P S: Verzeih mir!: Roman (German Edition)
ertragen kannst, oder eigentlich überhaupt irgendjemand, um ehrlich zu sein. Ich bin erstaunt, dass es nicht als Strafe angewendet wird.«
»Man kann es mehrfach anwenden«, entgegnete er, ohne den Blick von Alex zu wenden, die sofort wegschaute und sich auf eine Schar Seevögel konzentrierte, die aufs Wasser hinabschwebte.
Die Bucht sah um diese Abendzeit völlig verändert aus, nun, da die Dämmerung eingesetzt hatte und das Licht verblasste. Es war, als ob alle Tiere herausgekommen wären, um zu jagen, zu fressen und zu spielen, und nicht auf das Publikum hoch über ihnen achteten. Sie entdeckte ein paar Seehunde, die sich in der Brandung vergnügten, in fröhlicher Selbstvergessenheit sprangen und tauchten, und war wieder fasziniert von der zarten Schönheit des Ortes und der beruhigenden Wirkung, die er auf sie hatte. Es war wirklich ironisch, dass sie ausgerechnet hier auf den Menschen treffen musste, der das genaue Gegenteil von Ruhe verkörperte.
»Also sagt mir noch mal, warum ihr hier seid«, forderte Seth Leonie auf, die sich gerade von ihrer Auseinandersetzung mit der Salsa erholt hatte und nun zu einer zahmeren Guacamole zurückgekehrt war. »Du hast gesagt, ihr versucht jemanden zu finden?«
Leonie sah Alex an, als ob sie sie um Erlaubnis bitten würde, es ihm zu erzählen.
»Wer weiß, vielleicht kannst du uns ja helfen«, sagte sie zu Seth, bevor sie ihm beide abwechselnd alles über die Briefe berichteten und dass sie glaubten, Helena könne in dem Studio in der Cannery Row arbeiten.
Seth schien schockiert. »Du hast die Post von jemand anderem gelesen? Du weißt schon, dass das …«
»Ja, ich weiß, es ist ein Vergehen!«, stöhnte Leonie verzweifelt, bevor sie ihm erklärte, wie und warum sie die Briefe geöffnet hatte. »Je mehr ich dann davon las, desto mehr nahm das Bedürfnis, sie zu finden, ein Eigenleben an.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, es kommt mir einfach so traurig vor, dass sie sie nicht gelesen hat, wo er doch so nett wirkt.«
»Nun, wenn er so nett wäre, sollte er doch eigentlich gar nicht erst nach Vergebung suchen müssen, oder?«, meinte Alex und fragte sich erneut, warum sich Leonie so darauf fixiert hatte. »Vielleicht ist sie ohne ihn viel besser daran.«
»Du weißt doch, dass ich das nicht glaube«, widersprach Leonie. »Aber zumindest könnte sie sich selbst entscheiden, wenn sie eine Chance hätte, sie zu lesen.«
»Da stimme ich dir zu«, sagte Seth voller Gefühl. »Was immer der Typ getan hat, er ist ihr Mann, und dafür, glaube ich, verdient er eine zweite Chance.«
»Ach, komm schon!«, keuchte Alex, während Leonie aussah, als wollte sie unter den Tisch kriechen. »Er hätte doch genauso gut die ganze Zeit herumvögeln können. Was bringt dich dazu, zu denken, dass er eine zweite Chance verdient?«
Außer Fassung von ihrer eigenen Heftigkeit, was das Thema betraf, hätte Alex sich jetzt ohrfeigen können. Sprach sie über Nathan oder über Seth? Wahrscheinlich ein wenig von beiden. Seth in der Nähe zu haben vernebelte ihr Urteilsvermögen, machte sie reizbar und ließ sie sich unwohl fühlen.
Und nachdem sie ein paar Minuten ihren Hauptgang gegessen hatten und Leonie aufstand, um auf die Toilette zu gehen, beschloss sie, ihm das geradeheraus zu sagen.
»Ich ertrage das nicht mehr, Seth. Ich habe lange genug gewartet. Du musst diese Papiere unterzeichnen, und ich muss wissen, wo du bist, damit ich sie dir zukommen lassen kann.«
Als er nichts erwiderte, griff sie nach ihrer Tasche und holte einen Block und einen Stift heraus. »Hier, schreib die Adresse auf, wo du wohnst, und auch die Adresse vom Tauchladen. Diesmal gehe ich kein Risiko mehr ein.«
»Okay.« Seltsam nachgiebig nahm Seth den Stift und tat, wie ihm geheißen. Aus irgendeinem Grund schien sie das noch mehr zu ärgern.
»Warum hast du das denn nicht schon vorher machen können?«, fragte sie gereizt. »Warum hast du mich die ganze Zeit hängenlassen?«
Er zuckte mit den Schultern, doch diesmal verriet seine Körpersprache nichts von der Frechheit von vorher. »Ich habe einfach geglaubt, wir sollten keine übereilten Entschlüsse fassen. Du warst so wütend und …«
»Ich musste das letzte Jahr mein Leben anhalten und versuchen dich zu finden, musste mich fragen, ob ich jemals frei sein würde. Für dich mag es ja keine große Sache sein, für mich aber schon, und solange ich mit dir verheiratet bleibe, kann ich mein eigenes Leben nicht weiterführen.«
»Das kannst
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