Pakt des Bosen
ordneten ihn in das Lager eines gemäÃigten Konservativen ein, was bedeutete, dass er einer derjenigen war, die nicht damit drohten, Israel vernichten zu wollen, und die mit dem Westen eher in einen Dialog treten wollten, als den Konflikt noch weiter zu verschärfen. Andere waren der Meinung, dass er eher in das Lager der streng Konservativen gehörte, also dem genauen Gegenteil. Da fast die gesamte Regierung des Iran ums Leben gekommen war, war Hashemian einer der Personen, die zum einen versuchten, die Stabilität zu bewahren, und andererseits nutzte er die Gelegenheit, seine Hausmacht auszubauen, um das entstandene Vakuum in der Regierung zu füllen. Hashemian trank einen Schluck lauwarmen Tee und sah den Bundeskanzler an.
âSie wissen, dass der Sohn des Schahs auf dem Weg in den Iran ist?â, fragte er eher beiläufig.
âJa, das ist mir bekannt. Mir ist auch bekannt, dass er Anspruch auf den Thron im Iran erheben wirdâ, bestätigte Gerling.
âMit der Unterstützung der Vereinigten Staaten von Amerikaâ, fügte Hashemian an.
Der Bundeskanzler schüttelte den Kopf.
âNein. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben damit nichts zu tun. Es gab eine Gruppe von Regierungsmitgliedern, die diesen Plan unterstützt haben. Diese wurden von Präsident Clifford aber aus dem Verkehr gezogen.â
Hashemians Augenbrauen hoben sich erstaunt. âSie sprechen mit einer ungewöhnlichen Offenheitâ, bemerkte er.
âIch bin hier, um offen zu seinâ, antwortete Gerling. âDie Zeiten sind zu entscheidend, als dass es nützlich wäre, rhetorische Spielchen zu spielenâ, fuhr er fort. âSie haben ja schon erfahren, welche Entwicklungen in Israel begonnen haben.â
Hashemian nickte, schloss kurz die Augen und hob seinen Kopf gen Decke. Gerling vermutete, dass er ein kurzes Gebet sprach und schwieg.
âEs ist wie ein Wunderâ, meinte Hashemian dann und ein feines Lächeln erschien auf seinem Gesicht. âAllah hat unsere Gebete endlich erhört.â Dann beugte er sich vor. âHerr Bundeskanzler, was kann ich für Sie und Präsident Clifford tun?â Dass Hashemian auch Clifford erwähnte, bedeutete, dass er sehr gut wusste, dass die Ereignisse in Israel etwas mit dessen Besuch dort zu tun hatten. Darüber hinaus vermutete Gerling, dass einer ihrer vorherigen Gesprächspartner Hashemian informiert hatten.
Anstatt zu antworten, stellte er eine Gegenfrage:
âWie wird es im Iran weitergehen?â
Hashemian dachte lange über die Frage nach. âDer Sohn des Schahs wird sein Ziel nicht erreichen. Nach einer angemessenen Zeit der Trauer wird es in meinem Land Neuwahlen geben.â
Gerling nahm zur Kenntnis, dass Hashemian von âmeinem Landâ gesprochen hatte. Das konnte nur eine einfache Redewendung gewesen sein, zumal sich Hashemian nicht in seiner Muttersprache unterhielt, sondern die englische Sprache verwendete. Es konnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass er davon ausging, in der neu zu bildenden Regierung des Iran eine führende Rolle zu übernehmen. Gerling entschied sich für die zweite Variante.
âWerden Sie sich zur Wahl stellen?â
Wieder schwieg Hashemian lange.
âWenn es Allahs Wunsch ist, werde ich meinem Land dienen, wie ich es schon einmal getan habeâ, war die zweideutige Antwort. Gerling war nun davon überzeugt, dass sein Gesprächspartner schon die Weichen für eine erneute Kandidatur als Staatsoberhaupt gestellt hatte.
âDie Vereinigten Staaten von Amerika und Europa sind es leid, Krieg zu führen. Wir wünschen uns Frieden. Frieden im Irak, Frieden in Afghanistan. Wir wünschen uns eine friedliche Koexistenz mit der Islamischen Welt. Wir wünschen uns eine Welt ohne Terrorismus.â
âUnd was könnte mein Land für einen Beitrag zu diesem ehrbaren Ziel leisten?â, wollte Hashemian wissen.
âWenn der Iran sein Atomwaffenprogramm stoppen würde, wäre ein Riesenschritt getanâ, antwortete Gerling.
Hashemian hob erstaunt die Augenbrauen.
âAber Herr Bundeskanzler. Der Iran plant meines Wissens nicht die Produktion von Atomwaffen. Unser Atomprogramm dient ausschlieÃlich der Gewinnung von Energie.â
âDas ist schön zu hörenâ, antwortete Gerling und war stolz auf sein diplomatisches Geschick. âAber rein hypothetisch gesprochen, nehmen wir an, Sie würden in einer neuen
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