Pakt des Bosen
Rosenthal wissen.
Jan setzte sich wieder.
âMein Testamentâ, sagte er dann.
âWie bitte?â, fragte Rosenthal erschrocken.
âFür den Fall, dass mir etwas passiert, möchte ich dich bitten, diesen Umschlag Katja zu geben.â
âHerrgott, Jan. Was soll denn das? Ich meine, warum ich? Und warum sollte dir etwas passieren?â, presste Rosenthal mühsam hervor.
âDu meinst, die Tatsache, dass ich einen Anführer der gefährlichsten Terrororganisation der letzten einhundert Jahre treffe, nebenbei erwähnt einen der meist gesuchten Männer der Welt, sollte mich nicht dazu verleiten, gewisse Vorkehrungen zu treffen?â
âAber du hast doch selbst gesagt, dass dieses Treffen ungefährlich ist â das waren deine Worte!â, protestierte Rosenthal.
Jan lächelte humorlos.âHätte ich meinen Zweifeln Ausdruck verliehen, wäre die Reise niemals zustande gekommen. Das weiÃt du.â
âWarum tust du es dann?â, fragte Rosenthal verzweifelt.
Jan hob in einer hilflosen Geste die Arme.
âWeil es unsere beste Chance ist, herauszufinden, wer wirklich hinter den Anschlägen steckt.â
Rosenthal schüttelte hilflos den Kopf. âIrgendwie haben wir uns das alles anders vorgestellt, oder?â, fragte er leise.
âWas meinst du?â
âDamals, vor mehr als einem Jahr, als du zu mir kamst, weiÃt du noch? Wir haben uns bei diesem Spanier in Hamburg getroffen. Du hast zu mir gesagt: Die wollen mich zum Kanzler machen! WeiÃt du noch?â
Jan erinnerte sich. Damals hatten ihn die führenden Köpfe der Partei den Plan offenbart, ihn zum Kanzlerkandidaten zu erklären. So hatte alles angefangen. âJa, ich erinnere michâ, sagte Jan leise.
Rosenthal nickte versonnen. âWir haben uns das alles anders vorgestellt. Wir wollten das Land verändern, alles besser machen. Und was ist passiert? Wir haben erfahren, dass der halbe Bundestag erpresst wurde, dass Kinder misshandelt worden sind und dass Nazis in die Parteien eingeschleust wurden. Und dann wurde auch noch auf dich geschossen. Das alles ist noch gar nicht so lange her. Aber wir haben es überstanden und in unserer grenzenlosen Naivität geglaubt, jetzt loslegen zu können.â
Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Dann sah er Gerling wieder an.
âMensch, Jan. Was ist hier bloà los? Ist denn die ganze Welt verrückt geworden?â Jan bemerkte, dass Werner Rosenthal Tränen in den Augen hatte. Er bekam einen Kloà im Hals. Jan stand auf, setzte sich neben seinen Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
âDie Welt ist das, was wir aus ihr machen. Wir können am Spielfeldrand stehen bleiben und hoffen, dass alles gut wird. Oder wir greifen in das Spiel ein und versuchen, es zu beeinflussen. Ich kann nicht teilnahmslos zusehen. Ich muss eingreifen, verstehst du das?â Rosenthal sah Jan an und nickte. Dann nahm er den Umschlag an sich.
Washington, DC, 22. Juni, 09.30 Uhr
Die Maschine des Bundeskanzlers landete pünktlich auf dem Dulles International Airport und Gerling stieg in die bereitstehende Limousine. Eigentlich hatte er erwartet, dass es mit dem Hubschrauber direkt zum WeiÃen Haus gehen würde, nahm diese Ãnderung aber gelassen hin. In Anbetracht dessen, was ihn in den nächsten Tagen erwartete, war das eine Kleinigkeit. Gerling machte es sich in dem Wagen bequem und versuchte zu entspannen. Kaum hatten sie das Flughafengelände verlassen, sah er links und rechts am StraÃenrand Menschen stehen, die kleine Deutschlandflaggen schwenkten. Je näher sie dem WeiÃen Haus kamen, desto dichter wurden die Menschenmengen, die ihn begrüÃen wollten. Er war gerührt. Unbeholfen winkte er aus dem Seitenfenster und fragte sich, ob man ihn von drauÃen überhaupt sehen konnte.
Als sie das WeiÃe Haus erreichten, fühlte sich der rechte Arm des Kanzlers an, als wäre er aus Blei. Aber er strahlte. Die BegrüÃung hatte ihm gut getan. Präsident Clifford empfing ihn am Eingang des WeiÃen Hauses wie einen alten Freund â er umarmte Jan. Was er ihm ins Ohr flüsterte, war jedoch nicht für die anderen bestimmt. âDu bist ein gottverdammter Cowboy, weiÃt du das?â
Als wäre nichts gewesen, lächelten beide in die Kameras und verschwanden dann im Gebäude.
Washington, DC, 22. Juni, 10.45 Uhr
Die beiden saÃen im Büro des Präsidenten und
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