Paarungszeit: Roman (German Edition)
für Neuenthals Hardrock-Kneipe mit bewegter Vergangenheit, eigener Jukebox, nietenbeschlagener Tanzfläche und leicht versifftem Disco-Ambiente. Dort hat Susn Engler anno zweitausendsechs den ersten Preis beim traditionellen Neuenthaler Hardrock-Faschingsball gewonnen, als Fliegenpilz, mit ihrem alten Pilzhut vom Kinderfasching, ansonsten bis zum Hals eng eingetuckert in ein Bettlaken. Eingetuckert hat sie ihr Cousin Quirin, den sie vorher hüftabwärts in ihren Flokati eingenäht hatte (Steinzeitmensch, Platz 14). Da Susn Engler als echter Fliegenpilz keine Arme hatte, mussten ihr alle Getränke eingeflößt werden, wozu sich wohlwollende, meist männliche Freunde bereit erklärten. Auch Anderl, der seine Resi einen Moment vergaß, als Susn mit ihren rosigen Lippen an dem ihr hingehaltenen Schnapsglas nippte. Den Rest des spektakulären Abends musste sich Susn Engler später erzählen lassen. Als sie Timo kennenlernte, litt sie eine Weile unter der Angst, er und seine Eltern könnten von dieser Party, von der man in Neuenthal noch nach Jahren redete, erfahren. Eine Angst, die durch Iglo-Schlemmerfilet und Strapse kuriert wurde, frei nach der homöopathischen Devise: Gleiches mit Gleichem (oder Schlimmerem) heilen.
bieseln: Wasser lassen, auch nach Biergenuss
Biesgurkn: Bezeichnung für Frau, vermutlich aus dem Unbewussten eines anonymen Zeitgenossen unzensiert ans Licht geschlüpft. Das Wort vereinigt in einem kraftvollen schöpferischen Akt den Vorgang des bislang noch neutralen Pinkelns mit dem männlich konnotierten Symbol der Gurke, bevor die Metaebene (Frau) aufscheint, und alles zusammen hätte Sigmund Freud sicher eine ordentliche Gaudi (s.u.) bereitet.
bisou (frz.): Küsschen, Bussi (bay.). Vorstadium von Gnudschen (sächs.)
Britschn: derbe Bezeichnung für Frau, die sich in die Horizontale begibt, durchaus in Verfolgung gewisser Absichten. Vgl.: La grande Horizontale (frz). Vermutlich abgeleitet von Pritsche, Bett. Auch Henry Miller und Hemingway bezeichneten Frauen pragmatisch als Matratzen, was Delphine de Brulée nicht gutheißt, da sie sich viel mehr Mühe mit phantasievollen Vergleichen im Sinne von lodernden Lanzen gibt.
Brunza: Pinkler. Hier wird wiederum das Wasserlassen (auch nach Biergenuss) thematisiert und auf eine dem ursprünglichen Wort entferntere klangliche Ebene transferiert, woraus sich schließen lässt, dass wir es mit einem gleichsam ungestümeren Wasserlassen zu tun haben.
Bug: Vorderteil eines Schiffes oder einer Frau. Nicht bayrisch, hier bedient sich Therese der Seefahrersprache, resultierend aus ihrer Erfahrung mit einem gewissen Baywatch, der aus einer alten Mecklenburger Seefahrerfamilie stammt (und einmal auch versehentlich »refft die Segel!« ausrief, während er in Thereses Takelage turnte).
Buildl: Bild
Cin-Cin: Prost, das französische Pendant zu Oans, zwoa gsuffa (bay.), oder auch: Pröst Gemeinde, Vörstand säuft (sächs.). Auch andere Bundesländer werden beim Zuprosten kreativ, manchmal geradezu poetisch, wie z.B. wir Hessen: Hopp Hopp Hopp, Schobbe (Schoppen) in de Kopp. Dieser Trinkspruch wurde – vermutlich nach zu viel Apfelweingenuss – abgeleitet aus dem politisch motivierten: Hopp Hopp Hopp, Atomraketen Stopp der achtziger Jahre, als auch Therese Englers politische Karriere begann.
Comme on dit en allemand? (frz.): Wie sagt man auf Deutsch? (Hier verhält sich Delphine de Brulée vorbildlich, nicht jeder Franzose stellt diese Frage.)
dad: täte, von duan, tun. Bayerischer Konjunktiv, gern und oft zuvorkommend überall gebraucht, auch dort, wo es dem Sachsen nicht unbedingt angebracht erscheint, dem Hessen merkwürdig und dem Berliner geradezu unmöglich vorkommt, da der Konjunktiv bis Berlin niemals durchgedrungen ist (z.B. in der Form: Wenn Sie so liebenswürdig wären, würden Sie bitte … etc.).
Dadord (sächs.): Tatort. Judda meint hier die Fernsehsendung, die sie damals nie empfangen konnten, da sie im Tal der Ahnungslosen wohnten, jenem Gebiet der DDR, das kein Westfernsehen empfing. Frauentausch, Üwes bevorzugte Sendung, gab es zu DDR-Zeiten noch nicht und hätte ihn damals womöglich auch emotional überfordert.
dahoam: daheim, abgeleitet von: Hoam, Hoamat. Das wichtigste bayerische Wort. Jeder, der ab und zu das Bayerische Fernsehen einschaltet, kennt es: Zwischen zwei Sendungen taucht zuverlässig ein Hallodri (s.u.) vor einer Skipiste auf und sagt: I bin da Sepp und do bin i dahoam – wobei »do« das gesamte Sendegebiet
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