Palast der Schatten - historischer Kriminalroman
Nowgorod)
Ausblick
Hollywood, 1926
»Herr Kurz, Sie befinden sich mitten in den Dreharbeiten zu âºPalast der Schattenâ¹. Wie sind Sie auf die Filmidee gekommen?«
»Ich bekam das Manuskript anonym zugeschickt. Das war 1921.«
»Warum drehen Sie den Film erst jetzt?«
»Mir war sofort klar, dass ich einen Film aus diesem groÃartigen Stoff machen wollte. Aber ich bekam in Deutschland keinen Geldgeber. Es geht den Produzenten ja selten um die Qualität eines Films, sondern in erster Linie ums Geldverdienen. AuÃerdem waren es sehr schwere Zeiten. Also, die Produzenten lehnten ab, weil sie einen finanziellen Misserfolg befürchteten. Wissen Sie, niemand wollte in Deutschland noch etwas vom Krieg wissen. Da war kein Raum für eine dramatische Leidensgeschichte, für einen kritischen Film über einen selbst initiierten und verlorenen Krieg mit Millionen von Opfern. Wir waren ja alle in die Irre marschiert, verführt von Trugbildern, falschen Idealen, von Irrlichtern, die âºVaterland verteidigen!â¹ schrien. Auch ich war mit dem Strom geschwommen, mit Millionen von jungen Männern, mit einer ganzen Nation, mit den Gelehrten, den Lehrern, den Schriftstellern, den Priestern und auch mit den Sozialdemokraten. Wir waren trunken vor Patriotismus und jagten sogar Schuljungen in den Tod. Die Helme blitzten, die Sporen klirrten. Wir machten uns singend auf den Weg in die selbst geschaufelten Mordgruben. Eine Armee von Männern, geisteskrank, bevor der erste Schuss fiel. Irre, die mit wehenden Fahnen und Jubelrufen in den Tod marschierten. Kaum jemand hörte auf die Kriegsgegner, die die deutsche Kriegshetze entlarvten. Erst später, als das Ausmaà dieses Wahns deutlich wurde, kippte die Stimmung.
Doch zurück zum âºPalast der Schattenâ¹. Als ich 1923 in die USA emigrierte, hatte ich zunächst andere Probleme und Dinge im Kopf. Aber ich habe das Manuskript niemals vergessen. Jetzt laufen die Dreharbeiten. Und ich bin guter Hoffnung, dass der Film zumindest hier ein Kassenschlager wird. Doch das ist nicht die Hauptsache. Ich drehe diesen Film, um den Wahnsinn einer Zeit festzuhalten, in der ich selbst gefangen war. Vielleicht kann ich mit diesem Film ein Stück meiner eigenen anfänglichen Kriegsbegeisterung einfangen, in Frage stellen und etwas von meiner Schuld abtragen. Mehr kann ich nicht hoffen. Auch wenn ich mir wünschte, dass die Kunst Unheil verhindern könnte. Was bleibt mir zu sagen? Träume sind Träume. Oder nicht?«
Nachbemerkung
Die Zitate des Vorspanns und Nachspanns stammen aus:
âºKintopp. Jahrbuch zur Erforschung des frühen Films (1995)â¹.
Dagmar Fohl im Gmeiner-Verlag:
Der Duft von Bittermandel (2011)
Die Insel der Witwen (2010)
Das Mädchen und sein Henker (2009)
Weitere Romane finden Sie unter www.gmeiner-verlag.de
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