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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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System die Gehirne von Kindern benutzt, von Zigeunerkindern und auch von … wie drückte er sich aus? Den Ungeborenen?« Die Erinnerungen waren dunkel, getrübt von seinen traumähnlichen Erlebnissen auf der Lotosinsel. »Warum guckst du so erstaunt?« fragte er Kunohara, der ihn entgeistert ansah. »Wir wußten doch, daß sie Kinder für irgendwas mißbrauchen. Schließlich ist das der Grund, der die meisten meiner Freunde hierhergeführt hat.«
    Kunohara merkte, daß er stierte, und stocherte zur Ablenkung im Feuer herum. »Demnach hätten sie so etwas wie ein Netz zusammengeschalteter menschlicher Gehirne gebaut?«
    »Aber was bedeutet ›ungeboren‹?« Florimel schien ihre Ungeduld nur mit Mühe beherrschen zu können. »Totgeborene Kinder? Abgetriebene Föten?«
    »Wir haben nur die Behauptung von … von diesem Mann, den Jonas erwähnt hat«, sagte Kunohara. »Aber es würde mich nicht wundern, wenn die elementarste Matrix neuronaler Knoten aus solchen in keiner Weise vorgeprägten Gehirnen bestände, ja.« Er schüttelte sich. »Dieser Südamerikaner, Klement, hat sein Vermögen auf dem Schwarzmarkt für menschliche Organe gemacht.«
    »Chizz, daß die alten Scänner ex sind«, erklärte T4b voller Abscheu. »Mehr Schmerzen hätt ich diesen Gralssäcken beim Abgang noch gewünscht, irgendwie.«
    »Eine schauderhafte Vorstellung«, empörte sich Florimel. »Schauderhaft. Aber wofür sollten sie außerdem noch lebende Kinder brauchen? Wofür sollten sie jemand wie Renies Bruder brauchen oder … oder wie meine Eirene?«
    »Oder Matti«, ergänzte T4b. »Bloß’n armer kleiner Mikro – hat niemandem nie nix getan.«
    »Schwer zu sagen«, meinte Kunohara. »Vielleicht können sie aus einem weiter entwickelten Gehirn noch einen anderen Nutzen ziehen.«
    »Wie stellen sie es überhaupt an?« wollte Florimel wissen. »Man kann nicht einfach jemandem das Bewußtsein auslutschen, so wie ein Vampir Blut saugt. Dieses Ding hier ist der Gipfel des Wahnsinns, aber dennoch gehorcht es bestimmten Regeln. Es existiert im realen Universum der Physik…«
    »Ich möchte Herrn Kunohara eine andere Frage stellen.« Martines leiser, aber fester Ton stellte Florimel ab wie einen Wasserhahn. »Du meintest, wir wüßten alles über dich, was wir wissen müssen, aber ich habe meine Zweifel. Wenn sonst nichts, sind da zumindest noch die Rätsel, die du uns aufgegeben hast. Warum? Und was hatten sie zu bedeuten?«
    Kunohara musterte sie kühl. Es war interessant und auch ein wenig deprimierend, fand Paul, zu beobachten, wie rasch der Besitzer dieser Simwelt Martine als seine stärkste potentielle Opponentin ausgemacht und Paul und die anderen als Statisten abgetan hatte. »Auf meine Art habe ich zu helfen versucht. Ich bin, ehrlich gesagt, einer, der gern mitmischt, und letztlich wohl doch nicht der perfekte Einsiedler. Ihr seid unschuldig wie Lämmer durch meine Welt gehoppelt, und da wollte ich euch ein bißchen auf die Sprünge helfen. Aber wie gesagt, ich durfte nicht wagen, euch zu offensichtlich zu unterstützen. Wenn ich hier wie auch in der realen Welt unbehelligt geblieben bin, liegt das hauptsächlich daran, daß ich Jongleur und seiner Clique gleichgültig war.«
    »Gut, du hast uns also mit Rätseln traktiert.« Martine lehnte sich mit undurchdringlicher Miene zurück. »Dollos Gesetz und … was war das andere? Irgend etwas Japanisches. Kimono … oder so ähnlich.«
    »Kishimo-jin.«
    »Ah! Dollos Gesetz ist mir irgendwann eingefallen«, sagte Florimel, »auch wenn es lange gedauert hat. Wir hatten es an der Universität in Biologie. Es besagt so etwas wie, daß die Evolution nicht rückwärts geht – aber was wir damit anfangen sollten, ist mir immer noch unklar.«
    »Das Leben entwickelt sich nicht zurück.« Kunohara schloß die Augen und nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Die Evolution bewegt sich nicht rückwärts. Wenn einmal eine bestimmte Komplexität erreicht ist, wird sie nicht mehr rückgängig gemacht. Positiv ausgedrückt heißt das, daß die Komplexität tendenziell zunehmen wird, daß das Leben, oder sonst eine selbstorganisierte Struktur, nur immer kompliziertere Formen annehmen wird.«
    »Schule?« stöhnte T4b. »Ham wir hier Schule? Ext mich lieber gleich, das tut weniger weh.«
    Martine beachtete ihn gar nicht. »Und was willst du damit sagen?«
    »Daß das System komplexer wird, als selbst die Bruderschaft ursprünglich beabsichtigt hat. Meine Vermutung war, daß das Betriebssystem eine

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