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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lermer
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philosophisch und psychologisch trainierter Unternehmer vorwiegend Controller die Maßstäbe setzen. Noch mehr Output, noch bessere Qualität sind durch Kostendruck und Angstkultur machbar, heißt die illusionäre Devise. Wenn es da nicht diese bestimmten Lebensbereiche gäbe, wo Machbarkeit nicht sofort realisierbar ist: z. B. wenn man mit Menschen zu tun hat (Mitarbeiter, Kunden). Wo es mal dialektisch, mal sogar paradox, doch auf alle Fälle organisch zugehen muss, damit das Gelingen als Ernte für vorausgegangenes Bemühen folgen kann.
    Wer die Natur des Menschen respektvoll berücksichtigt, weiß, dass seine physische wie psychische Belastbarkeit begrenzt ist. Zum Bedienen unserer Energiefresser brauchen wir mindestens ebenso viele Energiequellen, um psychoenergetisch »im Plus« zu bleiben. Rutscht unser seelisches Energiehaushaltskonto
für längere Zeit ins Minus, treten über kurz oder lang Symptome auf.
    Als Hilfeschrei des Unterbewusstseins erzeugt dieses entweder eine psychosomatische oder eine neurotische Symptomatik. Im heute verbreitet aus dem Ruder gelaufenen System Eltern-Kind-Beziehung oder im kollektiv durch Umbruch gekennzeichneten System Partnerschaft leiden häufig alle Beteiligten. Zuerst die Kinder, natürlich die beiden Partner, und – oft nicht bedacht – die Elternpaare, das nächste familiäre Umfeld und der Freundeskreis. Anfangs wird es beim betroffenen Paar spürbar an der verkümmerten oder geladenen Kommunikation, an der veränderten Stimmung, der Gereiztheit. Bis der Konflikt unübersehbar wird und wie ein ansteckendes Geschwür alle Beteiligten und das Umfeld befällt und vergiftet.
    Alles muss perfekt sein
    Schädlich für die Partnerschaft ist auch das Ideal der Perfektion, das in unserer Gesellschaft gilt. Alles muss perfekt sein: die Figur, die Nase, das Haus … und der Partner.
    Nicht nur die Kosmetik-Werbung erzeugt Standards, die kaum ein normaler Mensch einhalten kann: Vor allem schöne Menschen sind Vorbilder, ob Popstar, Model oder Schauspieler. Wobei man weiß, dass es kaum noch ein Foto in der medialen Bilderflut gibt, das nicht bearbeitet ist. Operierte Promis verzerren die Wirklichkeit, sodass junge Mädchen heute weltweit mit sich und ihrem Aussehen unzufrieden sind. Diese Vorbilder
sind für weniger stabile Persönlichkeiten schnell eine Quelle für Frustrationen.
    Auch das Verinnerlichen des enormen Leistungsdrucks, der in unserer Gesellschaft herrscht, hat Folgen für die Partnerschaft; an den Partner werden derart hohe Ansprüche gestellt, die von einem einzigen Menschen kaum erfüllt werden können. Also bleiben viele lieber gleich allein oder führen Pseudo-Beziehungen in virtuellen Welten. Oder beide bleiben in ihrer bestehenden Beziehung und hadern täglich mit der miesen Qualität ihrer Partnerschaft, träumen von der Erlösung aus diesem Zustand durch die Zeit. Sie leben gemeinsam so »leidlich« vor sich hin.
    Die Partnerschaft als Opfer der tyrannisierenden Multi-Optionalität
    Gehen wir kurz zurück ins Mittelalter. Damals war der Mensch definiert durch seine Schichtzugehörigkeit, seinen (vererbten) Beruf, seinen privaten Status, seinen Geburtsort, seine Herkunfts-Familie etc. Die Jahrhunderte währende Aufklärung wirkt bis heute, dass man sich wehrte gegen Rollenvorschriften, die bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts reichten. Romane wie »Der Untertan« von Heinrich Mann oder Filme wie »Moderne Zeiten« von Charlie Chaplin zeigen noch Auswüchse. Dann begann das Zeitalter der großen Beziehungsfilme wie »Szenen einer Ehe« von Bergmann oder »Wer hat Angst vor Virginia Woolf?«.
    Und heute? Heute ist der Mensch bei seinem Selbst angekommen,
das er nicht kennt, das aber entscheiden soll, was er will. Natürlich hat alles auch seinen Preis. Aber das Nicht-wissenwas-man-will hat schließlich auch einen Preis: den Preis der Leere, der Sinnlosigkeit, der Orientierungslosigkeit, der Depression, des Schuldgefühls, seine Möglichkeiten zu vergeuden, der Scham, nicht mithalten zu können mit den glücklichen, erfolgreichen Menschen um einen herum oder auf den Bildschirmen. Unser Konsumwahn, das Torkeln durch »Zeit vertreibende« oder »Zeit totschlagende« sinnlose Internet-Seiten, der drogenhafte Medienkonsum etc. offenbaren eine Sinnleere sowie eine kollektive Vermeidung von Selbstverantwortung.
    War früher ein gelungenes Leben gekennzeichnet von einer erfolgreichen Anpassung an die bestehende Ordnung, das Einhalten der Regeln sowie das

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