Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
Carlos.
»Ja, genau«, bestätigt Saga und fährt fort, die Personen in der Loge zu identifizieren. »Das hier ist Pontus Salman, geschäftsführender Direktor des Waffenproduzenten Silencia Defence. Und diese Person hier ist kein Geringerer als Raphael Guidi. Er ist ein bekannter Waffenhändler, seit Langem im Geschäft … in der Branche nennt man ihn den Erzengel, er macht seine Geschäfte vor allem in Afrika und im Mittleren Osten.«
»Und die Dame haben Sie zum Kaffee eingeladen?«, erkundigt sich Benny Rubin.
»Sie heißt Agathe al-Haji«, bemerkt Saga, ohne auf den Scherz einzugehen. »Sie ist Sicherheitsberaterin der sudanesischen Regierung und steht in einem sehr engen Kontakt zu Präsident Umar al-Bashir.«
Benny schlägt mit der flachen Hand auf die Tischplatte und bleckt die Zähne, als Pollock ihm einen gereizten Blick zuwirft.
»Ist es üblich, sich so zu treffen?«, fragt Carlos.
»Ja, ich denke schon«, antwortet Saga. »Bei der Besprechung auf dem Bild ging es um eine große Lieferung von lizenzgefertigter Munition an die sudanesische Armee. Das Geschäft wurde als sicherheitspolitisch relevant eingestuft und wäre zweifellos zustande gekommen, wenn der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag nicht einen Haftbefehl gegen Präsident al-Bashir ausgestellt hätte.«
»Das war 2009, stimmt’s?«, fragt Pollock.
»Ist mir entgangen«, sagt Carlos.
»Es wurde nicht besonders viel darüber berichtet«, sagt Saga, »aber der Haftbefehl wurde wegen direkter Beteiligung an Folter, Vergewaltigung und Völkermord in Darfur erwirkt.«
»Und deshalb ist aus dem Geschäft nichts geworden«, konstatiert Carlos.
»Richtig«, bestätigt Saga.
»Und das Foto? Was ist damit? Nichts?«, fragt Verner.
»Penelope Fernandez scheint jedenfalls nichts Gefährliches darin gesehen zu haben, denn sie hat es an eine Zimmertür gehängt«, bemerkt Saga.
»Dennoch ist es nicht unwichtig für sie – gerade weil sie es gut sichtbar platziert hat«, kommentiert Carlos.
»Das wissen wir nicht, vielleicht hat es ihr auch nur als eine Erinnerung daran gedient, wie es in unserer Welt aussieht«, meint Saga. »Dass es ganz unten einige gibt, die sich für den Frieden einsetzen, und ganz oben stoßen die Mächtigen mit Champagner an.«
»Wir hoffen, Penelope Fernandez bald vernehmen zu können, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass Björn Almskog sie hintergangen hat«, fährt Joona fort. »Vielleicht weiß er mehr über das Foto als Penelope, vielleicht hat er es einfach probiert, jedenfalls benutzt Björn am zweiten Juni in einem Internetcafé eine anonyme Mailadresse und schreibt einen Erpresserbrief an CarlPalmcrona. Die Mail ist der Auftakt zu einer kurzen Korrespondenz: Björn schreibt, dass er weiß, wie peinlich das Foto für Palmcrona sein muss, und dass er bereit ist, es ihm für eine Million Kronen zu verkaufen.
»Eine ganz gewöhnliche Erpressung«, murmelt Pollock.
»Björn benutzt im Zusammenhang mit dem Bild das Wort peinlich«, fährt Saga fort, »weshalb wir bezweifeln, dass er begreift, wie ernst Palmcrona das Ganze nehmen wird.«
»Björn glaubt, die Situation unter Kontrolle zu haben«, sagt Joona. »Dann staunt er nicht schlecht, als er Palmcronas Antwort liest, in der dieser seinen Erpresser warnt. Palmcrona erläutert mit großem Ernst, dass Björn keine Ahnung hat, worauf er sich da eingelassen hat, und fleht ihn schließlich an, ihm das Foto zu schicken, ehe es zu spät ist.«
Joona trinkt einen Schluck Wasser.
»Wie ist der Ton in der Mail?«, fragt Nathan Pollock nach. »Du hast gesagt, dass er ernst ist, aber ist er auch aggressiv?«
Joona schüttelt den Kopf und verteilt über den Tisch hinweg Kopien des Mailwechsels.
»In meinen Augen sind diese Mails nicht aggressiv, nur ernst.«
Tommy Kofoed liest die Mails, nickt, reibt seine pockennarbigen Wangen und notiert sich etwas.
»Was passiert dann?«
»Ehe die Haushälterin am Mittwoch nach Hause fährt, hilft sie Palmcrona, eine Schlinge an der Decke zu befestigen.«
Petter lacht.
»Warum das?«
»Weil er es nach einer Rückenoperation nicht selber tun konnte«, antwortet Saga.
»Na schön«, sagt Carlos und verzieht ein wenig den Mund.
»Am nächsten Tag, um die Mittagszeit … nachdem die Post gekommen ist, nehmen wir an, ruft Palmcrona eine Nummer in Bordeaux an und …«
»Weiter ließ sich die Nummer nicht verfolgen«, wirft Saga ein.
»Die Nummer führt möglicherweise zu einer Telefonzentrale, und das Gespräch wird
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