Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)
tat. Aber sie war wie erstarrt.
Seit fünfzehn Jahren musste sie für sich selbst sorgen. Sie hatte gelernt, dass sie nur auf einen einzigen Menschen vertrauen konnte. Das es niemandem gab, der für sie ein stand. Das niemand sich wirklich für sie interessierte. Faith hatte die meiste Zeit nur sich selbst gehabt und sie war zu lange allein gewesen.
Es war befremdlich den Gedanken zu akzeptieren, dass sie genau das nicht mehr sein sollte. Fast ihr ganzes Leben hatte sie sich nichts mehr gewünscht, als sich geborgen und daheim zu fühlen. Angekommen inmitten von Menschen die sie liebten wie sie war, die sie einfach akzeptierten. Doch nun wo sich ihr genau dies bot, machte es ihr auch Angst. Mit dieser neuen Wirklichkeit musste sie sich erst arrangieren.
Sie wollte nach vorn blicken, ohne Wut und Kummer, aber das funktionierte nur, wenn sie ihre Vergangenheit hinter sich ließ. Sie liebte Ian, sie liebte Samantha und auch Elaine und Henny wurden zunehmend wichtiger für Faith. Sie wollte wieder nach Hause.
Fröstelnd drehte sie sich auf die Seite und zog die Tagesdecke über sich. Blicklos starrte sie vor sich hin. Nachdem sie fast zwei Tage kein Auge zugemacht hatte, war sie nun restlos erschöpft.
Faith fühlte sich scheußlich und ihr war schlecht. Vielleicht wurde sie krank?
Nein, sie wusste was es war.
Der Streit mit Ian. Auch wenn sie ihm geschrieben hatte, lastete es auf ihr und sie wollte die Unstimmigkeiten zwischen ihm und sich so schnell wie möglich aus der Welt schaffen. Das bevorstehende Gespräch mit ihrer Mutter war ein weiterer Punkt. Nur bei dem Gedanken daran bekam sie schon Bauchweh.
Doch das Schlimmste war der Brief.
Ein Anschreiben der Kanzlei Harris Association. Er enthielt eine Ladung zu einem Anhörungstermin vor Gericht, der in einer Woche stattfinden solle.
Marilyn Harris klagte das alleinige Sorgerecht für Samantha gegenüber ihrem Ex-Mann Ian Ridgley ein. Als Samanthas angebliche, leibliche Mutter sollte Faith erklären, warum sie sich offensichtlich mutwillig und in betrügerischer Absicht Zugang zu Samantha verschafft hatte, die sie doch vor vierzehn Jahren zur Adoption frei gab.
Zum Teufel mit Marilyn und wieso wusste die überhaupt davon?
Diese Nachricht war das i-Tüpfelchen auf ihrer Antipathie-Liste gegenüber Ians Ex-Frau und sie fragte sich besorgt, was wohl in Ian und Samantha vor sich gehen mochte, die sicher ein ähnliches Anschreiben erhalten hatten.
Das Letzte was sie wollte, war das ein Sorgerechtsstreit um Samantha entbrannte. Sie selbst verzichtete ihrer Tochter zuliebe gerne auf jedes Mitspracherecht, solange es Samantha gut ging. Allerdings bezweifelte sie, dass Marilyn auch nur ansatzweise die richtige Person war, um einem Teenager ein Vorbild zu sein.
Entkräftet schloss Faith die Augen.
Morgen musste sie Ian anrufen und mit ihm sprechen. Falls er ihr noch zuhören würde.
Sie war müde.
Ein monotoner, sich ständig wiederholender Ton zerstörte die Bilder in die sie eingetaucht war. Gerade noch hatte sie neben Ian auf der Veranda gesessen und im nächsten Augenblick verschwamm die Umgebung vor ihren Augen. Murrend wälzte sie sich auf die andere Seite und wurde sich bewusst darüber, dass sie im Bett lag.
Orientierungslos schlug Faith die Augen auf, registrierte verwirrt das Dämmerlicht des Morgens das durch die Jalousien herein fiel und wusste sekundenlang nicht wo sie war. Sie wähnte sich in Ians Bett, aber das war nicht sein Schlafzimmer. Nur langsam sickerte die Erkenntnis in ihr Bewusstsein, dass sie in ihrem eigenen lag. Missmutig fragte sie sich immer noch, woher das seltsame Klingeln kam. Nur langsam konnte sie das Geräusch als das Läuten des Telefons einordnen und war plötzlich hellwach.
Ian!
Sie drehte sich hektisch auf die andere Seite des Bettes, warf die Bettdecke von sich und schwang hastig die Beine über die Kante. Stolpernd und schlitternd lief sie zum Wohnzimmer hinüber. Das letzte Klingeln verklang, als Faith ihre Finger um den Hörer schloss. Sie fluchte leise, fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht und schüttelte den Kopf.
Natürlich war es möglich, dass er es gar nicht gewesen war, aber das beruhigte Faith keineswegs. Sie schaltete den Fernseher ein, der oft als Hintergrundkulisse die Stille ihrer Wohnung übertönte und schlurfte mit dem schnurlosen Telefon in das Bad hinüber. Als sie eine halbe Stunde später geduscht und mit frisch geputzten Zähnen zurückkam, fiel ihr Blick flüchtig auf die Bilder
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