Paarweise
Mütterliche in der Frau zuzulassen. Da fehlt das Mitgefühl für die Schwachen, die Sorge, das Soziale, das eine Kulturgesellschaft kennzeichnet. Ideologie fördert eine einseitige Rolle. Partnerschaftsfähigkeit aber beginnt bei der selbstgesteuerten Ganzheitlichkeit.
Die Lösung liegt in einer Kooperation auf Augenhöhe. Gekennzeichnet vom Respekt gegenüber der Andersartigkeit der Geschlechter.
Fallbeispiel: Die »Putzperle« als Streit-Auslöser
Die Klientin erzählt in der Therapie, sie habe etwas Ungeheuerliches erlebt: Ihr Mann saß lesend auf einem Sessel, während ihre Putzperle Aische den Raum auswischte. Als Aische in seine Nähe
kam, nahm er ohne aufzusehen seine Beine hoch, woraufhin Aische auch an dieser Stelle den Boden putzte. Sobald sie fertig war, nahm er sie wieder herunter.
Als die Haushaltshilfe weg ist, wirft die Klientin ihrem Mann vor, sich ziemlich frauenverachtend verhalten zu haben. Sie beklagt seine Macho-Haltung, die er zwar nicht ihr gegenüber zeige, wohl aber gegenüber Aische. Er zeigt sich erstaunt, sieht in seinem Verhalten überhaupt kein Problem.
Ich enthalte mich einer Beurteilung und schlage vor, das Paar möge Aische fragen, wie sie den Vorgang empfunden hatte.
In der nächsten Sitzung werde ich aufgeklärt: Aische war sogar froh darüber, dass er ihr mit seinem Anheben der Beine hilfreich entgegenkam. Sonst hätte sie warten müssen, bis er gegangen war, um dann den Rest putzen zu können. Sie fand es einfach nur praktisch. Die Klientin war erleichtert. Sie hatte sich den Kopf zerbrochen über das Vorkommnis. Doch die Betroffene selbst sah es ohne jegliche symbolische Bedeutung.
Wer macht etwas falsch?
Eigentlich wollen Mann und Frau ja das Gleiche: auf ihre Weise glücklich sein. Und beide wünschen sich dazu in der Regel eine glückliche Partnerschaft. Sie wollen Anerkennung und Liebe. Angekommen und angenommen sein, heimkommen. Sie suchen in der Partnerschaft eine Zuflucht, in der ihnen Verständnis entgegengebracht und ihnen zugehört wird, in der sie loslassen dürfen, geliebt und respektiert werden, mit all den Eigenheiten. Doch die Realität sieht oftmals anders aus. Viele Partner machen sich das Leben gegenseitig schwer.
Wer ist schuld daran? Die moderne, emanzipierte Frau oder der testosterongesteuerte Mann? Diese Fragen werden oft gestellt. Wohl deshalb, weil im Deutschen die beiden Begriffe Schuld und Verantwortung fatalerweise so verwandt gebraucht werden: Kaum initiiert jemand etwas und es geht schief, heißt es, er sei »schuld«. Dass da jemand Verantwortung übernommen hat, wird häufig ignoriert.
Kommen wir zu den Ursachen des verbreiteten Partnerschafts-Desasters. Niemand, weder Mann noch Frau, macht etwas falsch. Es ist in meinen Augen das System. Wie jedes System besteht auch dieses, das die Partnerschaft steuert, aus komplexen Einflussgrößen.
Was an der Partnerschaft zerrt
Stress von außen
Partnerschaftsstress entsteht häufig durch äußere Faktoren: Mangels Alternativen wird der Stress zuhause bzw. in der Partnerschaft entladen.
Stress und Frustration stammen beispielsweise von Geldsorgen, von ungerechter Behandlung, Beschränkungen, Druck am Arbeitsplatz, Hektik, Zeitnot, unangenehmen Anforderungen, Staus, schlechtem Wetter, Lärm und all den anderen Einflüssen, denen der Mensch in unserer Zeit ausgesetzt ist. Das alles ist Gift für eine Partnerschaft, weil der Partner häufig als Sündenbock herhalten muss, als Amboss für die Vorwürfe dient, die man eigentlich an sich selbst oder an die Umstände richten sollte.
Aus der Frustration wird Stress, dieser erzeugt wiederum Aggression. »Der Mensch ist geladen«, sagt der Volksmund. Aggression wird selten in kreativer Weise entladen oder in gesunde Wut umgemünzt, womit sich dann etwas bewegen ließe. So etwa die Veränderung der Verhältnisse, um die Frustrations-Quellen zu reduzieren, wie z. B. eine Weiterbildung oder der Wechsel des Jobs, mit dem man nicht mehr zufrieden ist. Doch etwas anderes passiert: Die Aggression kippt um in Aggressivität. Wutausbrüche bei ihm, »Nach-Innen-Klappen« bei ihr, mit Weinen, körperlicher Selbstbestrafung, Depressionen, aber auch in Form von Gewalt gegen ihn. »Es läuft nicht so gut bei uns«, höre ich dann in der Paarberatung. Als ob
es ein aktives Es gäbe, dem beide ausgeliefert sind. Doch die Partner gestalten ja ihre Beziehung selbst.
Hier ist Deeskalieren angesagt. Der Generalschlüssel dazu ist die offene Kommunikation. Wo eine
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