Pakt des Bosen
auf ihn. Sie war sich sicher: Wenn sie vor Ort gewesen wäre, hätte sie ihm eine geknallt! Sie hatte, als sie die Fernsehberichte sah, vor Wut geweint.
Und dann hatte sie auch noch erfahren, dass Jan nach Afghanistan geflogen war, um einen der meistgesuchten Terroristen zu besuchen. Da war dann keine Wut mehr, nur noch Resignation.
Das Verrückteste an allem war, dass sie irgendwie Stolz empfand für das, was er tat. Weil es richtig war. Und wichtig. Das wusste sie. Aber er war auch der Mann, den sie liebte. Und sie wollte nicht, dass er sich in Gefahr brachte. Noch nie hatte sich ein Bundeskanzler derart in Gefahr gebracht. Warum dann er?
Ganz einfach: Weil Jan kein Politiker war..
Und was folgte nun? Teil zwei des Wahnsinns? Jan würde wieder nach Afghanistan reisen. Diesen Plan hatte er schon vor Wochen entworfen und nun wurde es ernst.
Und sie konnte nur zu Hause sitzen, warten und hoffen, er würde lebend zurückkehren.
Rom, 13. September, 10.00 Uhr
Der Amtssitz des italienischen Ministerpräsidenten ist der im sechzehnten Jahrhundert erbaute Palazzo Chigi. Es ist ein prachtvolles Gebäude, groà und beeindruckend mit edlen Stuckarbeiten an der AuÃenfront. Auch im Innern ist der Palazzo sehr prunkvoll. Jan hatte jedoch keinen Sinn für die ansprechende Architektur. Ministerpräsident Giovanni Rizzitelli kam ihm mit ausladenden Schritten entgegen und lächelte breit. Jan hatte jedoch seine Probleme mit dem italienischen Regierungschef.
Das lag zum einen an der Tatsache, dass Rizzitelli die Ermittlungen betreffend der Anschläge unnötig verzögert hatte. Er wollte offensichtlich mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweisen versuchen, alleine die Anschläge aufzuklären, umso in der Ãffentlichkeit als strahlender Held dazustehen.
Das war auch der zweite Grund, weshalb Jan mit dem italienischen Ministerpräsidenten einfach nicht warm werden konnte. Rizzitelli litt an einem stark ausgeprägten Geltungsbedürfnis. Darüber hinaus umgab er sich sehr gerne mit schönen Frauen; mit sehr jungen, schönen Frauen. Das führte häufig zu peinlichen Ereignissen. Zum Beispiel hatte er vor einiger Zeit einen ganz besonderen Plan durchsetzen wollen; er hatte versucht, ehemalige Models in die Regierungsgeschäfte einzubinden. Ein Plan, der auf allgemeine Verwunderung und Bestürzung gestoÃen war. Rizzitelli war siebzig Jahre alt und verheiratet. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, Affären mit anderen Frauen einzugehen. Seine neueste Eroberung war gerade mal achtzehn.
Oft war Jan ihm noch nicht begegnet. Heute hatten sie ihr erstes Gespräch unter vier Augen. Sie begrüÃten sich herzlicher, als nötig gewesen wäre, und gingen geradewegs in das prunkvolle Büro des Ministerpräsidenten. Dort nahmen sie Platz und ein Bediensteter brachte ihnen einen Espresso. Danach verschwand er so geräuschlos, wie er gekommen war.
âWie war der Flug?â, fragte Rizzitelli in schlechtem Englisch.
âKurzâ, antwortete Gerling und entschied dann, dass die Kürze dieser Antwort wohl auch als Unhöflichkeit betrachtet werden könnte. Also ergänzte er noch: âWir hatten den ganzen Flug über herrliches Wetter, so dass ich das schöne Italien die ganze Zeit von oben betrachten konnte.â Er kam sich ziemlich blöd vor, so einen Quatsch von sich zu geben, aber Rizzitelli schien es zu gefallen.
âSie müssen unbedingt einmal ein Wochenende im August nach Italien kommen. Wir können dann in eine meiner Villen ans Mittelmeer fahren. Schöne Aussicht, schönes Meer undâ, er zwinkerte vertraulich, âschöne Frauen.â
Der Kanzler verdrehte innerlich die Augen.
âJa, das werde ich vielleicht machen. Ich bringe dann meine Verlobte mit. Ist auch eine sehr schöne Frauâ, erwiderte er. Der letzte Satz war zwar überflüssig, aber er konnte sich ihn nicht verkneifen.
Sie plauderten noch eine Weile über Belangloses, eine Tatsache, die Jan in der Gesellschaft Rizzitellis nur schwer ertragen konnte. Dann kamen sie zur Sache.
âWas kann Giovanni Rizzitelli für den deutschen Bundeskanzler tun?â, fragte der Ministerpräsident im väterlichen Ton.
Gerling hätte fast laut gelacht. Das wurde ja immer besser, dachte er, jetzt fängt er auch noch an, in der dritten Person von sich zu sprechen.
Er erklärte dem Ministerpräsidenten das Vorhaben von ihm und
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