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Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Titel: Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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geliebt. Und ich hasse, was mit ihr geschehen ist. Mir kommt’s vor, als hätte ich eine Schwester, die einen Vollidioten geheiratet hat. Sollte sie ihr Eheversprechen halten? Bis zu einem gewissen Punkt, klar, aber nicht weiter.«
    »Wärst du desertiert, wenn du jetzt noch dabei wärst?«
    Reacher schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich den Mut dazu aufgebracht hätte.«
    »Dazu braucht man Mut?«
    »In den meisten Fällen mehr, als du denkst.«
    »Die Leute wollen nicht hören, dass ihre Angehörigen ohne guten Grund gefallen sind.«
    »Ja, ich weiß. Aber das ändert nichts an der Wahrheit.«
    »Ich hasse dich.«
    »Nein, das tust du nicht«, widersprach Reacher. »Du hasst die Politiker und die Kommandeure und die Wähler und das Pentagon.« Dann sagte er: »Und du hasst es, dass David nicht nach seinem ersten Einsatz im Irak desertiert ist.«
    Vaughan wandte sich ab, ließ den Blick über die Straße schweifen. Stand unbeweglich da. Schloss die Augen. So blieb sie lange Zeit stehen: blass, mit leicht zitternder Unterlippe. Dann sagte sie fast flüsternd: »Ich habe ihn darum gebeten. Ihn angebettelt. Ich habe gesagt, wir könnten irgendwo anders auf der Welt ein neues Leben beginnen. Ich habe gesagt, wir könnten neue Namen annehmen, alles Mögliche tun. Aber er wollte nicht. Dieser dumme, dumme Mann!«
    Dann brach sie mitten auf der Straße in Tränen aus, vor ihrem Dienstgebäude. Ihre Knie gaben nach, und sie stolperte einen Schritt auf Reacher zu, der sie in die Arme nahm und fest an sich drückte. Ihre Tränen durchnässten sein Hemd. Ihre Schultern zuckten. Sie umschlang ihn mit beiden Armen, drückte ihr Gesicht an seine Brust. Sie jammerte und weinte um ihr zerstörtes Leben, ihre in Rauch aufgegangenen Träume, den Anruf von vor zwei Jahren, den Besuch des Militärseelsorgers in ihrem Haus, die endlosen Röntgenaufnahmen, die schmuddeligen Lazarette, das stetige Zischen des Beatmungsgeräts.
    Anschließend liefen sie die Straße hinauf und hinunter, ziellos, nur um in Bewegung zu bleiben. Der Himmel war voller tief hängender grauer Wolken, und die Luft roch, als würde es bald zu regnen beginnen. Vaughan trocknete sich das Gesicht mit Reachers Taschentuch und fuhr sich mit allen zehn Fingern durchs Haar. Sie blinzelte, um wieder klar sehen zu können, schluckte trocken und holte mehrmals tief Luft. Sie waren wieder vor der Polizeistation angelangt, und Reacher beobachtete, wie ihr Blick über die zwanzig auf der Klinkerfassade angebrachten Buchstaben glitt. Hope Police Department . Sie sagte: »Warum hat Raphael Ramirez es nicht geschafft?«
    Reacher antwortete: »Ramirez war ein anderer Fall.«

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    Reacher sagte: »Die Sache lässt sich mit einem einzigen Anruf von deinem Arbeitsplatz aus klären. Am besten gehen wir gleich rein und rufen an. Maria hat lange genug gewartet.«
    Vaughan sagte: »Einen Anruf bei wem?«
    »Bei den MPs westlich von Despair. Du bist über sie informiert worden, aber das gilt auch umgekehrt. Deshalb werden sie mit dir zusammenarbeiten.«
    »Was verlange ich von ihnen?«
    »Du forderst sie auf, dir die Zusammenfassung von Ramirez’ Wehrakte zu faxen. Sie werden fragen: Wessen Akte? Du sagst: Bockmist, ich weiß, dass Maria bei euch war, deshalb wisst ihr, wer er ist. Sie war einundzwanzig Stunden lang bei euch – genügend Zeit, um ganze Aktenberge anzufordern.«
    »Was werden wir erfahren?«
    »Ich tippe darauf, dass Ramirez vor zwei Wochen in Haft saß.«
    Das Faxgerät im Hope Police Department, ein massiges altes Teil, das auf einem eigenen Wägelchen stand, war von Anfang an klobig und unelegant gewesen, jetzt wirkte es schmuddelig und abgenutzt. Aber es funktionierte. Elf Minuten nach Vaughans Anruf begann es zu summen und zu surren, dann zog es ein einzelnes Blatt Papier ein und spuckte es bedruckt wieder aus.
    Der Text war nicht besonders lang. Auf dem Blatt stand nur eine denkbar kurze Zusammenfassung. Ein sehr spärliches Resultat einundzwanzigstündiger bürokratischer Bemühungen. Aber es erklärte sich dadurch, dass die Army angefragt und das Marine Corps geantwortet hatte. Die Zusammenarbeit zwischen den Teilstreitkräften war im Allgemeinen nicht sehr kooperativ.
    Raphael Ramirez war Obergefreiter im Marine Corps gewesen und mit achtzehn Jahren erstmals in den Irak entsandt worden. Mit neunzehn hatte er zum zweiten Mal dort gedient. Und mit zwanzig war er desertiert, um nicht zum dritten Mal in den Irak zu müssen. Er hatte unterzutauchen

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