Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
weitergeben.«
Warme Tränen laufen Penelopes Wangen herab, in Haare und Ohren. Sie hört, wie die Ärztin eine Krankenschwester bittet, eine Injektion von 0,5 Milliliter Morphium-Skopolamin vorzubereiten.
Der Raum sieht aus wie ein gewöhnliches Krankenhauszimmer, ist möglicherweise jedoch ein wenig gepflegter. Auf dem Nachttisch steht ein einfacher Blumenstrauß, an den gelb gestrichenen Wänden hängen helle Bilder. Ein hübsches Bücherregal aus hellem Birkenholz steht voll gelesener Bücher. An diesem Ort haben Menschen unübersehbar viel Zeit zum Lesen gehabt. Der Raum hat keine Fenster, aber hinter einem Vorhang brennt eine Lampe, um von dem Gefühl abzulenken, dass man sich tief unter der Erde in einem Bunker befindet.
Daniella Richards erklärt Penelope freundlich, dass man sie jetzt in Ruhe lassen wird, sie aber jederzeit auf den leuchtenden Alarmknopf drücken kann, falls sie Hilfe benötigen sollte.
»Für den Fall, dass Sie etwas fragen wollen oder einfach ein wenig Gesellschaft brauchen, wird die ganze Zeit jemand hier sein«, sagt sie.
Penelope Fernandez bleibt allein in dem hellen Zimmer. Die warme Ruhe des Morphiums breitet sich in ihrem Körper aus und zieht sie in einen angenehmen Schlaf herab, und sie schließt die Augen.
Es knirscht leise, als eine Frau in einem schwarzen Niqab zwei kleine Figuren aus sonnengetrocknetem Lehm zertritt. Ein Mädchen und sein kleiner Bruder werden unter ihrer Sandale zu Krümeln und Staub. Die Frau mit dem Schleier trägt eine schwere Last aus Getreide auf dem Rücken und merkt nicht einmal, was sie da tut. Zwei Jungen pfeifen, lachen und johlen, dass die Sklavenkinder tot sind, dass nur noch ein paar Säuglinge übrig sind und alle Fur sterben werden.
Penelope verdrängt die Erinnerungsbilder aus Kubbum aus ihrem Gehirn und kurz vor dem Einschlafen hat sie für einenMoment das Gefühl, dass tonnenweise Stein, Erde, Lehm, Beton auf ihr lasten. Es ist, als fiele sie senkrecht in die Eingeweide der Erde, als fiele und fiele und fiele sie.
*
Penelope Fernandez wacht auf, ist aber noch zu schwach, um ihre Augen zu öffnen, das Morphium macht ihren Körper schwer. Sie erinnert sich, dass sie in einem geschützten Raum tief unter dem Landespolizeiamt in einem Krankenhausbett liegt. Sie muss nicht mehr fliehen. Auf die erste Erleichterung folgt eine große Welle aus Schmerz und Sehnsucht. Sie weiß nicht, wie lange sie geschlafen hat, denkt, dass sie wieder wegdämmern könnte, öffnet aber trotzdem die Augen.
Sie schlägt die Augen auf, aber in dem unterirdischen Raum herrscht völlige Finsternis.
Sie blinzelt, sieht jedoch nichts. Nicht einmal der Alarmknopf neben ihrem Bett leuchtet. Es muss einen Stromausfall gegeben haben. Sie will schreien, zwingt sich jedoch, still zu bleiben, als die Tür zum Flur plötzlich klickt. Sie starrt in die Dunkelheit hinein und hört ihr Herz hämmern. Es kribbelt in ihrem Körper, jeder Muskel ist angespannt. Jemand berührt ihr Haar. Fast unmerklich. Sie bleibt ruhig liegen und spürt, dass jemand neben ihrem Bett steht und ihr ganz zärtlich über die Haare streicht. Langsam werden Finger in ihre Locken geflochten. Sie will gerade zu Gott beten, als der Mensch neben dem Bett fest ihre Haare packt und sie aus dem Bett zerrt. Sie schreit, als er sie mit großer Kraft gegen die Wand wirft, sodass der Bilderrahmen zersplittert und der Infusionsständer umkippt. Umgeben von Glasscherben, stürzt sie zu Boden. Er hält weiter ihre Haare fest, schleift sie zurück, dreht sie herum, schlägt ihr Gesicht auf das festgestellte Rad des Betts und zieht anschließend ein Messer mit einer schwarzen Klinge.Penelope wird davon wach, dass sie aus dem Bett fällt, die Tür aufgeht und eine Krankenschwester herbeieilt. Alle Lampen sind an, und Penelope wird klar, dass sie einen Albtraum hatte. Man hilft ihr wieder ins Bett, die Krankenschwester redet beruhigend auf sie ein und befestigt anschließend Gitter an beiden Seiten des Betts, um zu verhindern, dass sie noch einmal herausfällt.
Der Schweiß auf ihrem Körper erkaltet nach einer Weile. Sie ist unfähig, sich zu bewegen, ihre Arme bekommen eine Gänsehaut. Sie liegt mit dem Alarmknopf in der Hand auf dem Rücken und starrt zur Decke hinauf, als es an die Tür klopft. Eine junge Frau, in deren taillenlange Haare bunte Bändchen eingeflochten sind, tritt ein und sieht sie mit sanftem Ernst an. Hinter ihr steht ein großer Mann mit zerzausten blonden Haaren und einem freundlichen,
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