Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)

konnte ich auch ohne Wut an Tom zurück denken. Ich erinnerte mich, wie er mich fast jeden Tag vor Sonnenaufgang weckte. Dann ging er mit mir raus auf die Veranda und hielt mich ganz fest, wenn die Sonne sich über den Horizont schob. Er hat mich geküsst und mir jedes Mal gesagt wie sehr er mich liebt und das für ihn täglich die Sonne aufgeht, sobald er morgens die Augen aufschlägt und mich neben sich sieht. Trotzdem wusste ich erst wirklich, wie viel Glück ich hatte, als ich ihn verloren habe.“
     
    „Es tut mir so leid“, flüsterte Faith rau. Henny winkte ab.
    „Schon gut. Weißt du, Ian und Tom waren sich sehr ähnlich“, bemerkte sie. „Ian ist ernsthafter und manchmal ein bisschen brummig, was schon daran liegt, das er der Ältere der Beiden war. Er hat früh Verantwortung übernehmen müssen, weil sein Dad vor zwanzig Jahren starb. Aber tief in sich drin ist er genauso gestrickt wie Tom es war. Ich glaube, er liebt dich wirklich.“
    „Ich weiß“, hauchte Faith. Henny grinste.
    „Nein, ich meine, er liebt dich so, wie Tom mich geliebt hat. Marilyn hat Ian damals geblendet und um den Finger gewickelt, weil sie das mit fast jedem Kerl machen konnte. Aber dich liebt er ganz tief in sich drin.“ Sie lachte leise. „Ich hoffe du verstehst, was ich meine.“ Seufzend nickte Faith und spürte wie Wärme sich in ihrem Bauch ausbreitete.
    „Tom fehlt mir. Aber er ist auch immer noch da. Wenn ich in Jamies Augen sehe, sehe ich meinen Mann darin. Wenn Penny lächelt, lächelt Tom mich an. Wir haben uns arrangiert, die Kinder sind aus dem Gröbsten raus und ich weiß die Ranch heute zu führen. An manchen Tagen ist es schwerer als an anderen. Drum kann ich euch wirklich nur raten haltet euer Glück fest. Es kann viel zu schnell vorbei sein.“
    Sie schwiegen eine Weile und hingen ihren Gedanken nach.
    „Darf ich dich etwas fragen?“, wollte Faith wissen. Henny hob den Kopf und sah zu Faith hinüber.
    „Ja natürlich.“
    „Du scheinst Marilyn nicht sehr zu mögen. Überhaupt ist hier niemand besonders gut auf sie zu sprechen. Wie haben Ian und sie sich überhaupt kennen gelernt?“
    Faith sah Hennys Zähne aufblitzen, als diese zu ihr rüber grinste.
    „Sie ist hier draußen aufgewachsen“, erwiderte sie. „Marilyns Vater gehörte eine kleine Ranch, die an das Land der Ridgleys grenzte. Ein sehr netter Mensch. Seine Frau war früh gestorben und er hat Mary allein aufgezogen. Sie hatten es nicht leicht und mussten jeden Cent dreimal umdrehen. Aber Mary war ehrgeizig und sie war sich sehr früh darüber bewusst, was sie wollte und in erster Linie wollte sie raus aus der Armut, in der sie sich befand.“ Sie zuckte mit den Schultern.
    „Ich gebe es zu, ich habe sie nie besonders gemocht. Sie war schon als Kind intrigant und hinterhältig, hat Gerüchte gestreut und versucht Menschen gegeneinander auszuspielen. Doch sie war hübsch und das wusste sie genau und hat es zu ihrem Vorteil genutzt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Ians Dad mal zu seinen Söhnen sagte, sie sollen die Finger von ihr lassen, das Mädchen tauge nichts. Aber hier draußen ist man froh um jeden Spielkameraden, da blieb es nicht aus, das man den Kontakt zueinander pflegte. Die Jungs haben bei Mary alle Stielaugen bekommen und als wir älter wurden hat sie sich mehr und mehr in Szene zu setzen gewusst.“
    Henny seufzte.
    „Die Ridgleys waren mal die reichsten Rancher in der Gegend. Als Ian seiner Mutter eröffnete, dass er Mary heiraten würde, ist die aus allen Wolken gefallen. Aber was wollte sie machen? Er war erwachsen. Ians Dad wäre ausgeflippt, wenn er das noch erlebt hätte. Elaine hat sich aus den Beziehungen ihrer Jungs immer raus gehalten, weil sie der Ansicht war, dass diese ihre eigenen guten und schlechten Erfahrungen sammeln mussten. Letztlich hat sie ihr Gefühl doch nicht betrogen, was Mary betraf. Die hat keine Gelegenheit ausgelassen Ian mit jedem Mann zu betrügen, der seinen Fuß auf die Ranch setzte. Selbst Tom hat sie versucht zu verführen, das war auch der Grund für den Krach zwischen den Beiden. Wir haben alle aufgeatmet, als Ian sich vor fünf Jahren von ihr scheiden ließ und sie sich einen neuen Mann in Brisbane gesucht hat. Aber sie hat sich die Scheidung teuer bezahlen lassen und Ian hat sein Vermögen fast vollständig auf sie überschrieben, nur damit er Sam behalten konnte.“
    „Das erklärt einiges“, meinte Faith nachdenklich. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Henny erhob