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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mischung; alle steckten irgendwie in Schwierigkeiten, alle stammten aus zerrütteten Familien, alle versuchten, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Es waren allesamt gestörte und fehlgeleitete Mädchen, aber Sam hatte sie ausnahmslos ins Herz geschlossen. Leanne bildete keine Ausnahme, vielmehr war sie wohl die Gestörteste von allen. Von Natur aus war sie eine Anführerin, mit allen Wassern gewaschen, mit kaum nennenswerter Schulbildung und einem harten Auftreten, das das verängstigte Mädchen in ihrem Inneren verbergen sollte. So war Leanne Jaquillard ungewählt zur Leiterin der Gruppe geworden, und sie war das einzige Mitglied, das auch außerhalb der Sitzungen Kontakt zu Sam hielt.
    Das Mädchen war schlicht und ergreifend liebebedürftig und erinnerte Sam an sich selbst in diesem Alter – wobei natürlich der Unterschied darin bestand, dass Sam in einer liebevollen, gut situierten Familie in Los Angeles aufgewachsen war. Beim kleinsten Anzeichen von Problemen hatten Samanthas Eltern sie zurückgepfiffen, mit ihr geredet, sich mit ihrer Rebellion und ihren Ängsten auseinander gesetzt. Dieses Glück hatte Leanne nicht. Und die anderen Mädchen in der Gruppe genauso wenig. Sam betrachtete sie als »ihre Töchter«, zumal sie keine eigenen Kinder hatte.
    Noch nicht,
schränkte sie in Gedanken ein. Eines Tages würde sie ein Baby bekommen. Mit oder ohne Mann. Sie wollte nicht daran denken, dass die Zeit ihr womöglich davonlief. Sie war erst sechsunddreißig Jahre alt, und heutzutage kriegten Frauen noch mit weit über vierzig Kinder. Trotzdem tickte ihre biologische Uhr so laut, dass sie manchmal alles andere übertönte.
    Ihr Exmann hatte keine Kinder gewollt, David Ross jedoch sehr wohl. Das war eins seiner attraktivsten Attribute gewesen, einer der Gründe, warum sie so lange mit ihm zusammengeblieben war, zwanghaft versucht hatte, sich doch noch in ihn zu verlieben.
    Doch es war nicht geschehen.
    David Ross war einfach nicht der richtige Mann für sie, und allmählich bildete sich der entmutigende Gedanke heraus, dass vielleicht kein Mann der richtige war.
    Um Himmels willen, hör auf, in Selbstmitleid zu schwelgen! Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Du selbst solltest ein paar von den Ratschlägen beherzigen, die du allnächtlich so freizügig im Radio erteilst. Sie gab sich einen inneren Ruck und sagte sich, dass sie sich immerhin glücklich schätzen konnte, dass sie David nicht geheiratet hatte. Verdammt glücklich.
     
    Ty Wheeler lehnte sich in seinem Stuhl zurück, den Absatz eines Stiefels auf den geräumigen Schreibtisch gelegt. In seinem Glas schmolz das Eis. Eine Flasche irischer Whiskey stand geöffnet griffbereit, und sein alter Hund lag auf dem Teppich, nahe genug, dass Ty die Hand ausstrecken und den Schäferhund hinter den Ohren kraulen konnte. Eine einzelne Lampe spendete durch ihren grünen Schirm gedämpftes Licht in dem ansonsten dunklen Zimmer.
    Ty hatte das Radio eingeschaltet, schlürfte seinen Drink und lauschte Dr. Samantha Leeds’ Stimme. Wie jede Nacht unterhielt sie sich mit den einsamen Menschen, die sie anriefen. Er verzog den Mund. Die armen Schweine. Sie alle hofften, Dr. Sam könnte ein paar von ihren Problemen lösen. Und wenn das nicht klappte, hatten sie wenigstens einmal mit der großen Radiopsychologin persönlich gesprochen.
    Was immer sie davon hatten.
    Er blickte durch die geöffneten Fenstertüren auf den See hinaus. Insekten summten durch die Nacht, das Wasser plätscherte leise. Eine Brise bauschte die Gardinen und brachte ein wenig Erfrischung, doch Ty bemerkte es kaum. Er konzentrierte sich voll auf die leise Frauenstimme, die aus den Lautsprechern des Radios drang.
    Sie redete von Verpflichtung und Treue – beliebte Themen bei den Hörern, und er erwog ernstlich, die Nummer zu wählen, die sie immer wieder herunterleierte, und ihr ein, zwei Fragen zu stellen, die ihn beschäftigten.
    »Hallo … Wer spricht da?«, fragte sie nun, und er senkte den Blick auf den Schreibtisch, von dem ihm ein Zeitschriftenfoto dieser Frau entgegenlächelte. Tiefrotes, beinahe kastanienfarbenes Haar, leuchtend grüne Augen, perfekter Porzellanteint und Wangenknochen, für die die meisten Frauen morden würden. Ihr Mund war groß und sinnlich, ihr Lächeln frech, ungekünstelt. Allerdings konnte das Foto auch per Computer retouchiert worden sein, mit Weichzeichner und was sich professionelle Fotografen sonst noch alles einfallen ließen, um ihre Objekte hübscher

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