stehen und zupfte Sam mahnend am Arm. Sie ließen Orlandos Eltern das restliche kurze Stück allein gehen.
    »Orlando …?« Ramsey hörte den plötzlichen Zweifel in der Stimme der Frau, als sie den hochgewachsenen, schwarzhaarigen jungen Mann vor sich ansah. »Bist … bist du das …?«
    »Ich bin’s, Vivien.« Er hob die Hände und preßte sie sich dann jäh über Nase und Mund, als wollte er etwas zurückhalten, das mit Gewalt hinauswollte. »Ich bin’s, Mama.«
    Mit einem Sprung warf sie sich ihm so heftig in die Arme, daß sie beide beinahe neben dem Pfad auf den Rasen gefallen wären. »He, Vorsicht!« rief Orlando mit rauhem Lachen, da kam Conrad dazu und umarmte sie beide. Zu dritt verloren sie tatsächlich das Gleichgewicht, und einer zog den anderen zu Boden. Dann saßen sie alle im Gras, hielten sich umfangen und brabbelten Dinge, die Ramsey nicht genau verstehen konnte.
    Vivien lehnte sich als erste zurück, doch sie ließ eine Hand an Orlandos Gesicht und faßte mit der anderen seinen Arm, als traute sie sich nicht, ihn loszulassen. »Aber wie … Ich verstehe das nicht …« Da sie keine Hand frei hatte, um sich die Augen zu wischen und die Nase zu putzen, konnte sie nur zwinkern und laut schniefen. »Das heißt, ich verstehe schon – Herr Ramsey hat es uns ja erklärt oder es wenigstens versucht, aber …« Sie zog seine Hand an ihre Wange, küßte sie. »Bist du sicher, daß du es bist?« Ihr Lächeln war schief, in ihren Augen glänzten Furcht und Hoffnung. »Ich meine, wirklich du?«
    »Ich weiß nicht.« Orlando betrachtete sie, als hätte er vergessen, wie sie aussah, und nur einen kleinen Moment Zeit, sich ihre Züge aufs neue einzuprägen. »Ich weiß nicht. Aber ich fühle, als wär ich’s. Ich denke, als wär ich’s. Ich hab … ich hab bloß keinen richtigen Körper mehr.«
    »Da unternehmen wir was.« Conrad Gardiner hatte ein verzerrtes Grinsen im Gesicht und hielt Orlandos anderen Arm mit beiden Händen fest. »Spezialisten … irgendwer muß …« Dann stockte er und konnte nicht mehr weiterreden.
    Orlando lächelte. »Glaub mir, dafür gibt’s keine Spezialisten. Vielleicht eines Tages mal.« Sein Lächeln verzitterte ein wenig. »Wir sollten froh sein über das, was wir haben.«
    »Oh, Orlando, das sind wir«, versicherte seine Mutter.
    »Denkt euch … denkt euch, ich wär im Himmel. Nur mit dem Unterschied, daß ihr mich besuchen könnt, wann ihr wollt.« Wieder liefen ihm Tränen über die Wangen. »Wein doch nicht, Mama! Da scän ich total ab.«
    »Entschuldige.« Sie ließ ihn kurz los, um sich mit dem Ärmel ihrer Bluse die Tränen abzutupfen, dann hielt sie inne und starrte den Ärmel

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