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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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betrunkene Melancholie verströmt …
    So, die anderen werden wieder wach, und es gibt viel zu bereden. Ich werde diese Gedanken später fortführen müssen.
    Code Delphi. Hier aufhören.«
     
     
    > Paul staunte darüber, wieviel besser er sich einfach durch den Umstand fühlte, daß Martine und die anderen um ihn herumsaßen. Kunohara hat recht, ich kenne diese Leute kaum, dachte er bei sich. Aber mein Gefühl sagt etwas anderes.
    »Also, Herr Kunohara.« Martines Stimme klang scharf. »Vielleicht bist du jetzt an der Reihe, uns ein wenig zu erzählen. Immerhin ist dein Leben ebensosehr in Gefahr wie unseres.«
    Kunohara gab ihr mit einem Lächeln recht. »Ich habe euch nie etwas getan. Wie ich deinen Freunden seinerzeit sagte, war es schon ein Wagnis, mit euch zu sprechen. Feinden, wie ihr sie habt, versucht jemand wie ich aus dem Weg zu gehen.«
    »Du kannst ihnen nicht mehr aus dem Weg gehen«, erklärte Florimel nachdrücklich. »Also sprich mit uns. Was weißt du über dies alles?«
    Kunohara seufzte und verschränkte die Beine. Draußen vor der Blase nahm der schwarze Himmel im ersten Morgengrauen einen violetten Ton an. Der Fluß war fast ganz von Nebelschwaden verhangen, so daß es war, als trieben sie in einem Ballon durch die Wolken. »Ich werde euch sagen, was ich kann, aber viel ist das nicht. Wenn ihr nicht bereits wißt, wer ich bin und wie es mich hierher verschlagen hat, sehe ich keinen Sinn darin, es darzulegen. Ich habe dieses Environment gebaut, weil ich es mir leisten konnte, und habe lange in einem höchst labilen Frieden mit der Gralsbruderschaft gelebt. Ich will nicht so tun, als hätte ich nicht gewußt, was diese Menschen treiben oder was für Verbrechen sie begangen haben, aber ich persönlich habe mich nicht mit Schuld beladen. Es ist nicht meine Pflicht, die Welt zu retten.«
    Florimel gab einen leisen Ton von sich, der ein unwirsches Knurren gewesen sein mochte, doch Kunohara ging nicht darauf ein.
    »Das einzige, was ich wollte und immer noch will, ist meine Ruhe. Ich mache mir nichts aus Menschen. Es bedrückt mich, mit ansehen zu müssen, wie aus meinem stillen, abgeschiedenen Quartier auf einmal eine Kaserne geworden ist, aber das ist jetzt nicht zu ändern. Es ist schwer, Leute einfach zu ignorieren, die ständig bei einem im Vorgarten auftauchen, so gern man es auch tun würde.«
    »Du sagtest, du wüßtest, was die Gralsbruderschaft bezweckt«, sagte Martine. »Erzähle es uns. Wir waren bis jetzt auf Vermutungen angewiesen.«
    »Ich denke, ihr müßtet inzwischen eigentlich alles wissen, was ich weiß. Sie haben sich eine Unsterblichkeitsmaschine gebaut und haben gemordet, um sie geheimzuhalten, obwohl ihnen das bis jetzt wenig geholfen hat. Bei ihrer ganzen Planung haben sie diesen Irren nicht berücksichtigt, diesen ehemaligen Diener von Felix Jongleur, dem es nach dem, was ihr erzählt, offenbar gelungen ist, das Betriebssystem in seine Gewalt zu bringen.«
    »Aber was ist das System?« fragte Florimel. »Es hat diesen komischen Namen. Es wird ›der Andere‹ genannt. Was ist es?«
    »Wahrscheinlich wißt ihr mittlerweile mehr darüber als ich.« Ein sparsames Lächeln erschien auf Kunoharas Gesicht. »Jongleur hat nicht einmal die anderen Gralsbrüder in das Geheimnis eingeweiht. Wie es konstruiert wurde, wie sein modus operandi ist, das weiß nur Jongleur. Es ist, als wäre es aus dem Nichts entstanden.«
    »Es ist nicht aus dem Nichts entstanden«, warf Martine ein. »Ich selbst bin vor achtundzwanzig Jahren damit in Berührung gekommen.«
    Da er eine ähnliche Bemerkung von ihr auf dem Berggipfel gehört hatte, war Paul der einzige, der nicht überrascht aufschaute. Martine erzählte kurz ihre Geschichte. Trotz ihrer ruhigen, sachlichen Stimme konnte man noch die Angst des einstigen Kindes darin nachschwingen hören.
    Kunohara war sichtlich verwundert. »Das heißt, es mag konstruiert sein, wie es will, jedenfalls ist Jongleur seit gut drei Jahrzehnten auf irgendeine Weise dabei, es zu programmieren. Als wollte er ihm das Menschsein beibringen.« Er runzelte nachdenklich die Stirn. Seine seltsame Stimmung schien abgeklungen zu sein, wenigstens für den Augenblick. »Irgend etwas muß er dadurch gewonnen haben, daß er das menschliche Bewußtsein nachgeahmt und als Grundlage für sein System genommen hat.«
    »Genau!« rief Paul vehement. »Gott, das hatte ich fast vergessen. Dieser Azador – Renie und !Xabbu sind ihm auch begegnet –, der hat mir erzählt, daß das

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