Palast der Schatten - historischer Kriminalroman
Luft. Atemrasseln. Ein gequälter Ton entwich seiner Kehle. Schweig, befahl er sich. Er fasste sich an den Hals, als wolle er das Lachen, das sich in seiner Kehle sammelte, erdrosseln. Nahm alle Kraft zusammen, schlich dicht an den Häusern entlang, blickte sich wieder um, ging weiter.
Dort ist sie, flüsterte er lautlos vor sich hin. Gleich bin ich da. Er hörte seine Schritte auf dem StraÃenpflaster, erschrak darüber, blieb stehen, ging weiter, erreichte die dicke Eiche, stellte sich hinter den Baum und wartete, wie er so oft gewartet hatte. Tag für Tag, Stunde für Stunde. Aber heute war er so weit. Er blickte in die beleuchteten, mit weiÃen Tüchern verhängten Fenster. Wartete, bis Weià aus dem Tor trat, wie jeden Tag. Er drehte sich um, zwang sich, das Lachen zu unterdrücken, um keinen Verdacht zu erwecken. Seine Beine zitterten. Er lehnte sich an den Baum, der ihn verbarg. Eiche. Seine Brust drohte zu zerspringen, sein Atem brannte, das Herz pochte gegen die Rippen. Rauschen in den Ohren. Er hatte Angst, Angst, eine elende Ratte zu töten. Eine weiÃe, elende Ratte! In seinem Inneren zersplitterte ein lautloser Lacher.
Warten.
Er blickte zur Tür.
Warten.
Die Tür öffnete sich. WeiÃâ Silhouette erschien. Theo zog die Pistole aus der Tasche. Nur noch 50 Sekunden bis zum Tor.
Er hörte WeiÃâ Schritte über den Hof hallen, als trüge er Nagelschuhe. Der Mann blieb stehen, wie gewohnt, um seinen Mantel zuzuknöpfen. Er knöpfte ihn immer erst an dieser Stelle zu, neben der Bank, indem er seine Aktentasche abstellte, sich vorbeugte und die Knöpfe mit seinen sehnigen Händen von unten nach oben schloss.
Theo hob die Pistole, zielte.
Carla sah den Revolver, schoss aus dem Hauseingang hervor, in dem sie sich versteckt hatte. Sie durfte ihn nicht erschrecken. Nur nicht schreien. Ruhig. Ruhig.
»Theo!«, flüsterte es plötzlich hinter ihm.
Theo fuhr zusammen.
»Gib mir bitte die Pistole, Theo. Gib sie mir.«
Er drehte sich um, richtete den Lauf auf Carla.
Sie streckte die Hand aus.
Er krallte sich am Revolver fest, den Lauf auf Carla gerichtet.
SchieÃen! SchieÃen!, schrie es in ihm.
Schöner Traum
SchieÃen!, schrie es in ihm.
Das Eisentor quietschte. Schritte hallten hinter ihm. Entfernten sich in entgegengesetzter Richtung.
»Gib sie mir, Theo.«
Seine Schultern bebten. SchieÃen, schieÃen, dachte sein Hirn. Plötzlich zogen schwarze Schatten über seine Augen. Seine Arme erschlafften, die Waffe fiel zu Boden. Er schluchzte auf. Tränen rannen über seine Wangen wie ein warmer Regen.
Carla schritt langsam auf ihn zu, nahm seine Hand in die ihre. Sie drückte sie sanft. Theo spürte ihre Hand, die warm in der seinen lag.
»Komm, Theo«, sagte Carla, »wir gehen nach Hause.«
Böser Traum
SchieÃen! SchieÃen!, schrie es in ihm.
Das Eisentor quietschte. Schritte hallten hinter ihm. Entfernten sich in entgegengesetzter Richtung.
»Gib sie mir, Theo.«
Seine Schultern bebten. SchieÃen, schieÃen.
Angst stieg in Carla auf wie schwarzer, öliger Rauch. Sie rannte die StraÃe entlang. Ihr Atem schnitt ihr in die Brust. Weiter, weiter. Planlos hetzte sie durch das Dunkel wie ein gejagtes Tier kurz vor dem Tod.
SchieÃen! SchieÃen!, schrie es in ihm.
Seine Schultern bebten. SchieÃen, schieÃen.
Ein Knall. Ein Schrei.
Die Zuschauer drehten sich zu Carla hin. Lautes Gelächter folgte.
F I N E
Nachspann
Doch plötzlich klickt etwas und alles verschwindet und auf der Leinwand erscheint ein Eisenbahnzug. Er rast wie ein Pfeil direkt auf Sie zu â Vorsicht! Es scheint, dass er direkt auf die Dunkelheit zustürzt, in der Sie sitzen, und aus Ihnen einen zerfetzten Sack aus Haut macht, angefüllt mit zerquetschtem Fleisch und zermahlenen Knochen, und dass er diesen Saal in Schutt und Asche verwandelt und dieses Haus zerstört, das voll ist von Wein, Weibern, Musik und Laster. Doch auch dies ist ein Eisenbahnzug aus lauter Schatten. Die Lokomotive verschwindet geräuschlos über den Rand des Bildes, der Zug hält an und graue Figuren steigen schweigend aus den Waggons, lautlos begrüÃen sie sich, schweigend lachen sie, unhörbar gehen, laufen, hasten sie aufgeregt hin und her (â¦) und verschwinden.
(Maxim Gorki, Flüchtige Notizen, Bericht über den Cinématographe Lumière in Nischni
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