Pakt des Bosen
Entwicklung gab es bislang noch nicht, ist aber, wenn wir uns die jüngste Vergangenheit anschauen, logisch. Im Islam ist die Religion immer stark mit der Politik verknüpft. In vielen Ländern macht die Religion die Politik.â
âDeshalb sprechen wir ja auch so oft über den religiösen Führer, wenn wir über einen islamischen Staat redenâ, warf AuÃenminister de Fries ein.
âExaktâ, bestätigte Ziegler. âDer religiöse Einfluss in islamischen Staaten ist immens. Und er wächst mit jeder militärischen Aktion des Westens.â Ziegler setzte seine Brille auf und sah an die Decke. âWas wir nun erleben, ist in gewisser Weise ein Akt der Selbstverteidigung. Es wird der Versuch unternommen, eine Art âGegensupermachtâ zu gründen. Die USA und ihre Alliierten verfügen über ein enormes Potential an Waffen und Militär. Nimmt man nur die NATO, dann sprechen wir hier über eine Streitkraft von immerhin 3,4 Millionen Soldaten. Das Zerstörungspotential der Waffen will ich hier gar nicht näher erörtern. Diese Streitkraft funktioniert allerdings nur mit Rohstoffen â und dazu gehört insbesondere das Erdöl. Wenn nun diese neue Supermacht 80 Prozent der Erdölreserven kontrolliert, dann ist es eigentlich gleichgültig, wie groà das Potential der NATO ist. Es kann nicht mehr ausgeschöpft werden, es ist wirkungslos.â
âWollen die einen Krieg?â, fragte Gerling.
Ziegler schüttelte den Kopf.
âNein. Das glaube ich nicht. Allerdings glaube ich auch nicht, dass mit dieser, nennen wir es mal Fusion der Staaten im Nahen Osten die Expansion dieser neuen Supermacht abgeschlossen ist.â
âWas denn noch?â, rief Kirchner erschrocken.
Ziegler sah den jungen Mann nachsichtig an.
âMehr als die Hälfte des Kontinents Afrika ist islamischâ, meinte er und begann aufzuzählen: âTunesien, Marokko, Sudan, Somalia, Libyen, Mauretanien, Algerien und Ãgypten sind islamische Staaten. Ich denke, dass dies die nächsten Kandidaten sind.â
âAber Afrika ist ein anderer Kontinent. Wie sollen die sich einer Vereinigten Islamischen Republik anschlieÃen, wenn diese Republik in Asien ist?â, fragte Huber unsicher nach.
âWas bedeuten schon Kontinente im Zeitalter der Globalisierung?â, fragte Ziegler leicht amüsiert. âSie müssen sich ja nicht einmal offiziell dieser Republik anschlieÃen. Es reicht doch vollkommen, eine Allianz einzugehen â ähnlich der Allianz der NATO.â
âWas können wir dagegen unternehmen?â, wollte Gerling wissen.
Erstaunt hob Ziegler die Augenbrauen.
âBei allem Respekt, Herr Bundeskanzler. Warum wollen Sie etwas dagegen unternehmen?â
âWeil wir es nicht zulassen können, dass die Taliban die Atomwaffen Pakistans und das Ãl der Region unter ihre Kontrolle bekommen.â
âIch verstehe.â Ziegler begann, nervös seine Brille zu putzen. âErinnern Sie sich an unser erstes Gespräch, Herr Bundeskanzler? Ich habe Ihnen gesagt, dass nur eine kleine Minderheit der Muslime radikal sei.â
âWenn aber diese Minderheit das Sagen hat, dann spielt es doch keine Rolle, dass es sich um eine Minderheit handeltâ, widersprach Gerling.
âDas ist natürlich wahrâ, gab Ziegler zu. âNun, in diesem Falle denken Sie wahrscheinlich, dass es notwendig ist, der Schlange den Kopf abzuschlagen, wenn Sie mir diese etwas brutale Ausdrucksweise verzeihen. Ali Akbar Mehdi Hashemian ist die treibende Kraft hinter dem Ganzen. Sie denken vielleicht, wenn er gestoppt wird, dann kommt auch die Entwicklung im Nahen Osten zum Erliegen.â Er sah den Kanzler mit Bedauern an. âSie irren. Es käme vielleicht zu einer Verzögerung. Aber den Prozess können Sie von auÃen nicht aufhalten. Dieser Prozess kann nur von innen gestoppt werden. Vor etwas mehr als zwanzig Jahren begann in Europa eine Entwicklung, die sehr viele Menschen mit groÃer Sorge beobachteten. Einige dieser Menschen waren in sehr machtvollen Positionen, es waren europäische Minister- und Premierminister. Sie hätten diese Entwicklung sehr gerne verhindert, haben es aber nicht getan. Wie wäre wohl die Reaktion der Deutschen auf beiden Seiten der Mauer gewesen, wenn sich ein islamisches Land, Tausende von Kilometern entfernt, in den Prozess der Wiedervereinigung eingemischt hätte?â
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