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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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dachte, Sie verachten die Einwohner und ihr Land«, sagte Roxane.
    »Was?«, rief er. »Wie um alles in der Welt kommst du auf diesen Gedanken?«
    »An dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal sahen, sagten Sie so etwas. Sie sprachen davon, dass bestimmte Dinge in diesem Land und auch dessen Einwohner unbestreitbar grausam seien. Erinnern Sie sich nicht mehr daran?«
    »Doch.« Er starrte nachdenklich auf den Boden vor seinen Füßen. »Ich befürchte, du hast mich missverstanden. Diese Bemerkung war doppeldeutig. Es gibt viel Grausamkeit in Indien, aber was die Einheimischen betrifft, umfasst es eine Lebensart, die ich akzeptiere, auch wenn ich, wie ich zugeben muss, einige Veränderungen mit geringstmöglicher Einmischung befürworten würde. Was mich entsetzt, ist die Grausamkeit der sogenannten ›Eroberer‹.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich das meine?«, fragte er bitter. »Ich werde dir ein Beispiel dafür geben, das keineswegs ein Einzelfall ist. Ein Mann, ein namenloser Soldat, ist unzufrieden mit seinem Stallburschen. Was tut er? Er tritt den Mann, immer wieder, bis dieser stirbt.«
    »Oh nein«, flüsterte Roxane und schlug die Hand vor den Mund.
    »Ja. Und das Schlimmste daran? Die Mehrheit der Europäer zeigt Anteilnahme wegen des Schocks, den er dadurch sicher erlitten hat.«
    »Das … das glaube ich Ihnen nicht«, stammelte Roxane.
    »Nein? Und warum nicht? Ich habe keinen Grund, dich anzulügen, Roxane. Keinen Grund, um … Oje, jetzt habe ich dich aufgeregt. Das tut mir leid.«
    »Es tut Ihnen nicht leid«, entgegnete Roxane scharf und musterte seine besorgte Miene. »Sie haben es darauf angelegt, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, um Ihren Standpunkt zu verdeutlichen.«
    »Wahrscheinlich«, gab er zu.
    Sie schnaubte wenig damenhaft. »Wenigstens sind Sie ehrlich, das muss ich anerkennen.«
    Lachend zog er eine Hand aus der Hosentasche und griff damit nach ihrer. »Aber es ist die Wahrheit, Roxane. Die Kompanie ist korrupt, und diese Korruption lastet im Alltagsleben schwer auf den Menschen hier. Wir sind die Steuereintreiber geworden, die letzten Grundherren eines riesigen, ungezähmten Landes. Wir übernehmen uns und reißen die Macht an uns, wo wir nur können, und geben als Gegenleistung wenig bis nichts zurück. Das war nicht immer so. Obwohl die Kompanie auch in der Vergangenheit mit dem Schwert regiert hat – selbst der rangniedrigste Beamte war im Umgang mit der Waffe ebenso schnell wie mit seiner Feder –, herrschte gegenseitiger Respekt für die Stärke und die Klugheit der beiden Rassen. Dieser Respekt ist kaum mehr vorhanden. Wir achten die Menschen nicht mehr, auf die die Kompanie als Unternehmen angewiesen ist, und das ist gefährlich.«
    Jedes Wort setzte sich bei ihr fest und klang erschreckend realistisch. Allerdings stand das alles in starkem Gegensatz zu dem, was sie aus den Briefen ihres Vaters erfahren hatte, sodass sie es nicht glauben wollte. Roxane biss sich auf die Lippe und starrte auf seine Finger, die ihre Hand umfassten. Sie waren sonnengebräunt, lang, stark und sauber. Und sie hielten sie so, wie seine Arme sie gehalten hatten, jedoch zärtlich und ohne jeden Druck, in einer Geste, die viel männlicher war, als wenn er sie gepackt und fest gedrückt hätte.
    »Roxane? Hörst du mir zu?«
    Sie sah rasch auf. »Ja.«
    »Verstehst du, was ich dir zu erklären versuche?«
    Sie zog ihre Hand zurück und presste sie auf ihren Rücken in die Falten ihres Rocks. »Natürlich«, erwiderte sie. »So schwer ist das nicht zu verstehen. Die Zeiten haben sich geändert. Und Ihrer Meinung nach zum Schlechteren.«
    »Du begreifst es nicht«, meinte er resigniert.
    »Wie wird das alles Ihrer Meinung nach enden?«, fragte sie. »In einem Heiligen Krieg?« Sie meinte das ernst, denn sie dachte an den Fakir, den sie in der Stadt gesehen hatte, und daran, wie Collier ihr die Worte des Mannes übersetzt hatte. Aber unbeabsichtigt klangen ihre Worte ein wenig spöttisch, und sie sah, wie er verärgert die Stirn runzelte.
    »Ein Heiliger Krieg? Nein«, erwiderte er. »Für Moslems und Hindus gibt es keine gemeinsame Sache, die sie verbinden würde. Zumindest noch nicht. Mich beunruhigen die Sepoy-Truppen. Unter ihnen herrscht Unzufriedenheit, und es hat bereits einige Vorfälle gegeben. Eine ausgewachsene Meuterei wäre entsetzlich. Es gibt nur 45000 europäische Soldaten gegenüber mehr als 200000 einheimischen.«
    »Der Colonel scheint nicht an der Loyalität seiner Männer zu

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