Pain - Bitter sollst du buessen
dass die Ehefrau was mit ihm hatte – oder mit ihr. Jetzt toben die Zuschauer.«
Bentz lehnte sich in seinem Stuhl zurück, hielt den Bleistift mit beiden Händen fest und rollte ihn zwischen den Fingern. »Glaubst du, dass Dr. Sam eingeweiht ist?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ihre Angst scheint echt zu sein, aber womöglich ist sie auch eine ausgebildete Schauspielerin; zum Kuckuck, sie tritt im Radio auf! Aber all dies ist schon einmal passiert, und damals hat sie mit dem gleichen Team zusammengearbeitet, nicht wahr? Mit George Hannah und Eleanor Cavalier. Vielleicht stecken noch andere mit drin. Ich wette mein Monatsgehalt darauf, dass irgendwer beim Sender weiß, was da läuft, und dass es um Kohle geht.«
»Du glaubst ja immer, dass es um Kohle geht«, knurrte Bentz, obwohl seine Gedanken schon eine ähnliche Richtung eingeschlagen hatten. Er hatte George Hannah kennen gelernt, hielt den Mann bestenfalls für einen Angeber, schlimmstenfalls für einen ausgemachten Betrüger. Die Programmmanagerin, eine kluge Schwarze, war als eisenhart bekannt, und Montoya hatte Recht: Beide hatten in Houston mit Dr. Sam zusammengearbeitet. Bentz ließ seine Knöchel knacken und dachte nach. Was ihn am meisten beschäftigte, war dieses Gefühl im Bauch, dass der Typ, der mitten in der Nacht Dr. Sam anrief, irgendwie mit den Prostituiertenmorden in Beziehung stand. Hinweise darauf waren dünn gesät – höchstens die Haare aus roten Perücken, deren Rot der Haarfarbe Samantha Leeds’ so ähnlich war, außerdem das Foto mit den ausgestochenen Augen, die an die geschwärzten Augen auf den Hundertdollarscheinen erinnerten. Das war nicht eben viel.
»Und ich habe Recht damit«, beharrte Montoya. »In dieser Art von Fällen wechselt zu neunundneunzig Prozent Geld den Besitzer.«
»Warum ruft dieser John dann nach der Sendung an? Was bringt ihm das ein? Da hört ihn ja niemand.«
»Das könnte alles Teil der Täuschung sein. Wenn die Presse Wind davon bekommt, dass der Stalker nicht nur während der Sendung, sondern auch hinterher anruft, wird sie sich erst recht auf die Story stürzen. Der Spinner meint offenbar die Frau Doktor persönlich, und falls sie nicht mit den Verantwortlichen unter einer Decke steckt, macht ihr das eine Heidenangst.«
Genau das lag Bentz schwer im Magen, doch er konnte sich dieser Logik nicht entziehen. »Dann beweise es«, forderte er Montoya auf, und der freche junge Bursche antwortete ihm mit einem selbstsicheren Lächeln.
»Das tu ich.«
Dummköpfe.
Bei der Polizei arbeiteten nur Dummköpfe.
Begriffen sie denn nicht? Sahen sie wirklich keinen Zusammenhang?
Konnten sie nicht zwei und zwei zusammenzählen, verdammt noch mal?
Draußen vor der Hütte quakten die Ochsenfrösche. Die schwüle Luft drang durch die offenen Fenster und die Ritzen in den Wänden herein. Während er den Artikel über seinen jüngsten Mord las, der auf den hinteren Seiten der Zeitung stand, weit entfernt von den Schlagzeilen der Titelseite, schlug er nach einer Mücke.
Der Presse war anscheinend nichts über eine Verbindung zwischen den beiden Morden zu Ohren gekommen – obwohl er so sorgsam darauf bedacht gewesen war, alle möglichen Hinweise zu hinterlassen …
Scheiße,
dachte er und schnitt, sorgsam auf glatte Ränder und einen Rahmen achtend, den erbärmlichen Artikel mit seinem Messer aus. Mondlicht brach durch den aufsteigenden Nebel, fiel in den winzigen Raum und verstärkte das Licht der einzelnen Laterne mit seinem bläulichen Schimmer. Ihm war heiß. Er fühlte sich unbehaglich. Unruhe erfüllte ihn. Er musste noch etwas unternehmen, um ihre Beachtung zu finden. Es war an der Zeit. Er warf einen Blick aus dem Fenster, sah den Schatten einer vorüberfliegenden Fledermaus und spürte, wie sich sein Puls beschleunigte.
Sobald er das Radio einschaltete, ging sein Atem flach. Er vernahm die vertrauten Klänge von »A Hard Day’s Night« über monotones Knistern hinweg und dann ihre Stimme. Dunkel. Ungeheuer sexy.
»Hallo, New Orleans, und herzlich willkommen. Hier ist Dr. Sam auf WSLJ , und wieder einmal ist es Zeit für die ›Mitternachtsbeichte‹, eine Sendung, die dem Herzen wie auch der Seele gut tut. Heute Nacht reden wir über die Highschool. Einige von euch stecken noch mittendrin, für andere liegt diese Zeit schon eine Weile zurück, vielleicht sogar länger, als ihr euch eingestehen möchtet. Wie auch immer, wir alle haben eine Highschool besucht, ob eine private oder öffentliche,
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