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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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des Netzwerks brach zusammen, buchstäblich in Stücke, aber der ganze Vorgang ist mir immer noch unbegreiflich. Ich grapschte verzweifelt nach irgendeinem rettenden Halt, so wie sich eine Ertrinkende an ein Stück Holz zu klammern sucht, auch wenn es viel zu klein ist, um sie zu tragen.
    Doch was ich fand, konnte uns tatsächlich davor bewahren, in der Chaosflut zugrunde zu gehen. Wie soll ich das erklären? Wenn ich die Hoffnung hätte, daß jemand anders als ich diese Gedanken eines Tages hören könnte, würde ich mir vielleicht mehr Mühe geben, aber das vermag ich nicht zu glauben.
    Es war … etwas. Es ist gleich, wie ich es benenne, denn Worte können es nicht fassen. Ich kann sagen, es war ein Lichtstrahl, ein silberner Faden, ein zusammenhängendes Energieband. Irgendeine Verbindung zwischen dem Ort, wo wir waren, und … irgendwo anders, mehr konnte ich nicht erkennen. Am nächsten kommt dem vielleicht die Erfahrung in der Stätte der Verlorenen, als ich durch das Nichts einen hauchfeinen Kontakt zu !Xabbu am anderen Ende aufnehmen konnte. Aber diesmal schien niemand am anderen Ende des leuchtenden Bandes zu sein. Während ringsherum alles zu sinnlosen Einzeldaten zerfiel, blieb nur dieser lichte Faden bestehen, obwohl auch er langsam an Schärfe verlor. Ich griff danach – abermals reichen Worte nicht hin –, wie ich es seinerzeit mit der Verlängerung von !Xabbus Persönlichkeit gemacht hatte, und hielt fest. Ich versuchte, meine Gefährten innerlich bei mir zu behalten, Renie, Florimel, Paul, alle, versuchte in dem Datensturm ihre Muster zu erkennen, damit ich sie an dieser dünnen Rettungsleine mitnehmen konnte. Aber die Fähigkeiten, die ich in der Beziehung besitze, haben nichts mit Wissenschaft zu tun, eher mit Kunst, und abermals versagen die Worte. Wenn ich das, was ich manchmal vermag, jederzeit nach Belieben abrufen könnte, wäre ich einer der Götter dieses Netzwerks. So gelang es mir nur, wenige zu retten.
    Wir kamen also durch und fanden uns unvorbereitet in Kunoharas Welt in einem nächtlichen Gewitter wieder, und zwar in denselben Sims wie am Anfang, als wir in das System eintraten, aber bekleidet mit identischen Overalls, auf denen vorn auf der Brust die Aufschrift ›Der Stock‹ angebracht war, anscheinend eine Art standardmäßig vorgegebener Anzug hier. Schade, daß wir nur die Anzüge und nicht auch die Forschungsstation erhielten. Ein Dach und schützende Wände wären sehr angenehm gewesen. Statt dessen verkrochen wir uns vor dem mörderischen Regen unter Blättern und waren dort natürlich leichte Beute für Monsterinsekten und andere Tiere, die sich durch das Wetter nicht vom Jagen abhalten ließen. Tatsächlich wären wir beinahe von einer solchen Bestie gefressen worden, ehe Paul Jonas und Kunohara eingriffen. Ich bin froh, daß ich das Ding nicht sehen konnte. Seine Größe und Stärke zu spüren war schlimm genug.
    Und jetzt sind wir hier in Kunoharas Haus, wo wir nach kurzem Schlaf viele Stunden lang geredet haben. Ich bin schon wieder müde, sollte aber noch ein bißchen weitermachen, während die anderen schlafen, denn wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit habe, meine Erlebnisse zu ordnen. Dieses Netzwerk widerspricht jedem Begriff von natürlicher Trägheit – wenn hier etwas geschehen kann, dann wird es mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit auch geschehen.
    Als wir in der relativen Sicherheit dieser eigenartigen Blase erwachten, erzählten wir Paul, was sich seit unserer Trennung auf dem Berggipfel zugetragen hatte. Ich vermute, daß ich ihn auf dieser leuchtenden Bahn irgendwie mitziehen konnte. Kunohara wollte sich nicht dazu äußern, durch was für eine Verbindung wir hierhergeführt wurden, aber ich habe meine … Nein, ich will der Reihe nach berichten.
    Auf jeden Fall ist unser Gastgeber ein komischer Kauz. Den ganzen Nachmittag über sprach er einem virtuellen alkoholischen Getränk zu, das er uns kommentarlos anbot. Nur T4b sagte ja, trank aber sein Glas nicht aus. Kunohara wirkt überspannt und fatalistisch – das Wissen, daß er hier gefangen und den gleichen Schrecken und Lebensgefahren ausgesetzt ist, mit denen wir schon seit Wochen leben, scheint ihm schwer zu schaffen zu machen.
    Wie wir Paul erklärten, mußten Florimel, T4b und ich nicht nur feststellen, daß es uns wieder in Kunoharas Mikroweit verschlagen hatte, sondern darüber hinaus, daß zwei Gralsbrüder mitgekommen waren. Sie erschienen nicht mehr als ägyptische

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