Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)
Ian ihn trotz allem gebeten hatte, war negativ ausgefallen. Obwohl Faith es erwartet hatte, verspürte sie doch eine nagende Enttäuschung und wurde sich wieder einmal der Unzulänglichkeiten ihres eigenen Körpers bewusst.
Anschließend hatte Dr. Decker jedem eine weitere Blutprobe abgenommen, die in einer Kühlbox landeten und ihn ebenfalls nach Brisbane begleiteten. Das Ergebnis der Untersuchungen würde eine gute Woche dauern und er hatte sich schließlich wieder in sein kleines Flugzeug gesetzt, um sich auf den Rückweg zu machen. Der restliche Tag war ohne weitere Zwischenfälle verlaufen.
Ian hatte Faith regelrecht auf ihr Zimmer geschickt, damit sie sich hinlegte und ausruhte. Er selbst war mit Samantha los geritten, um den Männern entgegen zu reiten, die sich mit den Schafherden auf dem Rückweg befanden. Irgendwann gegen Abend hatte Faith schließlich Lärm und Stimmen vernommen, war aufgestanden und hatte sich neben Elaine auf die Veranda begeben.
Überall waren Schafe.
Es war unmöglich auch nur ansatzweise zu schätzen, wie viele es wirklich waren. Die Männer saßen auf ihren Pferden, pfiffen den Hunden knappe Befehle zu und trieben die lärmende, blökende Masse zu der riesigen Scheune hinüber. Faith konnte Ian und Samantha auf ihren Pferden erkennen, die sich mit der gleichen Selbstverständlichkeit zwischen den Schafen hindurch bewegten, wie die Arbeiter. Jeder wusste wo sein Platz war und was er zu tun hatte.
Es hatte keine halbe Stunde gedauert, bis der größte Teil der Wolllieferanten in der Scheune verschwunden war und die Hunde nur noch die letzten Nachzügler hinein trieben. Mit schmutzigen, aber zufriedenen Gesichtern waren die Männer schließlich ins Haus gekommen, hatten Faith mit zotigen Sprüchen begrüßt, Elaine an sich gedrückt und sich rund um den großen Eichentisch im Essbereich nieder gelassen. Lautes Lachen und derbe Witze hatten für die nächsten Stunden das Haus erfüllt und Faith hatte eine Weile vergessen können, dass Ian immer noch ärgerlich auf sie war.
Sie war erst spät ins Bett gekommen und dennoch hatte sie hören können, wie die Männer noch bis in die Nacht hinein zusammen saßen und scherzten. Irgendwann gegen Mitternacht war es still geworden und sie hörte Ian die Treppe herauf kommen. Er hatte kurz vor ihrer Tür verharrt und war schließlich weiter gegangen. Seither hatte sie wach gelegen und hoffte immer noch darauf, dass er zu ihr kam.
Ihr war längst klar, warum er wütend auf sie war und sie hatte die letzten Stunden damit zugebracht sich zu fragen, wie ihre Zukunft aussehen mochte. Wenn sie Ian weiter ihr Vertrauen absprach, konnte sie auch irgendwann zurück nach Brisbane gehen, sich in ihre Arbeit stürzen und Zeit ihres Lebens unglücklich sein.
Ian mochte nicht ihre erste Liebe sein, aber er war der Mann mit dem sie ihr Leben verbringen und alt werden wollte. Er war vielleicht der einzige Mensch, der zu ihr stand. Wenn sie sich ehrlich fragte, ob sie ihn für jemanden hielt, der sie fallen lassen würde, sobald er die Wahrheit über sie erfuhr, dann konnte sie sich diese Frage direkt mit einem Nein beantworten.
Er war bärbeißig und konnte durchaus unhöflich werden, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte. Aber sie glaubte ihn mittlerweile gut genug zu kennen, um zu wissen, dass er sie nicht auf Grund ihrer Vergangenheit fallen lassen würde. Ian machte kein Geheimnis aus seinen Gefühlen für sie. Jeden Tag sagte er ihr, dass er sie liebte und sie zahlte es ihm zurück, indem sie ihm so wenig wie möglich von sich verriet.
Wenn da nur nicht die nagende Frage in ihr wäre, die sie beschäftigte seit sie sich in ihr Zimmer zurückgezogen hatte.
Was war mit Sam?
Sie konnte sich erinnern, dass die Vierzehnjährige ihr noch erzählt hatte sie sei adoptiert. Es gab so viele kleine Ungereimtheiten, so viele winzige Hinweise die sie mit einer unmöglichen Hoffnung erfüllten. Hätte sie doch nur dieses Muttermal nicht bei Samantha entdeckt, dass sie mit Gedanken erfüllte, die gar nicht sein konnten. Aber was wenn doch? Was wenn ... ? Die Ungeheuerlichkeit dieses Hirngespinstes raubte ihr schlichtweg den Atem.
Sie musste endlich die verrückten Ideen aus ihrem Kopf verbannen und lernen ehrlich zu dem Menschen zu sein, der sie liebte. Vielleicht war es ein Risiko, sich ihm zu offenbaren, vielleicht würde er sie von sich stoßen. Aber sie konnten niemals glücklich miteinander werden, wenn Faith schwieg und ihre Vergangenheit auf ewig
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