Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)
versucht, war aber nach fünf Tagen in Los Angeles gefasst und eingelocht worden, um auf seine Kriegsgerichtsverhandlung in Pendleton zu warten.
Datum der Verhaftung: vor drei Wochen.
Reacher sagte: »Komm, wir müssen mit Maria reden.«
Sie fanden Maria in ihrem Motelzimmer. Ihr Bett wies eine Kuhle auf, wo sie gesessen hatte, um warm zu bleiben, Energie zu sparen, immer wieder auf die Uhr zu sehen, durchzuhalten. Sie öffnete die Tür zögernd, als wüsste sie schon jetzt, dass alle Nachrichten schlecht sein würden. Reachers Gesichtsausdruck musste sie darin bestätigen. Vaughan und er führten sie ins Freie, ließen sie auf dem Stuhl unter ihrem Toilettenfenster Platz nehmen. Reacher holte sich den Stuhl von Zimmer neun, Vaughan den von sieben. Sie stellten die Stühle so auf, dass ein kleines Dreieck entstand.
Reacher sagte: »Raphael war Marineinfanterist.«
Maria nickte wortlos.
Reacher fuhr fort: »Er war zweimal im Irak gewesen und wollte nicht noch mal hin. Also ist er vor fast vier Wochen desertiert und als Erstes nach L. A. gegangen. Vielleicht hatte er dort Freunde. Hat er Sie angerufen?«
Maria schwieg.
Vaughan sagte: »Sie brauchen nichts zu befürchten, Maria. Niemand kann Sie wegen irgendwas belangen.«
Maria sagte: »Er hat fast jeden Tag angerufen.«
Reacher fragte: »Wie war er?«
»Verängstigt. Zu Tode erschrocken. Er hatte Angst davor zu desertieren, und Angst davor, wieder in den Irak zu müssen.«
»Was war im Irak passiert?«
»Ihm? An sich nicht viel. Aber er hat schlimme Dinge gesehen. Er hat gesagt, dass die Leute, denen wir helfen sollen, uns umbringen, und wir die Leute erschießen, denen wir angeblich helfen. Alle anderen murksen sich gegenseitig ab. Auf schlimmste Weise. Das hat ihn verrückt gemacht.«
»Also ist er geflüchtet. Und hat fast jeden Tag angerufen.«
Maria nickte.
Reacher sagte: »Aber dann hat er sich zwei, drei Tage lang nicht gemeldet. Habe ich recht?«
»Er hatte sein Handy verloren. Er war ständig unterwegs, um nicht geschnappt zu werden. Dann hat er sich ein neues Handy gekauft.«
»Wie hat er am neuen Handy geklungen?«
»Weiter verängstigt. Sehr besorgt. Sogar schlimmer.«
»Und dann?«
»Er hat angerufen und erzählt, er habe ein paar Leute gefunden. Oder vielmehr hatten sie ihn gefunden. Sie wollten ihn nach Kanada schaffen. Über einen Ort namens Despair in Colorado. Er hat gesagt, ich solle hierherfahren – nach Hope – und auf seinen Anruf warten. Dann sollte ich zu ihm nach Kanada kommen.«
»Hat er aus Despair angerufen?«
»Nein.«
»Weshalb sind Sie zu den MPs gegangen?«
»Um zu fragen, ob sie ihn aufgespürt und festgenommen haben. Ich machte mir Sorgen um ihn. Aber sie sagten, sie hätten nie von ihm gehört. Sie waren in der Army, er diente beim Marine Corps.«
»Und so sind Sie hierher zurückgekommen, um noch eine Weile zu warten.«
Maria nickte.
Reacher erklärte: »So war’s leider nicht ganz. Raphael ist in L. A. verhaftet worden. Die Marines haben ihn geschnappt. Er hat sein Handy nicht verloren, sondern war zwei oder drei Tage im Gefängnis.«
»Davon hat er mir nichts erzählt.«
»Das durfte er nicht.«
»Und dann? Ist er wieder ausgebrochen?«
Reacher schüttelte den Kopf. »Ich vermute, dass er einen Deal gemacht hat. Das Marine Corps hat ihm die Wahl gelassen: fünf Jahre Knast in Leavenworth oder ein Einsatz als verdeckter Ermittler gegen die Fluchthelfer und ihre Route von Kalifornien über Colorado nach Kanada. Namen, Adressen, Personenbeschreibungen, Methoden, Routen … eben alles, was dazugehört. Als Raphael einverstanden war, haben sie ihn nach L. A. zurückgebracht und laufen lassen. Deswegen haben die MP s gemauert. Sie haben rausgekriegt, was passiert war, und sind dazu vergattert worden, Ihnen keine Auskunft zu geben.«
»Wo ist Raphael also jetzt? Warum ruft er nicht an?«
Reacher antwortete: »Mein Vater war beim Marine Corps. Marines haben einen Ehrenkodex. Hat Raphael Ihnen davon erzählt?«
Maria sagte: »Einheit, Corps, Gott, Vaterland.«
Reacher nickte. »Eine Aufzählung ihrer Loyalitäten in absteigender Reihenfolge. Raphael war vor allem seiner Einheit zu Loyalität verpflichtet. Tatsächlich seiner Kompanie. Im Prinzip nur einer Handvoll Männer. Kerlen wie er selbst.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich glaube, dass er dem Deal zugestimmt hat, aber seinen Auftrag nicht ausführen konnte. Er wollte Kerle, wie er einer war, nicht verraten. Ich glaube, dass er nach Despair
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