Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)
lachte auf.
„Mich aufzuziehen?“, wiederholte sie fragend. „Du hast mich nicht aufgezogen, Mutter. Das wurde von dem Personal übernommen und zum Teil von Grandma.“ Plötzlich sackten ihre Schultern hinunter und ihr Blick wurde traurig. „Wie kommt es, dass du mich so sehr hasst?“
„Weil du all das verkörperst, was ich niemals wollte“, gab Ellen kalt zurück. „Ich war gebunden an deinen Vater, weil ich sein Kind austrug. Die Ehe mit ihm war nicht mein erklärtes Ziel in diesem Leben. Doch zumindest konnte ich ihn dazu bringen, uns eine finanzielle Ebene zu schaffen, die es mir erlaubte mein Leben ansatzweise so zu gestalten wie ich es mir wünschte. Wäre ich seinem Flehen nachgekommen, hätte er dich aufgezogen und ich hätte für unseren Lebensunterhalt sorgen müssen.“ Verächtlich taxierte sie Faith. „Er war genauso ein rückgratloser, labiler Mensch wie du und er brauchte meine Führung.“
Faith war kalkweiß geworden und Ian legte ihr erneut eine Hand auf die Schulter. Diesmal schüttelte sie ihn nicht ab.
„Du hast ihn absichtlich von mir fern gehalten?“, fragte sie ungläubig. „Er wollte der Vater für mich sein, den ich mir immer gewünscht habe und du hast ihn daran gehindert?“
„Sein größtes Potential war sein Talent Geschäfte zu machen“, erwiderte Ellen ungerührt. „Es gab keinen Grund ihm Gelegenheit zu geben, sich auch noch als verzärtelnder Vater aufzuspielen. Die ersten drei Jahre habe ich ihn noch gewähren lassen, als er jede freie Minute mit dir verbrachte. Danach war Schluss. Ich wollte keine Tochter, die sich ständig an die Hosenbeine ihres Vaters klammert.“
Zutiefst erschüttert starrte Faith ihre Mutter an und schüttelte den Kopf.
„Ich kann einfach nicht fassen, was für ein böser, niederträchtiger Mensch du bist.“
Ellen hob unbeeindruckt das Kinn und bedachte Faith mit einem erniedrigenden Blick.
„Ich bin Realist. Du warst der Schandfleck, der mein Dasein besudelt hat. Ich habe nie Kinder gewollt und dein Vater hat mich davon abgehalten, dich aus meinem Leben zu entfernen. Geh und verschwinde mit deinem Bastard aus meinen Augen. Dieses Mädchen wird mir hier niemals willkommen sein. Sie wird mich nur stets daran erinnert, welche Schande du über mich gebracht hast.“ Zu erschüttert um noch irgendein Wort hervor zu bringen, stand Faith nur da und blickte in ein Gesicht, das ihr plötzlich fremd und abweisend erschien.
„Die einzige Schande im Leben meiner Mom ist eine Mutter wie du!“
Samantha trat an Faiths Seite, schob ihre Finger in deren kalte Hand und sah Ellen zornig an. Mit mahlenden Kiefern und trotzig vorgeschobenem Kinn bedachte die elegante Frau die drei Menschen ihr gegenüber mit angewiderten Blicken. Ian fühlte sich immer noch wie vor den Kopf gestoßen von dem verbalen Schlagabtausch. Trotzdem schwappte eine Welle aus Wärme und Stolz über ihn hinweg, als er Samantha ansah.
„Raus. Verlasst augenblicklich mein Heim.“
Faith erwiderte den Druck von Samanthas Fingern und trat mit ihrer Tochter an der Hand einen Schritt zurück, um der harschen Aufforderung nachzukommen. Vorsichtig dirigierte Ian die Beiden aus der Sitzgruppe hinaus.
„Deine Kälte wird dich irgendwann zum einsamsten Menschen dieser Welt machen“, stellte Faith leise fest. „Eines Tages bekommt jeder was er verdient.“
Als die Tür der Villa hinter ihnen zuschlug, konnte Faith hören wie Ian tief durchatmete. Sie trat zwischen Samantha und ihm hindurch, ging die Treppe herunter und setzte sich schließlich auf die unterste Stufe. Sie betrachtete ihre Hände. In ihren Fingern lag immer noch der Briefumschlag, den Ellen ihr gereicht hatte und der mittlerweile völlig verknittert war.
„Was für ein Besen.“
Ians Stimme klang wütend.
Blicklos starrte Faith vor sich hin. Sie hatte geahnt, dass die Situation eskalieren würde, wenn sie Ellen zur Rede stellte. Ihr war klar gewesen, dass ihre Mutter nicht viel Liebe für sie empfand. Doch sie hätte niemals mit diesem Ausmaß an Hass und Ablehnung gerechnet. Ihre Augen brannten, aber in ihrem Bauch war immer noch dieser überdimensionale Klumpen aus Beton und Eis. Still ließ Samantha sich rechts von ihr nieder und rückte näher an Faith heran.
„Es tut mir leid.“
Überrascht hob Faith den Kopf und warf Samantha einen fragenden Blick zu.
„Wofür entschuldigst du dich?“, wollte sie wissen. Die Finger ineinander verflochten drückte Samantha mit den Knien ihre Hände
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