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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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nicht! Man musste nur ein wenig aufgeschlossen sein. Vielleicht sollte sie ein solches Bild kaufen und es dem amtierenden Bürgermeister schenken. Statt der üblichen Seestimmung bei Sonnenuntergang, die über seinem Schreibtisch hing, mehr schlecht als recht gepinselt vom marktführenden Landschaftsmaler aus Mohnau.
    Wieder unterdrückte sie ein Kichern. Es war nur die Nervosität. Wo, himmiherrgottsakra, war Matthias? Am hintersten Ende der Theke saß nur ein Paar, er im Anzug, sie in einem unauffälligen Kleid, und in der Nische neben der Bühne tranken zwei Frauen Rotwein. Therese ließ sich in einer der vorderen Nischen nieder. Vorsichtig. Die Sitze waren aus Leder. Mit Gurten an den Rückenlehnen. Schnallte man sich hier an wie im Auto? Und wozu? Vielleicht wirkte es unhöflich oder gar provinziell, wenn man es nicht tat? Und was machte man mit den Handschellen auf dem Tisch?
    »Wollens was trinken, Meisterin?«
    Sie zuckte zusammen. Neben ihr im Schummrigen verneigte sich eine Gestalt in einem langen, altmodischen Kleid, das an Dienstmädchen oder Zofen in alten Filmen erinnerte. Nur, dass es weiter ausgeschnitten war. Sakrisch weit sogar. Und woher, dachte sie verwirrt, wusste diese Zofe, dass sie eine angehende Bürgermeisterin vor sich hatte?
    »Oder wartens noch auf Ihren Sklaven?«
    Kruzifix! Hatte sie sich verhört?
    »Äh, ich wart … auf Matthias, ja. Ein Helles für mich, bitte.«
    »A Helles, selbstverständlich. A Weißwurscht à la Prinz Albert dazu?«
    Meisterinnen, Zofen, Sklaven. Und jetzt auch noch Prinzen. Lieber nicht nachfragen, einfach nur nicken. Hauptsache, die Zofe brachte schnell ein Bier. Ob sie noch ein Stamperl Schnaps dazu …
    »Meisterin, ich glaub, da kommt Ihr Gast!« Die Zofe knickste und huschte zur Seite, und für einen schwindligen, schwachen Moment schloss Therese die Augen. Würde gleich ein Sklave in Ketten vor ihr stehen? Oder gar knien?
    »Hallo!« Eine feste Stimme. Tiefer als am Telefon. Sie öffnete die Augen, nur einen Spalt.
    »Therese? Mon dieu, entschuldige, ich habe nicht gewusst, wie es hier … Was ist das denn? Gurte?« Der Mann lachte ungläubig. Er sprach mit leichtem französischem Akzent. Sie öffnete die Augen etwas weiter. Keine Ketten. Helle Anzughosen über ausladenden Hüften, ein ebenso helles Hemd und eine Lederjacke. Die zu jugendlich wirkte für einen … Jetzt riss sie die Augen auf, sah der Wahrheit ins Gesicht: einen Opa.
    »Äh … du … du … bist Matthias?« Grau sein Haarkranz. Nur noch eine Andeutung von Locken.
    »Was bekommt denn Ihr Gast, Meisterin?« Die Zofe sah Therese fragend an.
    »Ich nehme einen Rotwein, Madame, am besten einen Spätburgunder.« Der Mann mit dem grauen Haarkranz warf der Zofe einen irritierten Blick zu und zwängte sich hinter den Tisch. Sein Oberkörper war beinahe zierlich, erst weiter unten fing das Dilemma an: ein wohlgenährter Bauch, die mächtigen Hüften und ein stattliches Hinterteil. Immerhin war sein Lächeln nett. Trotz seiner Hamsterbäckchen.
    »Entschuldige, Therese, ich habe wirklich nicht gewusst …« Er schüttelte den Kopf, fassungslos. »Weißt du, ich sammle Kunst und bin mit dem Künstler hier verabredet, später.« Mit einem Kinnrucken deutete er auf die Bilder mit den Preisschildchen.
    »Es erschien mir praktisch, dass wir uns auch gleich hier … Liebe Güte, wenn ich geahnt hätte, was das hier für ein Etablissement ist, ich hätte dich nie …« Er stockte, als die Zofe die Getränke brachte, das Bier und den Wein mit einem ehrerbietigen »Bittschön, Meisterin« vor Therese abstellte und wieder davonhuschte.
    »Meisterin?« Matthias lachte. »Die hält dich wohl für eine Dirndl-Domina!«
    Ob sie ihm auch nicht gefiel? Verlegen zog Therese die Kerze zu sich heran, polkte an dem Wachs herum.
    »Cin-Cin, Therese!« Er hob sein Glas und schwenkte es sanft in ihre Richtung. »Wir treffen uns immer unter äußerst seltsamen Umständen, n’est-ce pas?«
    Übertrieb Matthias es nicht ein bisschen mit seinem französischen Akzent? Nur, weil er seit fünfzehn Jahren in Frankreich lebte? Falls es sich bei diesem Monsieur Hamster überhaupt um Matthias handelte. Sie schaute auf, begegnete seinem amüsierten Blick. Und erkannte jetzt erst die Form der Kerze. Jessesmariaundjosef! Sie schob sie entsetzt von sich, spürte, wie sie rot wurde. Zum Glück näherte sich die Zofe, stellte einen Teller vor ihr ab. Weißwürste, mit Senf und Brezn, alles, wie es sich gehörte. Bis auf die kleinen

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