Palast der Liebe
Möglichkeit ergeben sollte ...
„Ich rufe dich noch einmal an, bevor ich abfahre, und sage dir, wo du mich im Notfall erreichen kannst und ...“
„Mach dir keine Gedanken um mich“, unterbrach ihre sechzehnjährige Schwester sie. „Denk endlich einmal an dich.“
Sie verabschiedeten sich voneinander. Caren wagte es kaum, den Hörer aufzulegen. Sie hatte Angst, dass sie nicht den Mut aufbringen würde, ihn noch einmal aufzunehmen. So viele Gründe sprachen gegen diese Reise, nur ein einziger sprach dafür: Sie musste endlich wieder anfangen zu leben.
Wenn eine Frau das durchmachen musste, was Caren hinter sich hatte, wenn sie wegen einer anderen Frau von ihrem Ehemann verlassen worden war, dann blieben ihr nur zwei Alternativen: Entweder sie gab sich ihren Depressionen hin und richtete sich dabei langsam zu Grunde, oder sie fing ein neues Leben an.
An diesem Nachmittag fasste Caren den Entschluss, es mit der zweiten Möglichkeit zu versuchen.
Sie wählte die Nummer des Reisebüros und wartete mit klopfendem Herzen, bis sich am anderen Ende der Leitung eine freundliche Stimme meldete.
„Hallo“, sagte sie nach kurzem Zögern. „Ich möchte eine Reise nach Jamaika buchen.“
Derek Allen betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Cognacschwenker und überlegte, warum sie ihm heute nicht schmeckte. Der Cognac war erstklassig. Er hatte die Farbe von mexikanischem Topas und ein berauschendes Bouquet.
Er trank einen Schluck. Das Getränk verursachte ihm einen schalen Geschmack im Mund. Oder lag das vielleicht an den Bemühungen seiner Gastgeberin, ihn zu verführen? In einem durchsichtigen Morgenrock hatte sie sich ihm gegenüber in der anderen Ecke der Couch niedergelassen und lächelte ihn über den Rand ihres Cognacglases hinweg aufreizend an.
„Du bist nicht sehr gesprächig, Darling. Hat dich das Theaterstück nachdenklich gestimmt?“
Sie waren gerade von einer Premiere im Kennedy-Center gekommen, wo für geladene Gäste ein neues
Stück uraufgeführt worden war. Der Mann bezweifelte, dass sie die Feinheiten des Stücks mitbekommen hatte. Nur eines war ihr aufgefallen: die Stimmung zwischen ihnen war nun beeinträchtigt. Zusammen mit der Washingtoner High-Snobiety hatten sie vor der Theateraufführung an einem festlichen Essen teilgenommen, beide noch bester Laune. Kein Wunder, dass sie seinen Stimmungsumschwung nicht verstand.
„Das Stück war ziemlich ernüchternd“, bemerkte er.
Sie kuschelte sich tiefer in die Kissen, wobei sie sorgfältig darauf achtete, dass der Morgenrock über ihren langen, wohlgeformten Oberschenkeln auseinander rutschte. „Ich mag solche Stücke nicht“, schmollte sie. „Sie deprimieren mich.“
Der Schmollmund sollte ihn betören. Doch er hatte die entgegengesetzte Wirkung. Derek Allen stellte seinen Cognacschwenker auf den Glastisch und stand auf. Er war wohlerzogen genug, um sich seine Verachtung über ihre Oberflächlichkeit nicht anmerken zu lassen. Schweigend trat er an die riesige Fensterfront und schaute auf die Lichter der Stadt hinunter. Er verstand sich selbst nicht. Was zum Teufel war mit ihm los? Was hatte diese miese Laune zu bedeuten, diese Unzufriedenheit mit allem, mit seinem Leben, mit sich selbst?
Es gab doch keinerlei Probleme. Jeder Durchschnittsbürger würde auf der Stelle mit ihm tauschen.
Er hatte alles. Geld, Autos, Frauen. Seiner Begleiterin für diesen Abend sagte man den schönsten Körper und den schlechtesten Ruf nach. Aber er wollte sie ebenso wenig wie ihren Cognac.
Das Getue ödete ihn an, der Glamour, der Snobismus, seine blasierten Freunde. Am meisten störte ihn, dass er sich etwas vormachte, dass er sich einzureden versuchte, dies sei seine Welt.
„Was ist los, Derek?“
Er hörte, wie sie barfuß über den dicken Teppich zu ihm hinüberkam. Sie legte die Arme um ihn. Langsam schob sie die Hände unter seine Smokingjacke. Sie wusste, wie man einen Mann erregte. Ihre Liebkosungen verrieten wahre Meisterschaft in der Kunst der Verführung. Sie war ein Spitzenprodukt ihrer Gesellschaftsschicht. Ihr Lebensinhalt bestand darin, sich zu amüsieren, Daddys Geld auszugeben, so viele Liebhaber wie möglich zu haben und irgendwann eine gute Partie zu machen.
„Ich wette, es gelingt mir, deine schlechte Laune zu vertreiben“, meinte sie, während sie sich von hinten an ihn schmiegte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und blies ihm ihren warmen Atem ins Ohr. Langsam glitten ihre Hände über sein Smokinghemd zum
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